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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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nie dabei erwischen.«
    Bis zum Empfang dieses Briefes hatte ich nicht gewußt, welcher Konfession Eisbär angehörte. Jetzt aber glaube ich es zu wissen. Wie oft macht er mir die Hölle heiß, indem er sich im Dunkel der Nacht, während ich tief schlafend in meinem Bett liege, in die Küche stiehlt und dort wie ein Berserker wütet, wobei er niemals vergißt, den sauber zugeschnürten Müllbeutel in Fetzen zu reißen. Wenn ich dann morgens mit ihm in die Küche gehe und fassungslos vor dem Trümmerfeld stehe, sieht er mich mit einem Blick an, in dem sich nichts anderes spiegelt als eine Kombination aus Verwunderung und Unschuld, und dazu zeigt seine Miene einen – wie ich meine – Ausdruck eiserner Entschlossenheit, in konzertierter Aktion mit mir die gesamte Wohnung nach dem Übeltäter zu durchsuchen.
    Wenn Eisbär seine Post aufgefressen hatte, pflegte er, wie ich bereits erzählte, ein Nickerchen zu machen, während ich mich nun meiner Post widmete. Das paßte mir vor allem dann gut, wenn ich es mit schwierigen Briefen zu tun hatte, da ich sicher war, daß gerade die ihm im Tiefsten seiner kleinen schwarzen Seele sehr gefallen würden. Einige dieser Briefe nämlich waren sehr kritisch, und er wäre bestimmt der Ansicht gewesen, diese Kritik geschehe mir ganz recht.
    Die Beanstandungen begannen häufig schon bei dem Namen, den ich Eisbär gegeben hatte.
    »Ich möchte mit diesem Brief wirklich nicht an Ihnen herumnörgeln«, schrieb mir eine Frau, »sondern ich schreibe Ihnen, weil ich glaube, daß Sie dringend Hilfe und Rat brauchen, damit Sie lernen, wie man eine Katze richtig benennt. Ich gestehe Ihnen zu, daß Sie versucht haben, zwischen der Farbe Ihrer Katze und dem Namen ›Eisbär‹ eine Verbindung herzustellen, da ja Eisbären im allgemeinen weiß sind; aber eine Katze nach einem anderen Tier zu benennen! Niemals! Das gehört sich einfach nicht.
    Wenn einen bei dem Bemühen, seiner Katze einen Namen zu geben, die Phantasie im Stich läßt, sollte man zu einem guten Konversationslexikon greifen. Schlagen Sie die Namen von Kaisern und Kaiserinnen, Königen und Königinnen nach. Katzen, und ganz besonders männliche Katzen, mögen große Namen, die Assoziationen zu Heldentaten herstellen.
    Wenn Sie unter den Monarchen nichts Akzeptables finden, suchen Sie bei den Künstlern weiter. Picasso beispielsweise ist ein sehr hübscher Name für eine scheckige Katze, während Mondrian besser zu einer zwei- oder dreifarbigen passen würde. Aber auch gegen so schlichte Namen wie John, James oder William ist nichts einzuwenden, im Gegenteil, sie haben etwas sehr Gediegenes. Ich hoffe sehr«, schloß die Schreiberin, »diese Tips werden Ihnen helfen. Was sollen denn die Freunde Ihres Katers denken, wenn sie hören, daß er ›Eisbär‹ gerufen wird? Da wäre es ja noch besser, Sie nennen ihn Dickerchen, denn dazu scheint er sich ja Ihrer Schilderung nach sehr schnell zu entwickeln.«
    Diese letzte persönliche Spitze fand ich ausgesprochen gemein – besonders da gerade zu jener Zeit Eisbär, der mehr als eine Woche lang jeden Tag eine herzhafte Geschenksendung verschlungen hatte, mehr denn je aus dem Leim gegangen war. Noch immer wie vor den Kopf geschlagen von diesem Brief, sah ich ihn an und hatte das unheimliche Gefühl, daß er sich über mein Mißvergnügen königlich amüsierte. Kein Wunder, er war ja auch nie stolz genug auf seinen Namen gewesen, um sich dazu herabzulassen, in Gegenwart anderer auf ihn zu reagieren – was, wie er sehr wohl wußte, für mich besonders peinlich war.
    Der nächste Brief war, wie ich mit Erleichterung sah, wesentlich höflicher. Eine Frau, die von dem Namen Eisbär offensichtlich nicht viel hielt, schlug mir taktvoll vor, meinen Kater doch »Wilhelm der Eroberer« zu nennen. Den Preis jedoch trug die Frau davon, die mir berichtete, daß sie einen ihrer Kater Samuel Moses Beauregard Napoleon Bonaparte König Tut I. getauft hatte. »Kurz Moses genannt«, wie sie hilfreich hinzufügte.
    Zum Abschluß noch den Auszug aus einem Brief, in dem ich auf eine Passage aus Ivy Compton-Burnetts Buch Mutter und Sohn aufmerksam gemacht wurde. Es geht hier um ein Gespräch zwischen den Damen Burke, Wolsey und Greatheart über Miß Wolseys Kater Plautus.
    »…als Miß Burke sie fragte, warum sie ihn Plautus getauft habe, meinte Miß Wolsey, weil er eben Plautus sei, den Geist des Plautus in sich trage. Und Miß Greatheart fügte hinzu, der menschliche Plautus sei ein römischer Schriftsteller

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