Die Kammer
sein.«
»Ich habe über die Bundy-Hinrichtung in Florida berichtet. Ein ziemlicher Zirkus. Sein Anwalt ist tagelang nicht zum Schlafen gekommen.«
»Es ist schwer, sich zu entspannen.«
»Werden Sie es wieder tun? Ich weiß, daß dies eigentlich nicht Ihr Gebiet ist, aber denken Sie daran, den Fall eines weiteren zum Tode Verurteilten zu übernehmen?«
»Nur, wenn ich einen weiteren Verwandten im Todestrakt finde. Weshalb berichten Sie über solche Dinge?«
»Ich schreibe schon seit Jahren über die Todesstrafe. Es ist faszinierend. Ich würde gern Mr. Cayhall interviewen.«
Adam schüttelte den Kopf und leerte sein Glas. »Nein. Keine Chance. Er redet mit niemandem.«
»Würden Sie ihn für mich fragen?«
»Nein.«
Der Kaffee kam. Kleckner rührte ihn mit einem Löffel um. Adam beobachtete die Leute im Foyer. »Ich habe gestern Benjamin Keyes in Washington interviewt«, sagte Kleckner. »Er sagte, er wäre nicht überrascht, daß Sie jetzt behaupten, er hätte beim Prozeß Fehler gemacht. Er sagte, damit hätte er gerechnet.«
In diesem Augenblick waren Adam Benjamin Keyes und seine Ansichten völlig gleichgültig. »Das ist Routine. Und jetzt muß ich weiter. War nett, Sie kennenzulernen.«
»Aber ich wollte mit Ihnen reden über...«
»Sie haben Glück gehabt, daß Sie mich erwischt haben«, sagte Adam und stand abrupt auf.
»Nur ein paar Dinge«, sagte Kleckner, als Adam davonging. Adam verließ das Peabody und wanderte zur Front Street in der Nähe des Flusses. Er sah Dutzende von gutgekleideten jungen Leuten, die ihm alle sehr ähnlich waren und es alle eilig hatten, nach Hause zu kommen. Er beneidete sie; welchen Beruf sie auch ausüben, unter welchem Druck sie im Augenblick auch stehen mochten, sie trugen an keiner Last, die so schwer war wie seine.
Er aß in einem kleinen Restaurant ein Sandwich, und um sieben war er wieder in seinem Büro.
Das Kaninchen war in der Nähe von Parchman von zwei Wärtern gefangen worden, die es dem Anlaß entsprechend Sam nannten. Es war ein braunes Waldkaninchen, das größte der vier, die in die Falle gegangen waren. Die anderen drei waren bereits in den Kochtopf gewandert.
Am späten Donnerstagabend kamen Sam, das Kaninchen, und seine Fänger zusammen mit Colonel Nugent und dem Hinrichtungsteam in Gefängnistransportern und Pickups in den Hochsicherheitstrakt. Sie fuhren langsam an der Vorderfront vorbei und um das Freigelände am Westende herum. Dann hielten sie vor einem quadratischen, an die Südwestecke des HST angebauten Ziegelsteingebäude an.
Zwei fensterlose weiße Metalltüren führ ten ins Innere des quadratischen Gebäudes. Durch die eine gelangte man in einen zwei Meter vierzig mal vier Meter fünfzig großen Raum, in dem bei der Hinrichtung die Zeugen saßen. Vor ihnen befand sich eine Reihe von schwarzen Vorhängen, die, wenn sie geöffnet worden waren, den Blick in die nur wenige Zentimeter entfernte Gaskammer freigaben.
Die andere Tür führte in den Kammerraum. Er war vier Meter fünfzig mal drei Meter sechzig groß und hatte einen gestrichenen Betonfußboden. Die achteckige Gaskammer stand genau in der Mitte dieses Raums, funkelnd von einem frischen Anstrich mit silbernem Emaillelack und auch danach riechend. Nugent hatte sie eine Woche zuvor inspiziert und den frischen Anstrich angeordnet. Der Todesraum, wie er auch genannt wurde, war fleckenlos sauber und desinfiziert. Die schwarzen Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen.
Sam, das Kaninchen, blieb auf der Ladefläche eines Pickup, während ein kleiner Wärter, der ungefähr Sam Cayhalls Größe und Gewicht hatte, von zwei seiner größeren Kollegen in den Kammerraum geführt wurde. Nugent stolperte umher wie General Patton - inspizierte und nickte und runzelte die Stirn. Der kleine Wärter wurde als erster sanft in die Kammer geschoben, dann folgten die beiden Wärter, die ihn umdrehten und auf den hölzernen Stuhl setzten. Wortlos und ohne ein Lächeln oder einen Scherz fesselten sie als erstes seine Handgelenke mit Lederriemen an die Lehnen des Stuhls. Dann seine Knie, dann die Knöchel. Dann hob einer seinen Kopf ein paar Zentimeter an und hielt ihn fest, während der andere ihm den ledernen Kopfriemen anlegte.
Die beiden Wärter zogen sich aus der Kammer zurück, und Nugent deutete auf ein weiteres Mitglied des Teams, das vortrat, als wollte es etwas zu dem Verurteilten sagen.
»Zu diesem Zeitpunkt wird Lucas Mann Mr. Cayhall das Todesurteil vorlesen«, erklärte Nugent wie
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