Die Kathedrale des Meeres
sie ihn nicht störten. Eines Tages, als Arnau bereits das Bett verließ und erste Schritte zu machen begann, kam Hasdai alleine. Der große, schlanke Jude mit dem langen, schwarzen, glatten Haar setzte sich ihm gegenüber.
»Du wirst wissen«, sagte er mit ernster Stimme, »dass deine Priester das Zusammenleben von Christen und Juden verboten haben. Ich nehme jedenfalls an, dass du davon weißt«, korrigierte er sich.
»Sei unbesorgt, Hasdai. Sobald ich wieder gehen kann …«
»Nein«, unterbrach ihn der Jude. »Damit wollte ich nicht sagen, dass du mein Haus verlassen sollst. Du hast meine Kinder vor dem sicheren Tod gerettet und dein Leben dabei riskiert. Alles, was ich besitze, gehört dir, und ich werde dir ewig dankbar sein. Du kannst so lange in diesem Haus bleiben, wie du willst. Meine Familie und ich würden uns sehr geehrt fühlen. Ich wollte lediglich raten, größtmögliche Diskretion zu wahren, vor allem, falls du dich entschließen solltest zu bleiben. Von meinen Leuten – und damit meine ich die ganze jüdische Gemeinde – wird niemand erfahren, dass du in meinem Haus lebst. Was das angeht, kannst du ganz beruhigt sein. Es ist deine Entscheidung, und ich betone noch einmal, dass wir uns sehr geehrt und glücklich schätzen würden, wenn du dich zum Bleiben entschließt. Wie lautet also deine Antwort?«
»Wer sollte deinem Sohn sonst von meinen Schlachten erzählen?«
Hasdai lächelte und reichte Arnau die Hand, die dieser ergriff.
»Chateau-Roussillon war eine beeindruckende Festung …« Jucef saß vor Arnau im Garten der Crescas auf dem Boden, die Beine untergeschlagen, und lauschte mit weit aufgerissenen Augen immer wieder den Kriegsgeschichten des Bastaix, gespannt, wenn dieser von der Belagerung erzählte, unruhig während der Schilderung des Kampfes, lächelnd beim Sieg.
»Die Verteidiger schlugen sich tapfer«, erzählte Arnau, »doch König Pedros Soldaten waren ihnen überlegen …«
Als er geendet hatte, drängte ihn Jucef, noch eine andere seiner Geschichten zu erzählen. Arnau erzählte ihm genauso viele wahre Geschichten wie erfundene. »Ich war nur zweimal beim Angriff auf eine Burg dabei«, hätte er ihm beinahe gestanden. »An den übrigen Tagen haben wir geplündert und Scheunen und Ernten vernichtet … Nur die Feigenbäume ließen wir stehen.«
»Magst du Feigen, Jucef?«, fragte er den Jungen einmal bei der Erinnerung an die knorrigen Stämme inmitten der allgemeinen Verwüstung.
»Es reicht, Jucef«, sagte sein Vater, der soeben in den Garten gekommen war, als er sah, wie der Kleine Arnau bekniete, ihm von einer weiteren Schlacht zu erzählen. »Geh jetzt schlafen.«
Jucef gehorchte und verabschiedete sich von seinem Vater und Arnau.
»Warum hast du den Jungen gefragt, ob er Feigen mag?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
Wortlos nahm Hasdai ihm gegenüber auf einem Stuhl Platz. Erzähl sie mir, sagte sein Blick.
»Wir haben alles dem Erdboden gleichgemacht«, schloss Arnau, nachdem er ihm die Ereignisse in Kürze erzählt hatte, »alles außer den Feigenbäumen. Seltsam, nicht wahr? Wir verwüsteten die Felder, und inmitten dieser ganzen Zerstörung stand ein einsamer Feigenbaum und schien uns zu fragen, was wir da tun.«
Arnau verlor sich in seinen Erinnerungen, und Hasdai wagte es nicht, ihn zu stören.
»Es war ein sinnloser Krieg«, erklärte der Bastaix schließlich.
»Im darauffolgenden Jahr«, sagte Hasdai, »gewann der König das Roussillon zurück. Jaime von Mallorca beugte vor ihm das Knie und übergab ihm seine Truppen. Vielleicht hat dieser erste Feldzug, an dem du teilgenommen hast, dabei geholfen …«
»… die Bauern, die Kinder und die einfachen Leute dem Hungertod auszuliefern«, unterbrach ihn Arnau. »Vielleicht diente er dazu, Jaimes Heer die Vorräte zu nehmen, aber dafür mussten viele einfache Leute sterben. Wir sind nur ein Spielball in den Händen der Adligen. Sie entscheiden, ohne sich darum zu scheren, wie viel Tod und Elend sie den anderen bringen.«
Hasdai seufzte.
»Was soll ich sagen, Arnau. Wir sind Eigentum des Königs, wir gehören ihm …«
»Ich bin in den Krieg gezogen, um zu kämpfen, und am Ende habe ich die Ernte der einfachen Leute verbrannt.«
Die beiden Männer schwiegen.
»Nun!«, rief Arnau schließlich in die Stille hinein. »Jetzt kennst du die Geschichte von den Feigenbäumen.«
Hasdai stand auf und klopfte Arnau auf die Schulter. Dann forderte er ihn auf, ins Haus zu gehen.
»Es ist kühl
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