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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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versuchte, überrascht zu wirken. »Weshalb wollt Ihr es bei mir anlegen und nicht bei einem von Euren …?«
    »… Glaubensbrüdern?«, half ihm der Jude. »Ich habe stets Vertrauen in Sahat gehabt«, sagte er mit einem Blick auf den Mauren. »Ich glaube nicht, dass sein Namenswechsel etwas an seinen Fähigkeiten geändert hat. Ich gehe auf eine Reise, eine sehr lange Reise, und ich möchte, dass Ihr und Sahat mit meinem Geld arbeitet.«
    »Solche Summen wachsen bereits um ein Viertel, wenn sie einfach nur auf der Bank liegen, nicht wahr, Guillem?« Der Maure nickte. »Wie sollen wir Euch Eure Erträge auszahlen, wenn Ihr zu dieser langen Reise aufbrecht? Wie können wir uns mit Euch in Kontakt setzen?«
    Was sollten diese ganzen Fragen?, dachte Guillem. Er hatte Abraham keine ausführlichen Anweisungen gegeben, doch der Jude ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Investiert sie«, antwortete er, »und sorgt Euch nicht um mich. Ich habe weder Kinder noch Familie, und dort, wo ich hingehe, brauche ich kein Geld. Eines fernen Tages werde ich es vielleicht abholen oder jemanden schicken, der es abholt. Bis dahin braucht Ihr Euch keine Gedanken zu machen. Ich werde mich mit Euch in Kontakt setzen. Oder ist Euch das unangenehm?«
    »Warum sollte es?«, sagte Arnau. Guillem atmete auf. »Wenn Ihr es so wünscht, soll es so sein.«
    Sie besiegelten das Geschäft und Abraham Levi erhob sich.
    »Ich muss mich noch von einigen Freunden im Judenviertel verabschieden«, sagte er, nachdem er ihnen Lebewohl gesagt hatte.
    »Ich werde Euch begleiten«, sagte Guillem mit einem fragenden Blick zu Arnau. Der nickte zustimmend.
    Von dort gingen die beiden zu einem Schreiber, der ein Dokument aufsetzte, das die Einzahlung bestätigte, die Abraham Levi soeben in Arnau Estanyols Wechselstube getätigt hatte. Zugleich verzichtete dieser auf jedweden Gewinn, der aus dieser Anlage erwachsen mochte. Das Dokument unter seinen Kleidern versteckt, kehrte Guillem zur Wechselstube zurück. Es war nur eine Frage der Zeit, dachte er, während er durch Barcelona ging. Formal gehörte das Geld dem Juden – so stand es in Arnaus Büchern –, doch niemand würde Anspruch darauf erheben können, denn der Jude hatte Arnau als Begünstigten eingesetzt. Unterdessen würden die Arnau zustehenden drei Viertel des Gewinns, den dieses Kapital einbrachte, mehr als ausreichen, um sein Vermögen zu vermehren.
    Am Abend, als Arnau schlief, ging Guillem in die Wechselstube hinunter. Er hatte einen losen Stein in der Wand entdeckt. Er wickelte das Dokument zum Schutz in ein festes Tuch und versteckte es hinter dem Stein, den er dann so sorgfältig wie möglich befestigte. Irgendwann würde er einen der Maurer von Santa María bitten, ihn richtig einzumauern. Dort würde Arnaus Vermögen ruhen, bis er ihm eines Tages beichten konnte, woher das Geld wirklich stammte. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Einer langen Zeit, musste sich Guillem irgendwann eingestehen, als sie am Strand entlanggingen, nachdem sie auf dem Seekonsulat gewesen waren, um einige Angelegenheiten zu klären. Immer noch kamen Sklaven in Barcelona an, menschliche Ware, die von den Hafenschiffern in ihren überfüllten Booten ans Ufer gerudert wurde. Kräftige Männer und Burschen, aber auch Frauen und Kinder, deren Weinen die beiden Männer zwang, den Blick abzuwenden.
    »Hör mir genau zu, Guillem«, erklärte Arnau. »So schlecht es uns auch gehen mag und so nötig wir es haben sollten, niemals werden wir eine Sklavenlieferung finanzieren. Lieber werde ich durch die Hand des städtischen Magistrats meinen Kopf verlieren.«
    Dann sahen sie zu, wie die Galeere den Hafen von Barcelona verließ.
    »Warum legt sie ab?«, fragte Arnau, ohne nachzudenken. »Nutzt sie die Rückfahrt nicht, um Waren zu laden?«
    Guillem sah ihn an und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    »Sie wird zurückkehren«, versicherte er. »Sie fährt nur aufs offene Meer hinaus … um den Rest der Ladung loszuwerden«, setzte er stockend hinzu.
    Arnau schwieg, während er zusah, wie sich die Galeere entfernte.
    »Wie viele sind es, die sterben?«, fragte er schließlich.
    »Zu viele«, antwortete der Maure, während seine Erinnerung zu einem ähnlichen Schiff zurückwanderte.
    »So etwas tun wir niemals, Guillem! Denk daran, niemals.«

36
    1. Januar 1354
Plaza de Santa María del Mar
Barcelona
    Wo anders sollte ein solches Ereignis stattfinden als vor der Kirche Santa María, dachte Arnau, während er von einem

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