Die Kathedrale des Meeres
stärken«, hatte Jucef zu ihm gesagt. »Der König bleibt dem Papst die Abgaben schuldig und Eimeric hat ihm einen Anteil an Arnaus Vermögen versprochen.« Würde König Pedro bereit sein, in der Schuld eines Papstes zu stehen, der soeben einen Aufstand in Korsika unterstützt hatte, indem er das Recht der aragonesischen Krone an der Insel bestritt? Aber wie sollte er es anstellen, dass der König sich mit der Inquisition anlegte?
»Euer Vorschlag interessiert uns.«
Die Stimme des Infanten verlor sich in der Weite des Salón del Tinell. Der Infant war erst sechzehn Jahre alt, stand aber seit Kurzem im Namen seines Vaters dem Parlament vor, das über den korsischen Aufstand beraten sollte. Guillem betrachtete verstohlen den Thronfolger. Er saß auf seinem Thron, neben ihm standen seine beiden Ratgeber Juan Fernández de Heredia und Francesc de Perellós. Es hieß von ihm, er sei schwach, doch vor zwei Jahren hatte dieser Junge einen Mann verurteilen und hinrichten müssen, der von Geburt an sein Vormund gewesen war: Bernat de Cabrera. Nachdem er seine Enthauptung auf dem Marktplatz von Zaragoza angeordnet hatte, musste der Infant das Haupt des Vicomte seinem Vater König Pedro übersenden.
Am Nachmittag hatte Guillem mit Francesc de Perellós sprechen können. Nachdem der Ratgeber ihn aufmerksam angehört hatte, bat er ihn, vor einer kleinen Tür zu warten. Als man ihn nach langem Warten vorließ, stand Guillem auf einmal in dem eindrucksvollsten Raum, den er jemals betreten hatte: Er war über dreißig Meter lang, mit sechs mächtigen Rundbögen, die fast bis zum Boden reichten. Die Wände waren kahl und von Fackeln erleuchtet. Der Infant und seine Ratgeber hatten ihn am Ende des Saals erwartet.
Einige Schritte vom Thron entfernt hatte er das Knie gebeugt und gewartet, bis Francesc de Perellós ihm mit einem Blick zu verstehen gab, dass er sprechen sollte.
»Euer Vorschlag interessiert uns sogar sehr«, sagte der Infant noch einmal, nachdem Guillem geendet hatte. »Aber denkt daran, dass wir uns nicht mit der Inquisition überwerfen können.«
»Das müsst Ihr nicht, hoher Herr.«
»So sei es«, beschloss der Infant. Dann erhob er sich und verließ den Saal in Begleitung von Juan Fernández de Heredia.
»Erhebt Euch«, forderte Francesc de Perellós Guillem auf. »Wann soll es so weit sein?«
»Morgen, wenn möglich. Andernfalls übermorgen.«
»Ich werde dem Stadtrichter Bescheid geben.«
Als Guillem den königlichen Palast verließ, wurde es gerade dunkel. Er sah in den klaren Mittelmeerhimmel hinauf und atmete tief ein. Ihm blieb noch viel zu tun.
Am Nachmittag, noch während des Gesprächs mit dem Sizilianer Jacopo, hatte er eine Nachricht von Jucef erhalten: »Der Ratgeber Francesc de Perellós wird dich heute Nachmittag nach der Parlamentssitzung im königlichen Palast empfangen.« Guillem wusste, wie er das Interesse des Infanten wecken konnte. Es war ganz einfach: Indem man der Krone die umfangreichen Schulden erließ, die in Arnaus Büchern vermerkt waren, damit sie nicht in die Hände des Papstes gelangten. Aber wie konnte man Arnau befreien, ohne dass sich der Herzog von Gerona offen mit der Inquisition überwerfen musste?
Guillem hatte einen Spaziergang unternommen, bevor er zum königlichen Palast gegangen war. Sein Weg hatte ihn zu Arnaus Wechselstube geführt. Sie war geschlossen. Die Bücher musste Nicolau Eimeric an sich genommen haben, um Scheinverkäufe zu verhindern. Von Arnaus Angestellten war nichts zu sehen. Guillem blickte zur Kirche Santa María, die von Gerüsten umgeben war. Wie war es möglich, dass ein Mann, der alles für diese Kirche gegeben hatte …? Sein Weg führte ihn weiter zum Seekonsulat und zum Strand.
»Wie geht es deinem Herrn?«, hörte er eine Stimme hinter sich fragen.
Guillem drehte sich um und stand vor einem Bastaix, der einen riesigen Sack auf dem Rücken trug. Arnau hatte ihm vor Jahren Geld geliehen und er hatte es Münze für Münze zurückgezahlt. Guillem hob die Schultern und machte ein ratloses Gesicht. Plötzlich war er von einer ganzen Reihe Bastaixos umringt, die gerade ein Schiff entluden. »Was ist mit Arnau los?«, wurde er gefragt. »Wie kann man ihn der Ketzerei beschuldigen?« Diesem Mann hatte er ebenfalls Geld geliehen. Für die Aussteuer einer seiner Töchter? Wie viele von ihnen hatten Hilfe bei Arnau gesucht? »Wenn du ihn siehst«, sagte ein anderer, »dann richte ihm aus, dass eine Kerze für ihn vor dem Gnadenbild brennt. Wir
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