Die Kampagne
gegenüber.
Wolfgang lief rot an. Er streckte den Arm aus, um Shaw zu packen, doch Shaw wich zurück.
»Nein, Wolfgang, nein!«, schrie seine Frau.
»Dieses Monster! Dieses Ungeheuer!« Wolfgang war dermaßen außer sich, dass er spie und selbst an diesen wenigen Worten zu ersticken drohte. Gleichzeitig feuerten seine Augen gefährliche Salven auf Shaw ab, der weiter zurückblieb und nicht wusste, was er tun sollte.
»Jetzt machen Sie aber mal halblang«, sagte Frank. »Glauben Sie vielleicht, Shaw leidet nicht auch darunter?«
»Was tut ihr hier?«, wollte Natascha wissen, packte ihren Mann am Arm und versuchte, ihn zurückzuhalten.
»Sprich nicht mit diesem Dreck!«, schrie Wolfgang. »Er hat unsere Tochter umgebracht. Er hat Anna getötet.«
Shaw trat einen Schritt vor. Seine Augen blitzten. »Wovon redest du da? Ich hatte nichts mit Annas Tod zu tun.«
»Shaw, überlass das mir«, sagte Frank.
Wolfgang richtete den Finger auf Shaws Gesicht. »Ohne dich würde Anna noch leben. Du hast sie umgebracht.«
Frank rief wütend: »Jetzt hören Sie mal! Das ist doch Scheiße!«
Shaw wollte an ihm vorbei, doch Wolfgang stürmte plötzlich vor und packte ihn an der Kehle, und mit seiner schieren Masse warf er sie beide mit Wucht gegen die Wand. Natascha schrie und versuchte, ihren Mann von Shaw herunterzureißen. »Nein! Wolfgang, nein!«
Auch Frank versuchte, Wolfgang von Shaw wegzuziehen, doch der Mann war einfach zu schwer.
Wolfgangs dicke Schulter prallte gegen Shaws verletzten Arm, und Shaw stöhnte vor Schmerz. Dann gelang es ihm, den riesigen Mann von sich wegzuschieben, indem er ihm das Knie in den Magen drückte. Als Wolfgang sich erneut auf Shaw stürzte, wich der dem weit langsameren Angreifer mit einem Schritt zur Seite aus. Wolfgangs Gesicht war beängstigend rot, und er atmete so schwer, dass Shaw schon glaubte, der Mann hätte einen Herzinfarkt. Wolfgang prallte gegen die Wand. Bevor er sich wieder umdrehen und erneut angreifen konnte, drückte Shaw mit der Hand auf einen Nerv im dicken Hals des Mannes. Wolfgang sank auf die Knie und schrie vor Schmerz.
Im nächsten Augenblick traf Nataschas schwere Handtasche Shaw mitten ins Gesicht und hinterließ eine Wunde auf seiner Wange. Shaw spürte, wie ihm das Blut übers Gesicht lief. Frank riss der Frau die Handtasche aus der Hand und schleuderte sie durchs Zimmer. Natascha kniete sich neben ihren Mann und schlang schützend die Arme um ihn.
Schwer atmend und mit blutigem Gesicht starrte Shaw auf die beiden hinunter. »Was ist mit ihm?«
»Geh! Hau ab!«, schrie Natascha ihn an. »Lass uns allein. Du hast schon genug angerichtet. Genug!«
»Ich hatte nichts mit ...« Shaw hielt inne. Es ist sinnlos.
Frank zog ihn zur Tür. »Lass uns von hier verschwinden, ehe noch jemand ernsthaft verletzt wird.«
Shaw wischte sich das Blut aus dem Gesicht, drehte sich um und ging.
Auf dem Weg die Treppe hinunter sagte Frank: »Niemand hat ihnen gesagt, du wärst ein Ungeheuer, Shaw. Wir haben nur ...«
Shaw blieb unvermittelt stehen, setzte sich auf die Stufen und schluchzte so laut, dass es von den Wänden widerhallte. Das restliche Blut in seinem Gesicht wurde von Tränen weggewischt, die nun in Strömen flossen. Zehn Minuten lang weinte er hemmungslos und warf sich von einer Seite zur anderen.
Frank stand einfach nur da und schaute auf ihn hinunter, die Hände zu Fäusten geballt. Auch ihm standen die Tränen in den Augen.
Und dann hörte Shaw so plötzlich zu weinen auf, wie er begonnen hatte. Er stand auf und rieb sich das Gesicht trocken.
»Shaw?«, fragte Frank und schaute ihn besorgt an. »Alles in Ordnung?«
»Alles wunderbar«, antwortete Shaw in mechanischem Tonfall und stieg die Treppe hinunter. Frank starrte ihm offenen Mundes hinterher.
Als Shaw die Straße erreichte, begann er zu joggen. Für ihn war die Trauer zu Ende. Er würde ohnehin nie über Annas Tod hinwegkommen. Also musste er sich jetzt wieder auf das konzentrieren, was wirklich zählte: Rache. Das würde er nicht wieder aus den Augen verlieren. Und er würde nicht eher ruhen, bis er sie bekommen hatte.
Und er wusste genau, wo er anfangen musste.
Katie James.
Diesmal würde er kein Nein als Antwort akzeptieren.
Kapitel 62
I ch habe die Geschichte über Krakau und Ihren Vater überprüft«, sagte Katie. Sie und Aron Lesnik saßen in dem winzigen Zimmer des Polen in der Pension an der Themse. Es war eine triste, heruntergekommene Gegend und nicht zu vergleichen mit dem
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