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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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geworden«, sagte er mit einem Blick zum Himmel.
    Wenn Jucef sie alleine ließ, saßen Arnau und Raquel oft in dem kleinen Garten der Crescas und unterhielten sich. Sie sprachen nicht über den Krieg. Arnau erzählte ihr von seinem Leben als Bastaix und von Santa María.
    »Wir glauben nicht an Jesus Christus als Messias. Der Messias ist noch nicht gekommen, und das jüdische Volk wartet auf seine Ankunft«, erklärte ihm Raquel einmal.
    »Es heißt, ihr hättet ihn getötet.«
    »Das ist nicht wahr!«, entgegnete sie empört. »Wir sind es, die immer wieder getötet und vertrieben wurden!«
    »Angeblich«, fuhr Arnau fort, »opfert ihr an Ostern ein christliches Kind und verzehrt sein Herz und seine Gliedmaßen, wie es eure Riten vorschreiben.«
    Raquel schüttelte den Kopf.
    »Das ist Unsinn! Du hast gesehen, dass wir kein Fleisch essen dürfen, das nicht koscher ist, und dass uns unsere Religion den Verzehr von Blut verbietet. Was sollen wir mit dem Herz eines Kindes, mit seinen Armen oder Beinen? Du kennst meinen Vater und den Vater von Saúl. Hältst du sie für fähig, ein Kind zu essen?«
    Arnau sah Hasdais Gesicht vor sich und hörte seine weisen Worte. Er dachte an seine umsichtige Art und an die Zärtlichkeit, die aus seinem Gesicht strahlte, wenn er seine Kinder betrachtete. Wie sollte dieser Mann das Herz eines Kindes verzehren?
    »Und die Sache mit der Hostie?«, fragte er. »Es heißt auch, dass ihr Hostien stehlt, um sie zu schänden und so Jesu Leiden zu erneuern.«
    Raquel wehrte mit den Händen ab.
    »Wir Juden glauben nicht an die Trans…« Sie machte ein ärgerliches Gesicht. Immer verhaspelte sie sich bei diesem Wort, wenn sie mit ihrem Vater sprach! »An die Transsubstantiation.« Nun ging ihr das Wort flüssig über die Lippen.
    »An die was?«
    »An die Transsubstantiation. Für euch befindet sich euer Jesus in der Hostie, die somit tatsächlich der Leib Christi ist. Wir glauben das nicht. Für uns Juden ist eure Hostie nur ein Stück Brot. Es wäre ziemlich absurd, wenn wir ein Stückchen Brot schändeten.«
    »Also stimmt nichts von dem, was man euch vorwirft?«
    »Nichts.«
    Arnau wollte Raquel glauben. Das Mädchen sah ihn aus großen Augen an, als wollte es ihn bitten, sich von den Vorurteilen freizumachen, mit denen die Christen ihre Gemeinschaft und ihren Glauben diffamierten.
    »Aber ihr seid Wucherer. Das könnt ihr nicht leugnen.«
    Raquel wollte gerade antworten, als die Stimme ihres Vaters zu vernehmen war.
    »Nein. Wir sind keine Wucherer.« Hasdai Crescas kam zu ihnen und setzte sich neben seine Tochter. »Zumindest nicht so, wie man gemeinhin behauptet.« Arnau schwieg und wartete auf eine Erklärung. »Bis vor etwa hundert Jahren, man schrieb das Jahr 1230, verliehen auch die Christen Geld gegen Zinsen. Juden wie Christen taten das, bis ein Erlass eures Papstes Gregor IX. den Christen den Geldhandel verbot. Seither widmen sich nur noch die Juden und einige andere, wie etwa die Lombarden, diesem Geschäft. Zwölfhundert Jahre lang habt ihr Christen Zinsen verlangt. Erst seit hundert Jahren tut ihr es nicht mehr – offiziell.« Hasdai betonte das letzte Wort. »Und nun sollen wir Wucherer sein.«
    »Offiziell?«
    »Ja, offiziell. Es gibt viele Christen, die sich unserer bedienen, um auch weiterhin Zinsgeschäfte zu machen. Ich will dir auch erklären, warum wir das tun. Zu allen Zeiten und an allen Orten sind wir Juden stets unmittelbar vom König abhängig gewesen. Im Laufe der Zeit wurde unsere Gemeinschaft aus vielen Ländern vertrieben: zunächst aus unserem eigenen Land, dann aus Ägypten, später, 1183, aus Frankreich, und einige Jahre darauf, 1290, aus England. Die jüdischen Gemeinden mussten von einem Land ins andere fliehen, all ihren Besitz zurücklassen und den König des Landes, in das sie zogen, um die Erlaubnis bitten, sich niederlassen zu dürfen. Im Gegenzug bereichern sich die Könige – auch der eure – an der jüdischen Gemeinde und verlangen von uns hohe Zuwendungen für ihre Kriege und ihre Schatullen. Wenn wir keinen Zins auf unser Geld nähmen, könnten wir die unmäßigen Forderungen eurer Könige nicht erfüllen, und man würde uns erneut vertreiben.«
    »Aber ihr verleiht nicht nur Geld an die Könige«, warf Arnau ein.
    »Nein, natürlich nicht. Und weißt du, warum?« Arnau schüttelte den Kopf. »Weil die Könige ihre Darlehen nicht zurückzahlen. Ganz im Gegenteil, sie fordern immer weitere Kredite für ihre Kriege und ihre persönlichen

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