Die Katze, die den Dieb vertrieb.
gemeldet. Er versetzte die Bewohner von Indian Village in Aufruhr, denn es war ihnen sehr unangenehm, daß ausgerechnet ein Besucher aus dem Süden unten bestohlen worden war. Sie hatten Angst, er würde vielleicht nicht wiederkommen – und sie waren entrüstet, daß es nun schon zwei derartige Vorfälle in ihrer exklusiven Wohnsiedlung gegeben hatte. Qwilleran wollte die Angelegenheit mit Brodie besprechen, wurde aber abgewimmelt – ein sicheres Zeichen, daß die Polizei einem Verdächtigen auf der Spur war.
Qwilleran hatte seinen eigenen Verdacht. George Breze war vor kurzem nach Indian Village gezogen. Mit seiner roten Mütze, seinem Overall und seinem lauten Pick-up paßte er so gar nicht zu den eher intellektuellen Bewohnern der Siedlung. Er hatte in der Sandpit Road, außerhalb von Pickax, hinter einem Maschendrahtzaun ein Imperium von Schrott und Plunder. Im Winter lag es unter einer zwei Meter hohen Schneedecke, so daß nur das ›Büro‹ zugänglich war – eine Hütte mit einem Kanonenofen. Im Winter wie im Sommer trieben sich dort Jugendliche herum. Wenn die Polizei von Zeit zu Zeit dort vorbeikam, hineinsah, lasen sie stets Comic-Hefte und spielten Dame, während Rotkäppchen an seinem Schreibtisch arbeitete. Auf demselben Grundstück stand ein großes Haus, in dem Breze bis vor kurzem mit seiner Frau gelebt hatte – bis sie mit einem Musiker aus Squunk Corners durchgebrannt war. Danach war Breze nach Indian Village gezogen.
Qwilleran verspürte ein starkes Verlangen, diese Spur weiterzuverfolgen, aber er mußte jede außerplanmäßige Aktivität auf später verschieben und an ›Qwills Feder‹ arbeiten. Ein Thema zu finden war im Winter schwieriger als im Sommer. Außerdem hatte er in diesem Jahr bereits mehrere Fehlschläge erlebt. Die Wünschelrutengeschichte war bis zum Tauwetter im Frühling auf Eis gelegt; eine Kolumne über eine Pilzzucht war an mangelnder Glaubwürdigkeit gescheitert; für einen Beitrag über das Eisfestival war es noch zu früh; Carter Lee war noch in Detroit.
Ratlos marschierte Qwilleran im Zimmer auf und ab. Plötzlich krachte es an der Eingangstür, und zwei Katzen flohen aus dem Vorzimmer – entweder aus Angst oder weil sie ein schlechtes Gewissen hatten. Er hatte seine Schneeschuhe an die Vorzimmerwand gehängt, und die Katzen hatten versucht, den neuen Gegenstand in der Wohnung zu inspizieren.
Zuerst rief er Polly in der Bibliothek an, um zu fragen, ob es vielleicht ein Buch über die Kunst des Schneeschuhlaufens gab, und wenn ja, ob sie es ihm mitbringen könne. In der Zwischenzeit wollte er es schon einmal versuchen. Dabei stolperte er zunächst ständig über seine Schneeschuhe. Als er schließlich ohne größere Schwierigkeiten durch den Wald glitt, fand er durchaus Gefallen daran. Allerdings fürchtete er sich jetzt schon vor dem folgenden Muskelkater. Seine Kolumne über die Freuden des Schneeschulaufens begann mit: »Haben Sie je versucht, mit zwei Tennisschlägern unter Ihren Schuhen durch den Schnee zu stapfen?«
Qwilleran gehörte zu den Leuten, die eingeladen wurden, dem Nouvelle Gourmetclub beizutreten. In dem Prospekt – der von Mildred Riker, Hixie Rice und Willard Carmichael unterzeichnet war – stand: »Wir legen Wert auf Qualität und wollen den Gaumen mit dem natürlichen Geschmack frischer Zutaten erfreuen, die mit Kräutern, Gewürzen und Obst- und Gemüseextrakten abgeschmeckt sind.«
Für jedes monatlich stattfindende Abendessen würde ein Komitee das Menü planen, bestimmte Mitglieder würden mit der Zubereitung betraut werden und die Rezepte zur Verfügung stellen. Ein Teilnehmer würde als Gastgeber fungieren und die Hauptspeise servieren. Andere Mitglieder würden die Vorspeisen, die Suppe, den Salat und das Dessert mitbringen. Die Kosten sollten untereinander aufgeteilt werden.
Qwilleran trat dem Club bei und meldete sich freiwillig als Sommelier. Im Januar schließlich nahmen Polly und er an einem dieser Abendessen teil. Es fand im malerischen Farmhaus der Lanspeaks in West Middle Hummock statt. Zwölf Clubmitglieder versammelten sich im Wohnzimmer, tranken ihre Aperitifs und sprachen dabei über das Essen.
Mildred erzählte die Geschichte von ihrem ersten Koch-Erlebnis im Alter von elf Jahren. »Ich war zu Besuch bei meiner Tante und sah zu, wie sie zum Mittagessen Sandwiches mit Speck, Tomaten und Salat zubereitete. Als sie gerade den Speck briet, läutete das Telefon. Sie ging hinaus und rief mir zu: ›Laß den Speck nicht aus
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