Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Reden und Auftritten und anderen Terminen. »Sie sind ausgebucht«, sagte sie mit der ganzen Autorität ihres Amtes.
    »Was ist mit Lunch?«
    »Nichts zu machen. Sie reden vor der Versammlung der Nationalen Schützenvereinigung.«
    »Weshalb rufen Sie nicht mich an?« erbot sich Larramore. »Gute Idee«, sagte der Gouverneur, der bereits aufgestanden war und seine Manschetten zuknöpfte.
    Goodman erhob sich ebenfalls und gab allen dreien die Hand.
    »Ich rufe an, wenn sich etwas tut. Aber wir beantragen auf jeden Fall eine Anhörung, und zwar so bald wie möglich.«
    »Der Antrag ist abgelehnt, solange Sam nicht redet«, sagte der Gouverneur.
    »Bitte stellen Sie den Antrag schriftlich, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Larramore.
    »Natürlich.«
    Sie begleiteten Goodman zur Tür, und nachdem er das Büro verlassen hatte, ließ sich McAllister auf seinem offiziellen Sessel hinter seinem Schreibtisch nieder. Er knöpfte seine Manschetten wieder auf. Larramore entschuldigte sich und kehrte in sein kleines Büro zurück.
    Mrs. Stark studierte einen Computerausdruck, während der Gouverneur das Blinken der Knöpfe an seinem Telefon beobachtete. »Wie viele dieser Anrufe betreffen Sam Cayhall?«
    fragte er. Sie fuhr mit dem Finger eine Spalte entlang. »Gestern hatten Sie einundzwanzig Anrufe wegen der Cayhall-Hinrichtung. Vierzehn waren für die Vergasung. Fünf wollten, daß er verschont wird. Zwei konnten sich nicht entscheiden.«
    »Das ist eine Zunahme.«
    »Ja, aber in der Zeitung stand ein Artikel über Sams letzte Versuche. Darin wurde die Möglichkeit einer Anhörung über ein Gnadengesuch erwähnt.«
    »Was ist mit den Meinungsumfragen?«
    »Keine Veränderung. Neunzig Prozent der weißen Einwohner dieses Staates sind für die Todesstrafe und ungefähr die Hälfte der Schwarzen. Insgesamt sind es ungefähr vierundachtzig Prozent.«
    »Wo steht das Stimmungsbarometer für mich?«
    »Bei zweiundsechzig. Aber wenn Sie Sam Cayhall begnadigen, wird es auf eine einstellige Zahl absacken.«
    »Also sind Sie gegen die Idee?«
    »Sie haben nicht das mindeste zu gewinnen und sehr viel zu verlieren. Vergessen Sie die Meinungsumfragen und die Zahlen. Wenn Sie einen von diesen Verbrechern begnadigen, dann haben Sie die anderen fünfzig auf dem Hals. Sie werden ihre Anwälte und Großmütter und Prediger herschicken, und die werden Sie anflehen, ihnen denselben Gefallen zu tun. Sie haben ohnehin genug um die Ohren. Es wäre töricht.«
    »Ja, Sie haben recht. Wo ist der Medienplan?«
    »Ich bekomme ihn in einer Stunde.«
    »Ich muß ihn sehen.«
    »Nagel legt gerade letzte Hand an. Ich finde, Sie sollten die Anhörung trotzdem durchführen. Aber erst am Montag. Verkünden Sie es morgen. Lassen Sie es übers Wochenende sieden.«
    »Sie sollte öffentlich sein.«
    »Natürlich! Wir wollen, daß Ruth Kramer für die Kameras weint.«
    »Es ist meine Anhörung. Sam und seine Anwälte werden nicht die Bedingungen diktieren. Wenn sie sie wollen, dann geschieht es auf meine Weise.«
    »Richtig. Aber vergessen Sie nicht - Sie wollen sie auch. Tonnenweise Berichterstattung.«
    Goodman unterschrieb den Mietvertrag für vier Mobiltelefone auf drei Monate. Er benutzte eine Kreditkarte von Kravitz &
    Bane und wich geschickt dem Fragen-Trommelfeuer des geschwätzigen jungen Vertreters aus. Er ging in eine öffentliche Bibliothek in der State Street, wo er zielbewußt einem Tisch voller Telefonbücher zustrebte. Nach ihrer Dicke urteilend, wählte er die der größeren Städte in Mississippi aus, Orte wie Laures, Hattiesburg, Tupelo, Vicksburg, Biloxi und Meridian.
    Dann griff er nach den dünneren - Tunica, Calhoun City, Bude, Long-Beach, West Point. Am Informationsschalter wechselte er Geldscheine in Vierteldollar-Münzen ein und verbrachte zwei Stunden mit dem Kopieren von Seiten aus den Telefonbüchern. Er ging vergnügt seiner Arbeit nach. Niemand wäre auf die Idee gekommen, daß der adrette kleine Mann mit dem buschigen grauen Haar und der Fliege in Wirklichkeit Partner in einer großen Anwaltskanzlei in Chicago war mit Sekretärinnen und Anwaltsgehilfen, die ihm jederzeit zur Verfügung standen.
    Niemand hätte geglaubt, daß er über vierhunderttausend Dollar im Jahr verdiente. Und das war ihm auch völlig egal. E. Garner Goodman war glücklich mit seiner Arbeit. Er tat sein Bestes, um eine weitere Seele vor dem legalen Getötetwerden zu retten. Er verließ die Bibliothek und fuhr ein paar Blocks zur Mississippi College School

Weitere Kostenlose Bücher