Die Kampagne
schicken Viertel, in dem das Gebäude der Phoenix Group stand. Katie hatte Lesnik Kaffee und Essen mitgebracht, das er nun verschlang, während sie sich unterhielten.
»Sie haben das überprüft?«, sagte er zwischen zwei Bissen von seinem Schinkensandwich.
»Selbstverständlich. Journalisten gehen immer davon aus, dass man sie belügt.«
»Ich habe nicht gelogen!«, rief Lesnik und trank einen Schluck Kaffee.
Katie schaute auf ihre Notizen. »Ihr Vater war Elisaz Lesnik, Herausgeber einer Tageszeitung in Krakau. 1989 wurde er getötet.«
»Die Sowjets haben ihn ermordet. Polen hat damals für seine Freiheit gekämpft. Wir hatten Lech Walesa, den Befreier, auf unserer Seite. Mein Vater hat die Wahrheit geschrieben, und den Sowjets hat das nicht gefallen. Eines Nachts, als ich klein war, sind sie gekommen und haben ihn getötet.«
»Das wurde nie bewiesen«, sagte Katie.
»Ich brauche keinen Beweis! Ich weiß es!« Lesnik schlug mit der Faust gegen die Wand.
»Dann sind Sie also nicht besonders gut auf die Russen zu sprechen?«
Lesnik starrte sie offenen Mundes an. »Sie glauben mir nicht? Sie denken, ich hätte das erfunden, weil ich die Russen hasse? Ich habe die Toten gesehen. Ich habe überall Blut gesehen. Stellen Sie mir Fragen! Ich werde Ihnen die Wahrheit sagen!« Er schaute Katie trotzig an und riss wütend einen Bissen aus dem Sandwich.
»Warum haben Sie Angst, zur Polizei zu gehen?«
»Wenn ich zur Polizei gehe, wird man dort glauben, ich hätte etwas mit der Sache zu tun. Für sie sind Polen und Russen dasselbe. Und dann spricht es sich herum, und schon sind die Mörder hinter mir her. Ich habe gesehen, was sie meinem Vater angetan haben. Ich will so nicht sterben.«
»Sie sagten, Sie verstehen etwas von Computern. Dürfte ich Ihnen dazu ein paar Fragen stellen?«
»Nur zu.«
Katie stellte ein paar hochtechnische Fragen, die sie selbst nicht verstand, doch ein technisch beschlagener Freund hatte sie ihr zusammen mit den Antworten gegeben. Lesnik beantwortete jede Frage korrekt.
»Soll ich Ihnen auch noch einen Computer reparieren, um Sie zu überzeugen?«, fragte Lesnik gereizt.
»Nachfragen kann ja nicht schaden«, erwiderte Katie. »Was ist mit diesem Harris? Erzählen Sie mir von ihm.« Sie hatte eine Beschreibung von Harris bekommen und wollte wissen, ob sie sich mit der von Lesnik deckte.
»Er war ein netter Mann. Schon älter. Weißes Haar. Roch nach Zigarre. Wir haben über den Job gesprochen. Ich glaube, er hat mich gemocht. Er hat gesagt, Phoenix sei ein guter Arbeitgeber. Ich habe ein Glas Wasser getrunken und bin dann zur Toilette den Gang hinunter. Als ich zurückkam, habe ich die Schüsse unten gehört und mich versteckt. Aber das habe ich Ihnen ja schon erzählt.«
Katie schrieb alles auf. »Okay, und jetzt erzählen Sie mir von ...«
Sie beendete den Satz nicht, denn die Tür wurde aufgetreten, und er stand dort.
»Shaw! Woher hast du gewusst ...« Katie funkelte ihn an. »Du bist mir gefolgt!«
Shaw machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Er hatte nur Augen für Lesnik, der sich in eine Ecke drückte. Das halb gegessene Sandwich war ebenso vergessen wie der Kaffee, den er auf den Boden verschüttet hatte.
Shaw stapfte auf den kleinen Mann zu. Lesnik schrie: »Er darf mir nicht wehtun! Bitte, halten Sie ihn auf! Bitte!«
»Shaw, du machst ihm Angst.«
Shaw packte Lesnik mit der gesunden Hand am Kragen. »Die sollte er auch haben.«
»Sie haben gesagt, niemand sonst weiß etwas!«, kreischte Lesnik und schaute mitleiderregend zu Katie.
»Shaw, lass ihn los.«
»Hör zu, Kerlchen, du wirst mir jetzt alles sagen, was du an dem Tag gesehen und gehört hast. Und du solltest nicht die kleinste Kleinigkeit auslassen! Ich habe ja gerade eben gehört, dass du zum Pott gegangen bist und dich versteckt hast. Mach da weiter. Los!«
Lesnik sah aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen.
»Shaw!«
Katie packte Shaw an seiner gesunden Schulter und versuchte, ihn zurückzuziehen. Sie hätte genauso gut versuchen können, einen Elefanten wegzuschieben.
»Komm mir nicht in den Weg, Katie«, knurrte Shaw und funkelte sie drohend an.
Lesnik nutzte diese kurze Ablenkung. Er nahm all seinen Mut zusammen und schlug Shaw mit der Faust auf den verbundenen Arm.
»Verdammt!« Shaw kippte vor Schmerz vornüber.
Der Pole sprang an ihm vorbei, stieß Katie zu Boden und rannte zur Tür hinaus. Shaw erholte sich rasch wieder, hielt sich den Arm und rannte dem Mann
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