Die Katze, die den Dieb vertrieb.
»Mein Enkelsohn ist über die Feiertage hier.«
»Clayton?« Er hatte schon von dem vierzehnjährigen, naturwissenschaftlich und mathematisch hochbegabten Jungen gehört, der auf einer Farm in Illinois lebte.
»Ich habe ihn gestern nachmittag vom Flughafen abgeholt. Mr. O’Dell war zum Abendessen da, und wir haben Geschenke ausgepackt und uns blendend unterhalten. Dann haben wir im Hof das Flutlicht eingeschaltet und einen großen Schneemann gebaut. Clayton ist heute mit Schneeschuhen zu Ihrer Scheune gegangen und hat alles kontrolliert. Es ist alles in Ordnung. Keine Schäden. Heute sind wir bei Virginia Alstock zum Abendessen eingeladen. Ihre Kinder sind ungefähr in Claytons Alter.«
Während sie sprach, überlegte Qwilleran. Er hatte das Wunderkind, das geholfen hatte, den Fall Euphonia Gage in Florida zu lösen, noch nicht persönlich kennengelernt. Er fühlte sich verpflichtet, sich in irgendeiner Form erkenntlich zu zeigen, obwohl er für den minderjährigen Teil der Bevölkerung nicht viel übrig hatte. Er sagte: »Glauben Sie, Ihr Enkelsohn würde gern mal mitkommen, wenn ich im Auftrag der Zeitung unterwegs bin?«
»Ach, Boß! Er wäre begeistert! Im Moment ist er draußen und arbeitet mit der Schneefräse. Aber sobald er hereinkommt, sage ich es ihm. Er wird sich wahnsinnig freuen! Das könnte sein Leben ändern! Er könnte beschließen, Journalist zu werden!«
»Sagen Sie ihm, er soll bei der Kybernetik bleiben. Da ist die Bezahlung besser. Hat er einen Fotoapparat?«
»Ja. Sogar einen ganz neuen, ein Weihnachtsgeschenk von seinem Vater. Und er hat auch noch den kleinen Kassettenrecorder, den er in Florida verwendet hat.«
»Gut! Dann kann er sich als mein Fotograf ausgeben. Sagen Sie ihm, er soll einen Film kaufen; ich bezahle ihn dann. Inzwischen werde ich ein Interview vereinbaren und Sie dann zurückrufen.«
»Soll ich ihm die Haare schneiden?« fragte Celia.
»Nicht nötig«, antwortete Qwilleran. »Von Fotografen erwartet man nicht, daß sie allzu zivilisiert aussehen.«
Als er auflegte, hörte er sie noch immer lachen.
Dann rief Polly an, um zu besprechen, was sie zum Abendessen anziehen sollten.
»Arch wird sein zwanzig Jahre altes rotes Wollhemd tragen«, sagte Qwilleran, »also schlage ich vor, wir ziehen Pullover an.«
Pollys Mitarbeiter hatten ihr einen weißen Pullover geschenkt, der mit roten Kardinalvögeln und grünen Stechpalmenzweigen bestickt war – lebhafter als ihre übliche Kleidung, aber Polly war seit ihrer Operation selbst lebendiger geworden. Qwilleran hatte einen neuen, in Chicago bestellten Pullover an, der wie ein orientalischer Teppich gemustert war – sehr elegant für einen Mann, den seine Kollegen im Süden unten ›liebenswert, aber nachlässig‹ genannt hatten.
»Ich hole dich um eins ab«, sagte er. »Zieh dich warm an, dann gehen wir zu Fuß. Es ist windstill.«
»Weißt du, wer soeben in die Wohnung neben dir eingezogen ist, Qwill?«
»Ein kräftiger Mann. Fährt einen großen Wagen.«
»Das ist Wetherby Goode!«
»Nein! Womit habe ich diesen Clown als Nachbarn verdient?«
»Entdecke ich da eine Spur von Eifersucht zwischen Vertretern verschiedener Medien?« zog sie ihn sanft auf. »Die meisten Radiohörer finden ihn unterhaltsam. Er redet nicht nur vom Gefrierpunkt und vom Barometerdruck. Einmal, als es sehr windig war, sang er Der alte Schaukelstuhl. Nach einem Eissturm brachte er ein Zitat aus Der alte Seefahrer. Einer seiner Hörer hatte es eingesandt: Das Eis war hier, das Eis war dort, das Eis war überall. Die Leute haben Angst, daß ihm einmal die Zitate ausgehen könnten.«
»Nun, wenn man das Wetter schon mit Gags präsentieren muß, dann sind seine wohl so gut wie irgendwelche anderen«, räumte Qwilleran ein. »Wer wohnt eigentlich neben dir?«
»Die Cavendish-Schwestern, pensionierte Lehrerinnen, sehr ruhig.«
Um ein Uhr machten sie sich, eingemummt in Daunenjacken, Schals, Wollmützen, Fäustlinge und Stiefel, auf den Weg zur Eigentumswohnung der Rikers im zweiten Wohnblock. Sie gingen Hand in Hand, wie bei ihren ersten Spaziergängen nach Pollys Operation. Inzwischen war das für sie beide eine liebe Gewohnheit geworden; für Außenstehende war es romantischer Stoff für die Klatschmühle.
Polly hatte um das Kinn und die Ohren einen fast zwei Meter langen roten Wollschal gewickelt, der vorne und hinten hinunterbaumelte. »Ein Geschenk von Lynette«, sagte sie.
»Und was hast du ihr geschenkt?«
»Eine Geschenkpackung Seife,
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