Die Karte der Welt (German Edition)
einmal an dem Seil und sprang Schnüffler mit beiden Füßen in die Magengrube. Damit ging er ein hohes Risiko ein. Wenn Schnüffler ihn zu packen bekam, war er erledigt. Aber der Tritt erzielte die gewünschte Wirkung. Schnüffler war so betäubt vor Schmerz, dass Fen ihm auch dieses Mal entwischte. Zusammengekrümmt lag der Düsterling auf der Seite und keuchte schwer.
Als Fen merkte, wie benommen sein Gegner war, stürzte er wieder nach vorn und legte eine zweite Schlinge um Schnüfflers Hals. Ein kurzes Reißen, dann war sie fest. Jedes Mal, wenn Schnüffler das Bein bewegte, würde er sich damit selbst die Luft abschnüren.
Vill zog die Augenbrauen nach oben. Beeindruckend . Fenward war nicht ohne Grund der Anführer seiner Gruppe gewesen.
Der Junge wickelte das Ende des Seils fest um sein Handgelenk und spannte es. »Und?«
Kraftlos streckte Schnüffler die Klauen nach ihm aus.
Fen riss kurz an dem Seil und rammte dem Düsterling erneut den Absatz seines Stiefels in die Magengrube. Die Luft, die das Biest noch in der Lunge hatte, konnte nicht durch die zusammengequetschte Kehle entweichen. Stattdessen entlud sich der überschüssige Druck in den Bauchraum, und Vill hörte ein gedämpftes Plopp . Etwas war geplatzt.
»Gibst du jetzt auf?«, fragte Fen noch einmal und lockerte das Seil etwas, damit Schnüffler sprechen konnte.
Schnüffler ächzte und keuchte und bekam immer noch nicht genug Luft, also klopfte er als Zeichen der Unterwerfung auf den Boden. Nach dem Gesetz der Düsterlinge konnte Fen ihn jetzt töten, und der Junge war schlau genug, das zu wissen. Es spielt keine Rolle. Schnüffler hatte innere Verletzungen, die nicht mehr heilen würden. Nach Vills Einschätzung hatte sein ehemaliger Leibwächter nicht mehr lange zu leben. Der Sieg des Jungen spielte ihm perfekt in die Hände. Er war eine deutliche Erinnerung daran, was der überlegene Verstand eines Menschen in einem Kampf anrichten konnte. Wenn selbst ein Kind aufgrund seiner Gerissenheit den Düsterlingen überlegen war, wäre es reiner Selbstmord, Vill herauszufordern.
Blieb nur noch ein kleines Problem.
Fenward schaute zu Vill auf. »Dann gehöre ich jetzt wohl zu Eurer Leibgarde.«
54
Die ausgebrannte Barke war ein bedrückender Anblick. Traurig betrachtete Wex, was von dem Schiff noch übrig war. Das verkohlte Dollbord sah aus, als würde es unter der kleinsten Berührung sofort in sich zusammenfallen.
Adara weinte eine Zeit lang nur, doch als sie sich wieder gefangen hatte, war sie in der Lage, den Schaden zu bewerten. Die Barke war im seichten Kehrwasser auf Grund gelaufen. Adara watete in den Walther und strich mit der Hand unterhalb der Wasseroberfläche über den Rumpf.
»Der Rumpf ist noch zu gebrauchen«, sagte sie nach einer Weile. Pinch und Brynn übersetzten die schwierigeren Worte. »Das Deck muss verstärkt werden, die Kabine auch. Und wir brauchen zwei Riemen und ein Steuerruder. Fünf Ellen oder länger.« Sie hielt inne und ließ den Blick über die Gruppe schweifen, dann schüttelte sie verächtlich den Kopf.
»Besser zwei Steuerruder«, übersetzte Pinch Adaras nächste Worte.
Sie verbrachten die nächsten drei Stunden damit, die Barke wieder fahrtüchtig zu machen. Auf dem Fluss würden sie die Zeit, die die Reparaturen in Anspruch nahmen, mehr als wieder aufholen, wie Adara felsenfest behauptete, und da sie die Expertin auf diesem Gebiet war, folgte Fretter ihrem Rat. Dass die Barke gestrandet war, war ein glücklicher Zufall für sie. Sie bot genug Platz für alle. Das Einzige, was Wex noch nicht ganz verstand, war, wie sie das Schiff gegen die starke Strömung fortbewegen sollten.
»Das wird unsere Verfolger ganz schön verwirren«, meinte Pinch. Ihre Spuren würden hier enden. Der Feind konnte nur raten, in welche Richtung sie sich gewandt hatten und wie weit sie gekommen waren. Die Chancen standen nicht schlecht, dass Vill beim ersten Versuch falschliegen würde. Seine Düsterlinge würden sich am dicht bewachsenen Ufer entlangkämpfen müssen. Eine ziemliche Plackerei …
Die Soldaten schnitten die Ruder zurecht, während Adara Wex und Brynn zeigte, wie sie das Deck verstärken mussten. Fretter schlug vor, das Dollbord auf der nach Osten gewandten Seite nach oben zu erhöhen, falls die Düsterlinge sie einholten und mit Pfeilen beschossen. Adara stimmte zu, und sie errichteten aus den Ästen einer Lotosesche einen dichten Zaun. Die dicken, überlappenden Blätter würden die Männer an den Riemen
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