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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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StandardAccessoires eines Anwalts. Er sah aus, als wäre er gerade vorbeigekommen und hätte beschlossen, einmal beim Gouverneur hereinzuschauen.
    »Mr. Larramore und Mrs. Stark kennen Sie bereits«, sagte McAllister mit einer Handbewegung zu beiden.
    »Ja. Danke, daß Sie mich so kurzfristig empfangen konnten.«
    Goodman versuchte, ein ebenso strahlendes Lächeln zustande zu bringen, aber es war hoffnungslos. Im Augenblick war er überaus demütig und wußte zu würdigen, daß er sich überhaupt in diesem grandiosen Büro befand.
    »Setzen wir uns dort drüben hin«, sagte der Gouverneur, deutete auf den Konferenztisch und machte sich als erster auf den Weg. Die vier ließen sich an entgegengesetzten Seiten des Tisches nieder. Larramore und Mona zückten ihre Stifte, bereit, sich eingehende Notizen zu machen. Goodman hatte nichts vor sich als seine Hände.
    »Soweit ich informiert bin, sind in den letzten Tagen etliche Berufungsklagen eingebracht worden«, sagte McAllister. »Ja, Sir. Es ist reine Neugierde - aber haben Sie so etwas schon einmal durchgemacht?«
    »Nein. Gott sei Dank nicht.«
    »Nun, das ist nichts Ungewöhnliches. Wir werden bis zum letzten Augenblick Eingaben machen.«
    »Darf ich Sie etwas fragen, Mr. Goodman?« sagte der Gouverneur ernst.
    »Natürlich.«
    »Ich weiß, daß Sie schon in vielen derartigen Fällen tätig gewesen sind. Wie lautet Ihre Vorhersage zu diesem Zeitpunkt? Wie kritisch wird es werden?«
    »Das kann man nie wissen. Sam unterscheidet sich ein wenig von den anderen Insassen des Todestraktes, weil er gute Anwälte gehabt hat - einen guten Prozeßanwalt und dann hervorragende Berufungsarbeit.«
    »Von Ihnen, soweit mir bekannt ist.« Goodman lächelte, dann lächelte McAllister, dann produzierte Mona ein Lächeln. Larramores Gesicht hing nach wie vor über seinem Notizblock, aber es verzog sich unter heftiger Konzentration.
    »So ist es. Also sind Sams stichhaltige Argumente bereits abgewiesen worden. Was Sie jetzt sehen, sind die Verzweiflungsschritte, aber sie tun oft ihre Wirkung. Ich würde sagen, fünfzig zu fünfzig, bei noch sieben Tagen.«
    Mona hielt das rasch auf dem Papier fest, als wäre es von größter juristischer Bedeutung. Larramore hatte bisher jedes Wort mitgeschrieben.
    McAllister dachte ein paar Sekunden darüber nach. »Ich sehe da nicht ganz klar, Mr. Goodman. Ihr Mandant weiß nicht, daß wir hier beisammen sitzen. Er will nichts von einer Anhörung wegen eines Gnadengesuchs wissen. Sie wollen, daß diese Zusammenkunft geheim bleibt. Also weshalb sind wir hier?«
    »Die Dinge ändern sich, Gouverneur. Ich bin schon viele Male hier gewesen. Ich habe miterlebt, wie Männer ihre letzten Tage zählten. Das bewirkt seltsame Dinge in ihrem Denken. Die Leute ändern sich. Und als Anwalt darf ich nichts außer acht lassen.«
    »Sie wünschen eine Anhörung?«
    »Ja, Sir. Eine nichtöffentliche Anhörung.«
    »Wann?«
    »Wie wäre es mit Freitag?«
    »In zwei Tagen«, sagte McAllister und schaute dabei zum Fenster hinaus. Larramore räusperte sich und sagte: »Mit welchen Zeugen rechnen Sie?«
    »Gute Frage. Wenn ich Namen hätte, würde ich sie Ihnen jetzt gleich nennen, aber ich habe sie nicht. Unsere Stellungnahme wird kurz sein.«
    »Wer wird für den Staat aussagen?« frage McAllister Larramore, dessen feuchte Zähne glänzten, während er nachdachte. Goodman schaute weg.
    »Ich bin sicher, daß die Familie der Opfer etwas sagen will. Gewöhnlich wird das Verbrechen erörtert. Vielleicht sollte auch jemand vom Gefängnis erscheinen und darlegen, was für ein Gefangener er gewesen ist. Diese Anhörungen werden recht flexibel gehandhabt.«
    »Über das Verbrechen weiß ich mehr als sonst jemand«, sagte McAllister fast zu sich selbst.
    »Es ist eine merkwürdige Situation«, gestand Goodman »Ich habe schon einer ganzen Reihe von derartigen Anhörungen beigewohnt, und gewöhnlich ist der Ankläger der erste Zeuge, der gegen den Angeklagten aussagt. In diesem Fall waren Sie der Ankläger.«
    »Weshalb wollen Sie eine nichtöffentliche Anhörung?«
    »Der Gouverneur ist seit langem ein Befürworter öffentlicher Anhörungen«, setzte Mona hinzu.
    »Weil es für jedermann das beste wäre«, sagte Goodman, ganz der gelehrte Professor. »Es bedeutet weniger Druck auf Sie, Gouverneur, weil sie nicht bekannt gemacht wird und Sie nicht massenhaft unerwünschte Ratschläge erhalten. Uns liegt natürlich sehr viel an einer nichtöffentlichen Anhörung.«
    »Weshalb?«

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