Die Kathedrale des Meeres
Priester ins Wort, »ich kann meinen Körper nicht zwingen, eine Frau zu begehren, die ich nicht begehre.« Der Priester wollte etwas sagen, doch Arnau sprach weiter. »Ich habe geschworen, meiner Frau die Treue zu halten, und das tue ich. Niemand kann mir das Gegenteil vorwerfen. Ich bin häufig hier, um zu beten, und gebe Geld für Santa María. Mir scheint, mein Beitrag zum Bau dieser Kirche ist Sühne genug für die Schwächen meines Körpers.«
Der Priester hörte auf, seine Hände zu kneten.
»Mein Sohn …«
Der Priester durchforstete sein schmales theologisches Wissen, um Arnaus Argumente zu entkräften, was ihm indes nicht gelang. Schließlich ging er rasch davon und verschwand zwischen den Handwerkern von Santa María. Als Arnau wieder alleine war, kniete er vor seiner Jungfrau nieder.
»Ich denke nur an sie, Mutter. Weshalb hast du zugelassen, dass ich sie Felip de Ponts überließ?«
Seit ihrer Heirat mit Felip de Ponts hatte er Mar nicht wiedergesehen. Als dieser wenige Monate nach der Vermählung gestorben war, hatte er versucht, Kontakt zu der Witwe aufzunehmen, doch Mar wollte ihn nicht sehen. Vielleicht war es besser so, sagte sich Arnau. Der Schwur vor der Jungfrau war nun eine stärkere Fessel als je zuvor: Er war dazu verdammt, einer Frau die Treue zu halten, die ihn nicht liebte und die er nicht lieben konnte. Und dem einzigen Menschen zu entsagen, mit dem er glücklich gewesen war …
»Hat man die Hostie schon gefunden?«, fragte Arnau den Stadtrichter, als sie sich in dessen Amtssitz an der Plaza del Blat gegenübersaßen.
»Nein«, antwortete dieser.
»Ich habe mit den Ratsherren der Stadt gesprochen«, sagte Arnau, »und sie sind meiner Meinung. Die Festnahme der gesamten jüdischen Gemeinde kann den Geschäftsinteressen Barcelonas ernstlichen Schaden zufügen. Die Schifffahrtssaison hat gerade begonnen. Wenn du in den Hafen gehst, wirst du so manches Schiff sehen, das nur darauf wartet, ablegen zu können. Sie haben Warenlieferungen von Juden an Bord. Entweder müssen sie diese wieder löschen oder auf die Händler warten, die mitreisen sollen. Das Problem ist, dass nicht die gesamte Fracht den Juden gehört. Es sind auch Waren von Christen dabei.«
»Weshalb lädt man sie nicht einfach wieder aus?«
»Weil damit der Frachtpreis für die Waren der Christen steigen würde.«
Der Stadtrichter hob ohnmächtig die Hände.
»Bringt die Waren der Juden und der Christen auf gesonderte Schiffen«, schlug er schließlich als Lösung vor.
Arnau schüttelte den Kopf.
»Das geht nicht. Nicht alle Schiffe haben denselben Bestimmungsort. Du weißt doch, dass die Schifffahrtsperiode kurz ist. Wenn die Schiffe nicht auslaufen, kommt der gesamte Handel ins Stocken, und sie kehren nicht rechtzeitig zurück. Ihnen entgeht die eine oder andere Fahrt und das wird den Preis für die Waren in die Höhe treiben. Wir alle werden Geld verlieren.« Auch du, dachte Arnau. »Zum anderen ist es gefährlich für die Schiffe, im Hafen von Barcelona abzuwarten. Wenn ein Sturm aufkommt …«
»Und was schlägst du vor?«
Lasst sie alle frei, hätte er am liebsten gesagt. Sagt den Mönchen, sie sollen aufhören, in ihren Häusern herumzuschnüffeln. Gebt ihnen zurück, was ihnen gehört. Doch er sagte: »Belegt die jüdische Gemeinde mit einer Geldstrafe.«
»Das Volk will Schuldige sehen, und der Infant hat versprochen, sie zu finden. Die Schändung einer Hostie …«
»Die Schändung einer Hostie wird sie teurer zu stehen kommen als jedes andere Vergehen«, fiel ihm Arnau ins Wort. Warum diskutieren? Die Juden waren beschuldigt und verurteilt worden, ganz gleich, ob die blutende Hostie auftauchte oder nicht. Der Stadtrichter sah ihn skeptisch und mit gerunzelter Stirn an. »Weshalb versuchst du es nicht? Wenn es uns gelingt, sind die Juden die Einzigen, die zahlen. Andernfalls wird es ein schlechtes Jahr für den Handel, und wir alle zahlen drauf.«
Umgeben von Handwerkern, Lärm und Staub, sah Arnau zu dem Schlussstein empor, der das zweite der vier Mittelschiffjoche der Kirche Santa María krönte, das zuletzt fertiggestellt worden war. Auf dem großen Schlussstein war die Verkündigungsszene zu sehen, mit einer knienden Maria im roten, goldverbrämten Mantel, der ein Engel die frohe Botschaft verkündete. Die leuchtenden Farben, das Rot und Blau, insbesondere aber das Gold, nahmen Arnaus Blick gefangen.
Es war eine wunderschöne Szene.
Der Stadtrichter hatte Arnaus Argumente abgewogen und
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