Die Karte der Welt (German Edition)
Magier seit seiner Befreiung über die Lippen gekommen waren.
»Sprecht, Freund«, sagte Wex sanft.
»Er stammt aus Skye … vor vierzig Jahren ist er plötzlich verschwunden. Ich war damals noch jung. Ich habe mich kaum an ihn erinnert, bis er mich über den Schleier ausgefragt hat.«
»Vor vierzig Jahren?« Die bloße Vorstellung überwältigte Wex.
»Er ist gut gealtert«, kommentierte Pinch.
»Er ist überhaupt nicht gealtert«, widersprach Kraven. »Ich glaube, er war die ganze Zeit über im Schleier, bis Wex ihn befreit hat.«
»Wer war er?«, fragte Wex.
»Ein Bogenschütze. Befehlshaber über eine ganze Hundertschaft, glaube ich.«
»An was erinnert Ihr Euch noch?«, bohrte Wex weiter.
»Sehr wenig … nichts.«
»Hat er Angehörige in Skye? Vielleicht Kinder?«
Kraven versuchte sich zu konzentrieren, aber er war immer noch sehr schwach. Wex musste ihn stützen, damit er nicht nach hinten umfiel.
»Er hat eine Frau«, flüsterte der Magier schließlich, »aber sie ist ebenfalls verschwunden. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist.«
»Denkt nach!«, drängte Wex.
»Bitte. Ich war noch ein Kind. Ich weiß nicht einmal, weshalb er damals verschwunden ist.« Ein Zittern lief durch Kravens Körper, er ächzte und röchelte bei jedem Atemzug.
»Aber jetzt wissen wir wenigstens, wohin er damals abgehauen ist, nicht?«, merkte Pinch mit einem Nicken an und grinste.
Wex konnte förmlich sehen, wie der Dieb sich jedes Detail merkte, für den Fall, dass er es später einmal gebrauchen könnte.
»Fretter kommt«, flüsterte Pinch.
»Wir sollten ihm sagen, was wir gerade gehört haben.«
»Vielleicht«, erwiderte der Dieb.
»Wird er es überleben?«, fragte Fretter, kaum dass er bei ihnen war.
»Ich kann selbst für mich sprechen«, krächzte Kraven.
»Könnt Ihr laufen?«
»Nein«, antwortete Wex für ihn.
»Wir sind ausgeruht und marschieren jetzt weiter. Spärling hat aus ein paar Holzstangen und einer Decke einen Schlitten gebaut.«
Sie verluden Kraven auf den behelfsmäßigen Schlitten, und Curdwell übernahm die Aufgabe, ihn zu ziehen. Wex und Pinch behielten die Informationen, die Kraven ihnen gegeben hatte, erst einmal für sich. Er konnte es Fretter später immer noch sagen, wenn es wichtig werden sollte, dachte Wex.
Als sie den ersten Hügel erklommen hatten, schauten sie noch einmal zurück. Weit und breit waren keine Düsterlinge zu sehen, woraus Arkh folgerte, dass sie mindestens einen halben Tag Vorsprung hatten.
Zügig marschierten sie weiter. Wex ging neben Adara und saugte jedes ihrer Worte in sich auf, verstand aber nicht alles, was sie sagte. Sie zurückzuschicken stand nicht zur Debatte. Das Risiko, dass sie den Düsterlingen in die Arme laufen würde, war einfach zu groß. Jetzt, da der Walther nicht mehr weit war, wurde sie mit jedem Schritt aufgeregter. Das Flussmädchen schien sich danach zu sehnen, endlich wieder schwankende Bootsplanken unter den Füßen zu spüren.
Brynn hielt sich unterdessen an Spraggs Gesellschaft, und sein älterer Bruder ließ die beiden kaum einen Augenblick allein.
Über die weiten Wiesen, die zurück zum Walther führten, kamen sie schnell voran. Das war auch gut so, denn eine so große Gruppe würde auf dem weichen Untergrund leicht zu verfolgende Spuren hinterlassen.
Wex dachte an die Schimmelbrüder, die jenseits des Walther auf sie lauerten, und ihn überlief ein kalter Schauer. Beinahe die Hälfte der Expeditionsmitglieder hatten sie in dem sumpfigen Vulkankrater verloren. Die Männer waren einen schrecklichen Tod gestorben, und die Erinnerung daran plagte Wex nach wie vor in seinen Alpträumen. Er überlegte, ob er den anderen nicht doch von seiner Unterhaltung mit Verda erzählen sollte. Vielleicht sollten sie die Route besser ändern, vielleicht konnte er freies Geleit für sie aushandeln. Aber Verda war bestimmt rasend vor Wut, weil Kraven ihr diesen Schattenriesen auf den Leib gehetzt hatte. Von all den grausigen Kreaturen im Schleier war Verda mit Abstand die gefährlichste. Wenn sie ihren Zorn an ihnen ausließ, würde das keiner aus der Gruppe überleben. Seufzend bereitete Wex sich innerlich darauf vor, noch einmal den Kannibalenberg zu überschreiten. Er fragte sich, ob Adara wohl mitkommen würde.
53
Als die Dämmerung anbrach, waren die Rinder wieder verschwunden. Zurück durch die Bäume, von wo sie gekommen waren. Ein paar lagen tot im Lager herum und wurden als Reiseproviant zerlegt. Vill schickte seine Hauptmänner
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