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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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mit einem gewissen Ernst hätte spielen mögen. Selbstverständlich fehlte es ihm nicht an Liebschaften, aber sie beschäftigten ihn nur oberflächlich, und man konnte von ihm trotz seinem Alter sagen, daß er von der Liebe nichts wußte. Um so mehr wurde er geliebt. Aber nichts vermochte ihn aus seiner schönen Kaltblütigkeit zu bringen; ihm galt eine junge Schönheit immer genau so viel wie jede andere junge Schönheit, nur daß ihm die am lockendsten erschien, die er zuletzt kennen gelernt hatte. Eine der gefeiertesten Damen von Neapel hatte im letzten Jahre seines Aufenthaltes Torheiten für ihn begangen; das hatte ihn anfangs belustigt, schließlich aber dermaßen gelangweilt, daß er es wie ein Glück empfand, durch seine Abreise den Aufmerksamkeiten der reizenden Duchezza von Albarocca enthoben zu sein.
    Im Jahre 1821, nachdem er alle seine Prüfungen leidlich bestanden hatte, bekam sein Rektor einen Orden und ein Geschenk, und Fabrizzio machte sich auf, um zum ersten Mal jene Stadt Parma zu besuchen, an die er so viel gedacht hatte. Er war Monsignore und fuhr vierspännig. Von der letzten Poststation vor Parma an behielt er nur noch zwei Pferde, und in der Stadt ließ er vor der Kirche San Giovanni halten. Dort besuchte erdas prunkvolle Grabmal des Erzbischofs Ascanio del Dongo, seines Urgroßonkels, der die lateinische Familiengeschichte verfaßt hatte. Er betete am Grabe und ging dann zu Fuß nach dem Palast der Herzogin, die ihn erst in ein paar Tagen erwartet hatte. In ihrem Salon war zahlreicher Besuch; alsbald verabschiedete sich alles.
    »Nun, bist du mit mir zufrieden?« sagte er und sank in ihre Arme. »Dir verdanke ich es, daß ich vier recht glückliche Jahre in Neapel verlebt habe, statt mich in Novara mit meiner von der Polizei genehmigten Geliebten zu langweilen.«
    Die Herzogin kam aus ihrem Erstaunen nicht heraus; sie hätte ihn nicht wiedererkannt, wenn sie ihm auf der Straße begegnet wäre. Sie fand, er sei wirklich einer der hübschesten Männer von Italien; besonders sein Gesichtsausdruck war entzückend. Als sie ihn nach Neapel schickte, war er ein echter Draufgänger gewesen; die Reitpeitsche, die er immer bei sich zu haben pflegte, schien damals ein Teil seines Wesens. Jetzt trug er vor Fremden das vornehmste, gemessenste Benehmen zur Schau. Nur unter vier Augen fand sie sein ganzes jugendliches Feuer wieder. Er war wie ein Diamant, der beim Schleifen nichts verloren hatte.
    Fabrizzio war noch keine Stunde da, als sich Graf Mosca einstellte. Er kam ein wenig zu früh. Der junge Mann sprach in so gewählten Worten von dem Parmaer Orden, mit dem sein Rektor ausgezeichnet worden war, und drückte ihm auch für andere Wohltaten, die er nur in verblümter Weise anzudeuten wagte, mit so vollendetem Anstand seinen Dank aus, daß der Minister vom ersten Augenblick an die günstigste Meinung von ihm bekam.
    »Ihr Neffe«, sagte er leise zur Duchezza, »ist wie geschaffen für die hohen Würden, zu denen Sie ihn bald erheben wollen.«
    So weit ging alles vortrefflich; als aber der Minister, der mit Fabrizzio sehr zufrieden war und bisher einzig auf ihn achtgegeben hatte, die Duchezza ansah, fand er etwasUngewohntes in ihren Augen. ›Der junge Mann macht einen merkwürdigen Eindruck auf sie‹, sagte er sich. Diese Erkenntnis war bitter. Der Graf hatte die Fünfzig erreicht, – ein grausames Wort, dessen Bedeutung wohl nur ein grenzenlos verliebter Mann verstehen kann. Er war sehr rüstig, durchaus der Liebe wert, trotz seiner Ministerwürde. Aber jenes grausame Wort Fünfzig warf einen Schatten auf sein ganzes Dasein; es stimmte ihn beinahe feindselig gegen sich selbst. In den fünf Jahren, seitdem er die Duchezza bewogen hatte, nach Parma zu kommen, hatte sie des öfteren seine Eifersucht herausgefordert, besonders in den ersten Zeiten, aber niemals hatte sie ihm einen ernstlichen Anlaß dazu gegeben. Er war überzeugt, und das mit Recht, daß sie bisweilen den oder jenen schmucken jungen Mann am Hofe zum Schein ausgezeichnet hatte, einzig, um sich seines Herzens um so fester zu versichern. Unter anderem wußte er genau, daß sie die Huldigungen des Fürsten von sich gewiesen hatte, der bei dieser Gelegenheit sogar eine lehrreiche Äußerung getan hatte.
    »Wenn ich nun Eurer Hoheit Huldigungen annehmen wollte,« hatte ihm die Duchezza lachend erwidert, »wie sollte ich mich dann dem Grafen gegenüber benehmen?«
    »Das würde mich fast ebenso in Verlegenheit setzen wie Sie. Der liebe Graf,

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