Die Kampagne
potenzielles Problem. Aber Shaws Tage waren vermutlich gezählt. Was machte da schon einer mehr oder weniger?
Creel schaute auf das ruhige Mittelmeer hinaus, wo eine heiße Sonne sich träge den Weg zum Horizont brannte. Obwohl er die besten Waffen der Welt verkaufte, war er im tiefsten Innern ein friedfertiger Mann. Er hatte noch nie jemanden im Zorn geschlagen. Ja, er hatte den Tod von Menschen befohlen, doch nie aus Boshaftigkeit.
Doch von der ersten Keule, die im Zorn erhoben worden war, bis hin zur A-Bombe, die binnen Sekunden Hunderttausende töten konnte, waren gewaltsame Konflikte ein essentieller Bestandteil des menschlichen Wesens gewesen. Creel wusste das, so wie er auch wusste, dass der Krieg viele positive Seiten hatte. Vor allem veranlasste er die Menschen dazu, näher zusammenzurücken.
Natürlich empfand Creel Schuld für das, was er getan hatte. Tatsächlich hatte er bereits zehn Millionen Dollar als Unterstützung für die Familien der Opfer des Londonmassakers gespendet. Das war seiner Meinung nach das Mindeste, was er tun konnte. Und während jenseits des Atlantiks, in England, die Menschen dem Ganzen einen Sinn zu entnehmen versuchten, war er in seinem Millionen-Dollar-Jet auf die Knie gesunken und hatte Gott gebeten, ihm zu verzeihen. Und als er sich wieder von dem dicken Teppich erhoben hatte, in sein luxuriöses Bett gegangen war und seine 10 000-Dollar-Designerlampe eingeschaltet hatte, war er sich bereits ziemlich sicher, dass Gott seiner Bitte entsprochen hatte.
Während Pender eifrig damit beschäftigt war, irgendetwas zu fabrizieren und es jedermann als Wahrheit zu verkaufen, kannte Creel die »echte« Wahrheit ganz genau.
Die Welt ist ein viel sicherer Ort, wenn die Mächtigen ihre Macht auch wirklich gebrauchen.
So könnten zum Beispiel die Vereinigten Staaten sämtliche Probleme im Nahen Osten binnen weniger Tage lösen. Natürlich würden auch Unschuldige dabei sterben. Aber war es wirklich ein Unterschied, ob Millionen Menschen binnen zehn Minuten oder in zehn Jahren starben? Sterben würden sie so oder so, und auf diese Art wäre ihnen wenigstens ein Jahrzehnt des Elends erspart geblieben. Und Creel würde mit Freuden die Waffen zur Verfügung stellen, um die Barbaren auszurotten. Sie oder wir - um etwas anderes ging es nicht. Und nur die Starken überlebten.
»Und die Schwachen gehen unter«, sagte Creel zur untergehenden Sonne, die das Meer und die italienische Küste burgunderrot färbte. Die Schwachen starben immer. Das war der natürliche Lauf der Dinge.
Wenn Creels Plan Erfolg hatte, hätten die großen Jungs wieder die Kontrolle. Mutual assured destruction, kurz MAD, die wechselseitig zugesicherte Zerstörung, war ein Begriff aus dem Kalten Krieg und Ursache großer Ängste gewesen, alle unbegründet. MAD war tatsächlich die stärkste stabilisierende Kraft in der Geschichte der Menschheit, auch wenn viele Leute, die nicht wussten, wie die Welt in Wahrheit funktionierte, solch eine Definition entschieden abgelehnt hätten. MAD bedeutete Sicherheit, Vorhersehbarkeit und vielleicht auch die Auslöschung bestimmter Elemente der Menschheit zum Wohle aller.
Creel ging zur Reling und schaute zu seiner schlafenden Frau hinunter. Sie war eine Idiotin ... wie die meisten Menschen. Die Leute sahen nur sich selbst, waren allem anderen gegenüber blind. Keine Vision. Schlichte Gemüter, simpel, schwach und faul. Creel sah sich noch einmal das Bild von Shaw an. Dieser Mann sah weder simpel noch schwach oder faul aus.
Es war eine Schande, dass er sterben musste. Doch Creel würde ihn töten, wenn es notwendig war.
Er griff nach dem Schiffstelefon. Der Kapitän der Shiloh, ein Mann mit dreißig Jahren Hochseeerfahrung unter verschiedenen reichen Schiffsbesitzern, meldete sich.
Creel sagte: »Lassen Sie alles vorbereiten, um morgen alle Kinder zu mir raus zu bringen. Nehmen Sie die Sechzig-Fuß-Barkasse. Und bringen Sie auch die Mutter Oberin mit. Ich will ihr einen Scheck überreichen.«
»Wie Sie wünschen, Mr. Creel. Werden Sie auch das U-Boot wieder brauchen? Beim letzten Mal hatten die Kinder großen Spaß daran.«
»Gute Idee. Lassen Sie es vorbereiten. Und machen Sie auch den Hubschrauber startklar, um Mrs. Creel zum Jet zu bringen. Sie wird morgen früh nach Südfrankreich fliegen. Ihre Zofe soll ihr angemessene Kleidung bereitlegen - je mehr Kleidung, desto besser.«
»Verstanden, Sir.«
Creel legte auf. Der brave Kapitän wäre vermutlich nicht so höflich zu ihm,
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