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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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Volk begann sich zu empören. Schwerter, Dolche und Armbrüste wurden über den Köpfen geschwenkt, während immer lauter der Schlachtruf »Via fora!« erklang.
    Das Gebrüll wurde ohrenbetäubend. Guillem sah, wie mehrere Ratsherren eintrafen, und gesellte sich rasch zu der Gruppe, die vor dem Baldachin mit der Madonna diskutierte.
    »Und die Soldaten des Königs?«, hörte er einen der Ratsherren fragen.
    Der Zunftmeister wiederholte genau die Worte, die Guillem ihm vorgegeben hatte: »Gehen wir zur Plaza del Blat und sehen wir, was der Stadtrichter zu unternehmen gedenkt.«
    Guillem ging davon. Für einen kurzen Moment fiel sein Blick auf die kleine steinerne Figur, die auf den Schultern der Bastaixos ruhte. »Steh ihnen bei«, betete er stumm.
    Die Menge setzte sich in Bewegung. »Zur Plaza del Blat!«, riefen die Menschen.
    Guillem schloss sich dem Strom an, der sich durch die Calle de la Mar auf den Platz ergoss, an dem sich der Palast des Stadtrichters befand. Nur wenige wussten, dass man herausfinden wollte, welche Haltung der Stadtrichter in der Sache einnahm, und so hatte er keine Probleme, zu dessen Amtssitz durchzukommen, während unter den Rufen der Menge das Gnadenbild der Jungfrau dort aufgestellt wurde, wo sich sonst die Banner von Sant Jordi und der Stadt befanden.
    Die Zunftmeister und Ratsherren standen neben der Madonna und dem Banner der Bastaixos in der Mitte des Platzes und sahen zum Palast des Stadtrichters herüber. Die Menge begann zu begreifen. Es wurde still und alle wandten sich dem Palast zu. Guillem konnte die Anspannung förmlich spüren. Würde sich der Infant an die Abmachung halten? Die Soldaten hatten sich mit gezogenen Schwertern zwischen die Menge und den Palast gestellt. Der Stadtrichter erschien an einem der Fenster, betrachtete die Menschenmasse, die sich dort unten drängte, und verschwand wieder. Kurz darauf trat ein königlicher Beamter auf den Platz. Tausende von Augenpaaren, auch jenes von Guillem, richteten sich auf ihn.
    »Der König sieht sich außerstande, sich in die Angelegenheiten der Stadt Barcelona einzumischen«, verkündete er. »Die Einberufung des Bürgerheers ist Sache der Stadt.«
    Dann befahl er den königlichen Soldaten, sich zurückzuziehen.
    Die Menge beobachtete, wie die Soldaten an dem Palast entlangmarschierten und durch das frühere Stadttor abzogen. Noch bevor der Letzte verschwunden war, erschallte ein lautes »Via fora!«, das Guillem einen Schauder über den Rücken jagte.
    Nicolau wollte Francesca soeben zur Folter in den Kerker zurückbringen lassen, als die Glocken zu läuten begannen und ihn mitten im Satz unterbrachen. Zuerst war es nur die Glocke von Sant Jaume, die das Bürgerheer einberief, dann fielen sämtliche Glocken der Stadt ein. Die meisten Priester in Barcelona waren treue Anhänger der Lehren Ramon Llulls, der Eimerics Missfallen erregt hatte, und nur wenige von ihnen hatten etwas gegen die Lektion einzuwenden, welche die Stadt der Inquisition zu erteilen gedachte.
    »Das Bürgerheer?«, fragte der Inquisitor Berenguer d'Erill.
    Der Bischof hob ratlos die Schultern.
    Unterdessen befand sich das Gnadenbild der Jungfrau weiterhin in der Mitte der Plaza del Blat und wartete, dass sich die Banner der einzelnen Zünfte der Stadt zu jenem der Bastaixos gesellten. Die Menge indes zog bereits zum Bischofspalast.
    Aledis, Mar und Joan hörten sie näher kommen, bis schließlich das »Via fora!« über die Plaza Nova schallte.
    Nicolau Eimeric und Berenguer d'Erill traten an eines der Bleiglasfenster. Nachdem sie es geöffnet hatten, sahen sie weit über hundert Menschen dort versammelt, die schrien und ihre Waffen gegen den Palast erhoben. Das Geschrei wurde lauter, als einer die beiden Kirchenmänner erkannte.
    »Was geht da vor?«, fragte Nicolau einen Beamten, nachdem er einen Schritt zurückgetreten war.
    »Barcelona ist gekommen, um seinen Seekonsul zu befreien«, rief ein Junge Joan auf die gleiche Frage zu.
    Aledis und Mar schlossen die Augen und pressten die Lippen aufeinander. Dann fassten sie sich bei den Händen und sahen mit tränennassem Blick zu dem Fenster hinauf, das halb geöffnet geblieben war.
    »Lauf und such den Stadtrichter!«, befahl Nicolau dem Beamten.
    Nun, da niemand auf ihn achtete, erhob sich Arnau und fasste Francesca am Arm.
    »Warum hast du gerade gezittert, Frau?«, fragte er sie.
    Francesca unterdrückte eine Träne, die ihr über die Wange rollen wollte, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ihre

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