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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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gewesen, der ihres Wissens Stücke geschrieben habe. Allerdings keine sehr guten. ›Warum haben Sie den Kater nach ihm benannt?‹ fragte daraufhin Miß Burke. ›Nun, er hat auch keine guten Stücke geschrieben‹, antwortete Miß Wolsey.«
    Aber man kritisierte mich nicht nur wegen meiner Unüberlegtheit bei der Namensgebung, sondern auch wegen anderer Fehlverhalten, beispielsweise wegen meiner absoluten Unfähigkeit, Eisbär Tabletten zu verabreichen, die mich schließlich dazu trieb, ihm die bittere Pille im Zuge eines nächtlichen Überfalls mit Gewalt hineinzustopfen. Dafür erhielt ich eine strenge Zurechtweisung aus den eigenen Reihen, dem »Verein zur Bekämpfung von Grausamkeit gegenüber Tieren.« Sie erreichte mich in Form eines Briefs, der von Lia Albo unterzeichnet war, der Leiterin unseres New Yorker Rettungsdienstes.
    »Das ganze Dilemma kommt nur daher«, schrieb sie, »daß Sie sich nicht mental eingestellt haben. Man muß sich erst mental einstellen und fest daran glauben, daß das Werk gelingen wird. Wenn man das geschafft hat, überträgt sich diese mentale Einstellung auf die Katze.«
    Als sie sich freundlicherweise erbot, bei mir vorbeizukommen und höchstpersönlich Eisbär in ihren mentalen Bann zu schlagen, konnte ich schlecht in seinem Namen ablehnen. Gleich am folgenden Tag erschien also Mrs. Albo bei uns in der Wohnung. Nicht ohne gewisse Befürchtungen hob ich Eisbär auf und legte ihn ihr in die Arme. Sie hielt ihn fest an sich gedrückt, und ich störte sie nicht, während sie offensichtlich an ihrer mentalen Einstellung arbeitete. Als diese Arbeit abgeschlossen war, steckte sie ihm schnell und bestimmt die Tablette ins Maul und blies ihm gleichzeitig kräftig ins Gesicht. »Ihnen dabei kräftig ins Gesicht zu blasen«, erklärte sie mir, »ist ebenfalls sehr wichtig. Sie werden sehen, jetzt muß er einfach schlucken.«
    Eisbär jedoch, ob er nun unter Mrs. Albos mentalem Bann stand oder nicht, hatte offensichtlich noch nie erlebt, daß ihm jemand ins Gesicht blies. Würde ich sagen, daß es ihm nicht gefiel, so wäre das sehr milde ausgedrückt. Tatsache ist, daß er augenblicklich zurückblies, und zwar mitten in Mrs. Albos Gesicht. Er spitzte dabei sein kleines Maul so gekonnt, daß es wie ein Blasrohr wirkte. Und traf genau ins Schwarze. Die Tablette sauste Mrs. Albo pfeilgerade zwischen die Augen. Hinterher dankte ich ihr für ihre Bemühungen, fügte jedoch hinzu, daß ich es insgesamt gesehen für besser hielt, bei meinen nächtlichen Überfällen zu bleiben, ganz gleich, ob das meinen Kritikern paßte oder nicht.
    Um Mrs. Albo Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß ich sagen, daß es noch diverse andere Leute gab, die auf die Blas-und-schluck-Methode schworen. Eine Frau schrieb mir, ich solle mich nur nicht entmutigen lassen. »Ich habe seit meiner Kindheit immer Katzen gehabt«, berichtete sie, »aber bis zu meinem vierzigsten Lebensjahr habe ich es nicht geschafft, auch nur eine von ihnen dazu zu bringen, freiwillig eine Tablette zu schlucken. Der schlechteste Rat, den mir jemand gab, war, die Tablette auf den Radiergummi am Ende eines Bleistifts zu legen.«
    Das war wenigstens tröstlich. Hingegen unterwies mich ein langjähriger Manx-Katzen-Fan sehr ausführlich in einer, wie er behauptete, narrensicheren Methode, die anscheinend bei dem widerspenstigsten aller Kater namens Thumper Wunder gewirkt hatte:
    »Weiße Kater scheinen es wirklich in sich zu haben. Thumper ist ein goldäugiger weißer Manx-Kater, der jedesmal prompt die Maulsperre bekommt, wenn er hört, daß ich eine Pillenflasche entkorke. Aber nach vielen leidvollen Jahren habe ich endlich eine Methode entdeckt, ihn dazu zu bringen, seine Tabletten zu schlucken. Man muß ihn überlisten, und das ist nicht einfach. Ich muß mich buchstäblich auf ihn drauf setzen. Man praktiziert das besser nicht in Gegenwart anderer; man sieht nämlich dabei nicht gerade elegant aus. Also: Sie knien sich auf den Boden und stopfen sich Ihren Kater zwischen die Knie, so daß gerade noch sein Kopf zwischen Ihren Oberschenkeln herausschaut. Achten Sie darauf, daß Sie die Füße hinter sich fest geschlossen halten, damit er nicht nach rückwärts ausbüxen kann. Ich brauchte mehrere Probeläufe, ehe mir klar wurde, daß Katzen auch einen Rückwärtsgang haben. Dann ›setzen‹ Sie sich vorsichtig auf ihn, gerade so fest, daß er Ihnen nicht entwischen kann. Sie können ihn ablenken, indem Sie so tun, als wäre das ein neues

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