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Die Kampagne

Titel: Die Kampagne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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ihn an der Schulter. Es war sein verletzter Arm, deshalb war ihre Berührung sanft.
    »Ja, alles in Ordnung«, antwortete er wenig überzeugend.
    »Wenn wir alles aufgeklärt haben und die bösen Jungs weggesperrt sind, werde ich mal zu meinen Eltern fahren.«
    »Wo sind sie zu Hause?«
    »In Vermont ... Zumindest waren sie da, als ich zum letzten Mal nachgesehen habe. Sie ziehen gerne durch die Gegend. Ich glaube, von ihnen habe ich meine Wanderlust geerbt.«
    »Was machen sie beruflich?«
    »Mein Vater ist Englischprofessor und lehrt Kreatives Schreiben. Edith Wharton ist eine seiner Lieblingsschriftstellerinnen, deshalb ist Wharton mein zweiter Name. Eigentlich war ich nach Katherine Chopin benannt, doch die Leute haben mich schon immer Katie gerufen. Mein Dad ist in D. C. aufgewachsen und in Stanford ans College gegangen. Dort hat er meine Mom kennengelernt. Er hat seinen Doktor gemacht und eine Lehrstelle in Harvard angenommen. Mom hat dort ebenfalls gelehrt, bis die Kinder gekommen sind.«
    »Wie viele Kinder?«
    »Vier, mich eingeschlossen. Ich bin die Jüngste. Ich bin auf dem Harvard Square geboren - im wörtlichen Sinne. Nach drei Kindern glaubte meine Mutter anscheinend, bis zur letzten Sekunde warten zu können, ehe sie ins Krankenhaus geht. Sie und Dad liefen gerade zum Wagen, als die Fruchtblase geplatzt ist. Ich bin in einem leer stehenden Seminarraum zur Welt gekommen. Was ist mit dir?«
    »Wie - was ist mit mir?«
    »Ich habe dir gerade ein paar Details meiner sensationellen Vergangenheit enthüllt. Jetzt bist du dran.«
    »Nein, danke.«
    »Ach, komm schon, Shaw. Es ist ja nicht so, als würde ich sofort losrennen und eine Story darüber schreiben. Erzähl mir was über deine Familie.«
    »Okay. Ich habe keine Erinnerung an meine Mutter, außer dass sie mich loswerden wollte, als ich ungefähr zwei war ... zumindest hat man mir das später erzählt. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt. Ich war in einem Waisenhaus untergebracht, bis man mich mit sechs Jahren rausgeschmissen hat. Die nächsten zwölf Jahre habe ich mit Leuten verbracht, an die ich mich lieber nicht erinnern will. Ich habe keine Brüder oder Schwestern, jedenfalls keine, von denen ich wüsste. So, jetzt weißt du alles über mich.«
    Er wandte sich von ihr ab.
    Katie saß da wie benommen. »Tut mir leid.«
    »Dafür gibt es keinen Grund.«
    »Das muss sehr hart für dich gewesen sein.«
    »Vermutlich war es das Beste, was mir je widerfahren ist«, sagte Shaw.
    »Wieso?«
    »Weil ich auf diese Weise von Anfang an gelernt habe, mich nur auf mich selbst zu verlassen.«
    Katie zog die Decke enger um die Schultern, als Shaw seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne richtete.
    »Was willst du tun, wenn das hier vorbei ist?«, fragte sie.
    »Das hängt davon ab, wie die Sache ausgeht.«
    »Du meinst, es hängt davon ab, ob wir lebend davonkommen.«
    »So weit habe ich gar nicht vorausgedacht«, erwiderte Shaw.
    Katie schaute zum vorderen Teil des Flugzeugs, wo Royce und Frank an einem kleinen Tisch über ein paar Dokumenten saßen.
    »Aber du willst doch nicht bei Frank bleiben, oder? Du musst da raus, ehe es zu spät ist.«
    »Für mich ist es bereits zu spät, Katie.«
    »Aber ...«
    Er wandte sich von ihr ab, klappte die Lehne zurück, schloss die Augen und schlief ein.
    Katie schaute ihn noch eine Weile an, ehe sie aus dem Fenster blickte. Der Himmel war schwarz, und das Meer - zwölftausend Meter unter ihnen - war nicht zu sehen.
    Katie war im Laufe der Jahre viele Male geflogen, und aus irgendeinem Grund war ihr bei jedem Flug kalt gewesen. Doch noch nie hatte sie eine solche Eiseskälte in den Adern gespürt wie jetzt.

Kapitel 83
    F rank, Royce, Shaw und Katie saßen in einem Raum und schauten sich den Videostream auf dem großen Bildschirm an. Nun verstand Katie, wovon Shaw geredet hatte.
    »Den ganzen Highway entlang sind Kameras auf Masten montiert«, hatte Shaw erklärt. »Sie dienen der Stauvermeidung, der Unfalldokumentation und Beobachtungen im Stil von Big Brother. Sie sind sehr nützlich für unser Vorhaben.«
    Auf einem anderen Bildschirm lief das Video, das Shaw von Katie aufgenommen hatte, als sie vor der großen Uhr mit Pender telefoniert hatte.
    »Okay«, sagte Shaw, »startet das Highwayvideo zum exakt gleichen Zeitpunkt wie den Film, den ich von Katie und der Uhr aufgenommen habe.«
    Das Video lief an, und die Zeit tickte herunter. Um Mitternacht herrschte noch immer viel Verkehr auf der Dulles Toll Road; aber

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