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Die Katze, die den Dieb vertrieb

Die Katze, die den Dieb vertrieb

Titel: Die Katze, die den Dieb vertrieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Abhandlung über ein jahrhundertealtes Geheimnis war, ließ er sich doch darauf ein. Er las laut vor, und nach einer Weile waren sie alle drei in dem großen Ledersessel eingeschlafen.

Ende Januar hatte Qwilleran bereits etliche Beiträge für Mehr oder weniger haarsträubende Geschichten zusammengetragen, und eine, die es ihm besonders angetan hatte, war die Geschichte von Hilda mit der Heckenschere. Sie war komisch, sagten die Leute, und doch war sie auch traurig. Es ging um eine exzentrische Frau, die vor siebzig Jahren die ganze Stadt Brrr tyrannisiert hatte. Brrr, so genannt, weil es der kälteste Ort im Bezirk war, war ein Sommerurlaubsort in einem Gebirge mit Blick auf den großen See. Im Winter ähnelte es einem Eisberg im Nordatlantik.
    Der Mann, der angeblich alle Einzelheiten der Hilda-Saga kannte, war Gary Pratt, der Besitzer des Black Bear Café in Brrr, und so fuhr Qwilleran eines Tages hinaus, um mit ihm zu sprechen. Die Mittagshitze war vorbei, aber man konnte noch immer einen Bearburger bestellen – nicht verwandt mit dem Ursus americanicus, sondern einfach das beste Hackfleischsandwich weit und breit.
    Das Café befand sich in einem Hotel am höchsten Punkt der Stadt. Auf dem Dach war ein Schild, das meilenweit zu sehen war und verkündete: ZIMMER… RESTAURANT… BOOZE-SCHNAPS. Dieses Schild war seit Menschengedenken da und führte Trawler und Vergnügungsschiffe sicher in den Hafen.
    Das verschachtelte Gebäude, liebevoll Hotel Booze genannt, stammte aus den wilden, rauhen Zeiten des Bergbaus und der Holzwirtschaft. Gary Pratt hatte es samt den Schulden und den nicht eingehaltenen Bauvorschriften geerbt. Er war so klug, das schäbige Äußere beizubehalten, das den Seemännern und Fischern gefiel, und nur gerade so viele Reparaturen vorzunehmen, wie es die Konzessionsvorschriften des Bezirks verlangten.
    Gary lehnte an der Theke, während Qwilleran sich auf einen wackeligen Barhocker setzte und einen Bearburger aß. Mit seinem schwerfälligen Gang und dem dicken, zotteligen schwarzen Haar samt entsprechendem Vollbart war Gary selbst ein Bär von einem Mann. »Freut mich, daß Sie sich bereit erklärt haben, beim Eisfestival den Grand Marechal zu spielen, Qwill.«
    »Ich wußte gar nicht, daß ich mich dazu bereit erklärt habe«, murmelte Qwilleran zwischen zwei Bissen. »Wer ist sonst noch in der Parade?«
    »Die Königin, die in synthetische Eisbärenfelle gehüllt auf einem Pferdeschlitten fährt. Hundeschlitten, die von einer Meute Huskys gezogen werden. Eine Motorradflotte, deren Fahrer Eisbärenkostüme tragen. Zwei High-School-Kapellen auf Tiefladern. Acht Festwagen, auf denen Wintersportarten dargestellt werden. Und Fackelträger auf Langlaufskiern.«
    Qwilleran verkniff sich die bissigen Bemerkungen, die ihm dazu einfielen. Schließlich würde das Festival dem ganzen Bezirk Vorteile bringen, und Hunderte tatkräftige Menschen arbeiteten hart, um es zu einem Erfolg zu machen. Außerdem ging das Sandwich, das er gerade aß, auf Kosten des Hauses.
    »Erzählen Sie mir von Ihrem Buch«, sagte Gary. »Worum geht es darin?«
    »Es ist eine Sammlung von Geschichten und Legenden aus der Frühzeit von Moose County, die vom Klingenschoen-Fonds veröffentlicht und in Geschenkboutiquen verkauft werden soll. Der Erlös geht an das Historische Museum. Woher kennen Sie die Geschichte von Hilda?«
    »Mein Vater und mein Großvater haben sie mir so oft erzählt, daß ich sie inzwischen in- und auswendig kenne. Wollen Sie sie auf Tonband aufnehmen?«
    »Ja. Gehen wir in Ihr Büro. Da ist es ruhiger.«
    Der folgende Bericht wurde danach auf Papier übertragen:
    Mein Großvater hat mir oft von dieser exzentrischen alten Frau in Brrr erzählt, die ständig alle terrorisierte. Das war vor ungefähr siebzig Jahren, wissen Sie. Sie ist immer mit einer Heckenschere in der Stadt herumgelaufen, hat sie auf irgendwelche Leute gerichtet und die Klingen schnappschnapp zuschnappen lassen. Hinter ihrem Rücken lachten die Leute über sie und nannten sie ›Hilda mit der Heckenschere‹, aber wenn sie in der Nähe war, waren dieselben Leute sehr nervös.
    Niemand wußte so recht, ob sie nur eine schrullige Alte war, oder ob sie nicht in Wirklichkeit sogar ziemlich raffiniert war und sich auf diese Art über alle Regeln hinwegsetzte. In den Geschäften nahm sie mit, was sie wollte, ohne daß es je Konsequenzen gehabt hätte. Ab und zu wurde sie von einem Polizisten oder einem Sheriff aus sicherer Entfernung vernommen,

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