Die Kampagne

steckt hinter der Sache. Pender ist Besitzer des Unternehmens Pender & Associates mit Sitz in Virginia. Er ist - oder besser war - Perzeptionsmanager, ein Mann, der Wahrheiten erfindet oder sie manipuliert. Pender ist tot, ermordet von dem, der ihn angeheuert hat, um aus Lügen Wahrheiten zu machen und dafür zu sorgen, dass die Welt diese faschen Wahrheiten glaubt. Konstantin war eine Lüge. Die Zehntausende von Menschen, die angeblich auf Betreiben der russischen Regierung ermordet wurden, waren eine Lüge. All diese Tragödien hat es nie gegeben.« Eine kurze Pause; dann fuhr Katie fort:
    »Dies alles geschah nur aus dem einzigen Grund, Russland und China an den Rand eines Krieges zu treiben. Warum? Die Antwort ist: damit die Welt wieder aufrüstet. Und wer hätte Interesse an einer solchen Aufrüstung? Wer würde davon profitieren? Gut ein Dutzend Regierungen, einschließlich Russland, China, die USA, Großbritannien, Frankreich und Japan, haben kürzlich Aufträge für mehrere Billionen Dollar an diverse Rüstungsfirmen vergeben - und dies alles allein wegen der Ereignisse, die durch die Rote Gefahr heraufbeschworen worden sind. Jemand versucht, einen neuen Kalten Krieg zu erschaffen, sodass die Menschheit wieder in ständiger Angst vor der völligen Vernichtung lebt. Aber das wird nicht geschehen, denn wir werden es nicht zulassen. Wer immer hinter dieser gigantischen Lüge steckt - hier ist eine kleine Botschaft für Sie.« Erneut legte sie eine kurze rhetorische Pause ein. »Die Wahrheit wird ans Licht kommen. Und glauben Sie mir: Wenn das geschieht, wird es Ihnen nicht gefallen.«
    Neben Katies Videobotschaft ließ man verschiedene Informationen an die wichtigsten Nachrichtenmedien durchsickern. Es ging um Penders Beteiligung an der Kampagne und den darauffolgenden Mord; die Informationen waren so gewählt, dass Katies Journalistenkollegen alles tun würden, um die Wahrheit herauszufinden. Eine Liste der Rüstungsfirmen, die am meisten von der gegenwärtigen Situation profitierten, erschien im Internet. Einzelheiten darüber, wie man Lesniks Lüge aufgedeckt hatte, sowie Details über seine Ermordung wurden in zwei Dutzend großen Blogs gepostet. Alles verbreitete sich schneller als ein kalifornischer Waldbrand.
    Die Welt reagierte rasch. Der Himmel war voller Rauch von brennenden »Vergesst nicht Konstantin«-T-Shirts. Scribe versuchte, Katies Story so zu verdrehen, dass man dem Ganzen noch etwas Positives abgewinnen konnte, doch es gelang nicht. Kevin Gallagher wurde gefeuert. Das FBI bot alle erdenklichen Mittel auf, um den Mord an Richard Pender zu untersuchen, während man in London fieberhaft daran arbeitete, das Massaker und Aron Lesniks Tod aufzuklären.
    Sämtliche Rüstungsfirmen gaben Erklärungen ab, nichts mit der antirussischen Kampagne zu tun zu haben. Doch genau wie zuvor im Falle der russischen Gräueltaten glaubte auch diesmal niemand die Dementis.
    Die Verteidigungsministerien aller beteiligten Staaten wurden von ihren Regierungen angewiesen, sämtliche Verträge über den Kauf neuer Waffen vorerst einzufrieren. Gleichzeitig stoppten China und Russland ihre Kriegsmaschinerie, und Präsident Gorschkow und sein chinesisches Gegenstück verabredeten sich an einem neutralen Ort, um die zukünftigen Beziehungen ihrer beiden Länder zu besprechen.
    Doch die Welt wollte mehr, viel mehr. Die Menschen wollten erfahren, wer sie so dreist belogen und beinahe die Vernichtung des Planeten heraufbeschworen hatte. Die Welt wollte wissen, wer wirklich hinter alledem steckte.

Kapitel 94
    N icolas Creel saß ganz allein im prachtvoll ausgestatteten Konferenzraum auf der Shiloh. Er hatte Berichte seines Managements erhalten, und sämtliche Nachrichten waren schlecht. Jeder Vertrag, den er abgeschlossen hatte, war auf unbestimmte Zeit suspendiert worden. Billionen Dollar hatten sich auf einen Schlag in Luft aufgelöst. Diese Journalistin, dieses verdammte Miststück, hatte versprochen, dass die Welt andernfalls in einem höllischen Sumpf festzusitzen käme, in dem die Schwachen und Irren über die Mächtigen und Zivilisierten herrschten. Und nun wurde dieses Weib auch noch als Retterin der Welt gefeiert!
    War er, Nicolas Creel, wirklich der Einzige, der die Wahrheit sah? Hätte seine Vision sich durchgesetzt, wäre die Welt ein weit sicherer Ort geworden als zuvor. Doch nun war alles ruiniert. Und Katie James hatte ihn seinen besten PM-Mann gekostet. Zwar konnte Pender ersetzt werden, doch Creel wusste, dass