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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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verschiedenen Düfte, noch bevor er das Schild sah: Kerzen der Nacht .
»Sind Sie Sharon MacGillivray?« fragte er eine junge Frau, die Waren arrangierte. »Ich bin Jim Qwilleran.«
»Ach, das freut mich, daß ich Sie kennenlerne! Ich bin Sharon Hanstable«, sagte sie, »aber ich bin mit Roger MacGillivray verheiratet. Ich habe schon so viel von Ihnen gehört.«
»Der Name Ihres Geschäfts gefällt mir.« Er dachte einen Augenblick nach und deklamierte dann: »>Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt, der munt're Tag erklimmt die dunst'gen Höhn.<«
»Sie sind phantastisch! Bisher hat noch niemand gemerkt, daß es eine Anspielung auf ein Zitat ist.«
»Vielleicht lesen Angler nicht Shakespeare. Was sagen sie zu Duftkerzen?«
Sharon lachte. »Zum Glück haben wir hier die unterschiedlichsten Sorten von Touristen, und ich verkaufe neben den Kerzen auch ein wenig Schmuck, Holzgegenstände und Spielsachen.«
Qwilleran sah sich in den engen Gängen des kleinen Geschäftes um. Seine empfindliche Nase war fast betäubt von den siebenunddreißig Düften. »Roger hat einen schönen Banknotenclip. Haben Sie noch welche?«
»Tut mir leid, sie sind alle weg. Die Leute haben sie zum Vatertag gekauft, aber ich habe wieder welche bestellt.«
»Wieviel kosten die großen hölzernen Kerzenhalter?«
»Zwanzig Dollar. Sie werden hier angefertigt, von einem Pensionierten Polizisten, und jeder Dollar geht an einen wohllätigen Zweck. Die Idee stammt von meiner Mutter.«
»Ich habe Ihre Mutter gestern am Strand kennengelernt. Sie ist sehr sympathisch.«
Sharon nickte. »Jeder mag Mama, sogar ihre Schüler. Sie unterrichtet in Pickax, wissen Sie. Wir sind alle Lehrer, außer Dad. Er führt die Truthahnfarm auf der Straße nach Pickax.«
»Ich habe sie gesehen. Interessantes Geschäft.«
»Eigentlich nicht.« Sharon rümpfte angewidert die Nase. »Nur Dreck und Gestank. Als ich auf der High-School war, habe ich mich um die Küken gekümmert; die sind so dumm ! Den zahmen Truthähnen muß man sogar das Essen und Trinken beibringen. Und dann drehen sie durch und bringen sich gegenseitig um. Man muß selbst ein bißchen verrückt sein, um Truthähne zu züchten. Mama kann sie nicht ausstehen. Hat sie Ihnen angeboten, Ihnen die Zukunft vorherzusagen?«
»Noch nicht«, sagte Qwilleran, »aber ich hätte schon ein paar Fragen für sie. Und an Sie habe ich auch eine Frage: Wo gibt es hier einen Schlosser?«
»Von einem Schlosser habe ich in Mooseville noch nie etwas gehört, aber der Automechaniker kann Ihnen vielleicht helfen.«
Er verließ das Geschäft mit einem sechzig Zentimeter hohen Kerzenhalter und einer dicken grünen Kerze; auf der Heimfahrt sog er den Kiefernduft tief ein. Als er den Kerzenhalter auf einen Verandatisch stellte, schnüffelte ihn Koko Zentimeter für Zentimeter ab. Yum Yum interessierte sich mehr für ihre Spinnenjagd, doch Kokos Nase klebte fast an dem unbehandelten Holz, während er die schön gedrechselten Formen des Kerzenständers untersuchte. Er hatte die Ohren angelegt und nieste ab und zu.
Mitten am Nachmittag kam der blaue Pick-up die gewundene Auffahrt heraufgefahren. Tom war allein.
»Wo ist denn der Holzspalter?« fragte Qwilleran fröhlich.
»Hinten im Auto«, sagte Tom mit seinem üblichen, leicht erfreuten Tonfall. »Ich spalte Baumstämme gerne mit Keil und Schlegel, aber das hier ist ein großer Baum. Ein sehr großer Baum.« Er sah hinaus auf den See. »Heute ist ein schöner Tag. Der Nebel ist weg. Ich mag Nebel nicht.«
Der Holzspalter erwies sich als benzinbetriebenes Gerät mit einem mörderischen Keil, der die dreißig Zentimeter dicken Klötze zu Scheiten zerkleinerte. Qwilleran sah eine Weile zu, doch der Lärm machte ihn nervös, und er zog sich in die Hütte zurück, um die Katzen zu bürsten. Er hatte ihr Fell eine ganze Woche vernachlässigt.
Als er »Bürsten!« rief, spazierte Koko von der dem See zugewandten Veranda herein, wo er die Natur beobachtet hatte, und Yum Yum wand sich unter dem Sofa hervor, wohin sie der Krach draußen vor der Hütte vertrieben hatte. Was jetzt folgte, war ein bestrickender Pas de deux, bei dem sich die Katzen unter der Bürste verzückt drehten, streckten und wanden.
Als Tom mit dem Holzspalten fertig war, ging Qwilleran hinaus, um ihm beim Aufschichten zu helfen. »Sie mögen also keinen dichten Nebel«, begann er das Gespräch.
»Nein, im Nebel kann man schwer sehen«, sagte Tom. »Es ist gefährlich, mit einem Auto oder einem Lastwagen zu fahren. Ja, sehr

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