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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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auf der Schulter. Wenn sie wenigstens ein Kind bekommen hätten. Mit einem Kind wäre das alles nicht passiert. So grausam wäre Aledis nicht gewesen. Wenn sie ein Kind bekommen hätten …
    »Ich habe der Jungfrau gerade ein Versprechen gegeben«, flüsterte Arnau Maria plötzlich zu, während der Priester weiterhin vom Hauptaltar aus Soldaten anwarb. »Ich werde mich dem königlichen Heer anschließen, damit sie uns mit einem Kind segnet.«
    Maria sah die Jungfrau an, dann ihn. Dann ergriff sie seine Hand und drückte sie ganz fest.
    »Das kannst du nicht machen!«, schrie Aledis, als Arnau ihr seine Entscheidung mitteilte. Arnau machte eine beschwichtigende Handbewegung, damit sie leiser sprach, doch sie brüllte weiter. »Du kannst mich nicht verlassen! Ich werde es allen erzählen …«
    »Was macht das schon, Aledis?«, fiel er ihr ins Wort. »Ich werde in der Armee sein. Du wirst nur dein Leben ruinieren.«
    Im Gebüsch versteckt, sahen sich die beiden an. Aledis' Unterlippe begann zu zittern. Wie schön sie war! Arnau war versucht, die Wange der Frau zu streicheln, über die nun Tränen rannen, doch er beherrschte sich.
    »Leb wohl, Aledis.«
    »Du kannst mich nicht verlassen«, weinte sie.
    Arnau drehte sich zu ihr um. Sie war auf die Knie gesunken und hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Als er nichts sagte, blickte sie zu Arnau auf.
    »Warum tust du mir das an?«, schluchzte sie.
    Arnau sah die Tränen, die über Aledis' Gesicht strömten. Sie zitterte am ganzen Körper. Arnau biss sich auf die Unterlippe und blickte den Berg hinauf, wo er immer Steine holte. Warum ihr noch weiter wehtun? Er breitete hilflos die Arme aus.
    »Ich muss es tun.«
    Sie rutschte auf Knien zu ihm und wollte seine Beine umklammern.
    »Ich muss es tun, Aledis!«, wiederholte Arnau, während er zurückwich.
    Dann rannte er den Montjuïc hinab.

27
    Sie waren Huren. Ihre grellbunten Kleider verrieten es. Aledis zögerte, zu ihnen zu gehen, doch der Duft des Gemüseeintopfs mit Fleisch zog sie magisch an. Sie hatte Hunger. Sie war abgemagert. Die Mädchen, die nicht älter als sie selbst waren, saßen fröhlich schwatzend am Feuer. Als sie Aledis einige Schritte neben den Zelten des Feldlagers stehen sahen, luden sie die Fremde ein, näher zu treten. Aledis sah an sich herunter: Sie war zerlumpt, stinkend, schmutzig. Die Huren forderten sie erneut auf, zu ihnen zu treten. Ihr Blick blieb an den Seidenkleidern hängen, die in der Sonne glänzten. Niemand sonst hatte ihr etwas zu essen angeboten. Sie hatte es bei allen Zelten, Unterständen und Lagerfeuern versucht, an denen sie entlanggekommen war, doch niemand hatte sich ihrer erbarmt. Man hatte sie wie eine gewöhnliche Bettlerin behandelt. Sie hatte um eine milde Gabe gebeten, ein Stück Brot, ein bisschen Fleisch, Gemüse. Sie hatten ihr in die ausgestreckte Hand gespuckt. Dann hatten sie gelacht. Diese Frauen mochten zwar Huren sein, aber sie hatten sie eingeladen, ihren Eintopf mit ihnen zu teilen.
    Der König hatte befohlen, dass sich seine Streitmacht in der Stadt Figueras im Norden des Prinzipats sammeln sollte. Dorthin zogen sowohl die Adligen, die den Herrscher nicht im Stich gelassen hatten, als auch die Bürgerheere Kataloniens, darunter auch jenes aus Barcelona. Arnau Estanyol befand sich unter ihnen, befreit und voller Zuversicht, bewaffnet mit der Armbrust seines Vaters und einem einfachen Dolch.
    Doch im Gefolge der tausendzweihundert Reiter und viertausend Fußsoldaten König Pedros fand sich noch ein weiteres Heer in Figueras ein: Angehörige von Soldaten – hauptsächlich der Almogavaren, die als Nomaden, die sie waren, Heim und Herd stets mit sich schleppten –, Händler aller Art, die darauf hofften, den Soldaten ihre Beute abkaufen zu können, Sklavenhändler, Pfaffen, Falschspieler, Diebe, Huren, Bettler und allerlei Notleidende, die kein anderes Ziel im Leben hatten, als das Aas zu fleddern. Sie alle formierten eine beeindruckende Nachhut, die sich im Schlepptau des Heeres nach ihren eigenen Gesetzen vorwärtsbewegte. Gesetze, die oft sehr viel grausamer waren als die Gesetze des Krieges, von dem sie als Parasiten lebten.
    Aledis war nur eine von vielen in dieser bunt zusammengewürfelten Truppe. Arnaus Abschied klang ihr immer noch in den Ohren. Sie dachte daran, wie die rauen, faltigen Hände ihres Mannes ihre intimsten Stellen betastet hatten, das Röcheln des alten Gerbers mischte sich in ihre Erinnerung. »Warum hast du mich verlassen,

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