Die Katze namens Eisbär
ich buchstäblich keine Luft mehr bekam.«
Wieso er dann so sicher sei, wollte ich wissen, daß ich meine Wette gewinnen würde.
»Weil ich darüber hinweg bin«, erklärte er. »Vollkommen.«
Ob über seine Angebetete oder seine Allergie, fragte ich.
»Über die Allergie natürlich«, erwiderte er mit Entschiedenheit.
Ich versicherte ihm, ich sei aufs höchste gespannt.
»Die Sache ist etwas kompliziert«, erklärte er. »Am besten rufen Sie Maryann an.«
Maryann Lane war Telefonistin im »Athletic Club« und eine sehr nette Frau, die zu Hause neun Katzen und vier Hunde hatte. Am Abend rief ich sie an. Nachdem ich ihr mein Anliegen erklärt hatte, hörte ich, daß sie selbst, genau wie ihre Tochter Laura, einmal gegen Katzen allergisch gewesen war; dennoch lebte sie mit einer ganzen Schar von ihnen zusammen. Die beiden Frauen hatten, wie sie mir berichtete, einen Arzt nach dem anderen aufgesucht.
»Und jeder von ihnen riet uns, die Katzen wegzugeben.«
Schließlich jedoch waren sie an einen Arzt geraten, der ihnen empfahl, sich an einen Spezialisten für Erkrankungen der Atemwege am New Yorker Phelps Memorial Hospital zu wenden.
Und diesmal bekamen sie wirklich Hilfe.
»Sie können Ihre Katze ruhig behalten«, hatte der Arzt versichert. »Es liegt nicht an den Katzen, es liegt an Ihnen. Aber das werden wir schon hinkriegen.«
Damit drückte er Maryann und Laura zwei Flaschen in die Hand. Die erste enthielt ein Mittel namens Proventil, die zweite enthielt Vanceril. Beides waren Inhalationspräparate.
Der Arzt erklärte ihnen, sie sollten jedesmal vor Betreten von Räumen, in denen sich Katzen aufzuhalten pflegten, zwei Züge Proventil nehmen. Sollte sich dann dennoch eine allergische Attacke melden, so sollten sie zwei Züge von dem Vanceril nehmen.
Maryann und Laura hielten sich genau an die Anweisung, und es klappte. Heute müssen sie nur noch selten zu den Präparaten greifen, und nie wieder haben sie nach ihrer Einnahme einen ernsteren Anfall gehabt. Kein Wunder, daß beide seither von einem missionarischen Eifer beseelt waren, andere von der Wirksamkeit dieser Mittel zu überzeugen.
Als ich danach Maryann von meiner Wette erzählte und fragte, ob sie glaube, daß ich sie gewinnen könne, bejahte sie überzeugt. »Voraussetzung ist natürlich, daß Sie Ihre Bekannte dazu bringen können, die Mittel zu nehmen.«
Das, meinte ich, würde kein Problem sein. Medizin könnte ich jedem einflößen außer Eisbär.
Nachdem ich mir die Präparate besorgt hatte, beschloß ich, den Hausportier zu bitten, kurz bei mir anzuläuten, sobald meine Freundin eintraf. Ich wollte ihr dann in den Flur entgegengehen, um dafür zu sorgen, daß sie vor dem Betreten meiner Wohnung zwei Nasenvoll Proventil nahm.
Das Abendessen stand schon zum Warmhalten im Rohr, als es bei mir läutete. Ich öffnete nicht.
»Du kannst jetzt nicht hereinkommen«, rief ich durch die Tür. »Warte einen Moment und geh von der Tür weg. Ich komme gleich heraus.«
Als ich eilig die Tür öffnete, sah ich zu meiner Überraschung nicht meine Bostoner Freundin im Aufzug stehen, sondern den Eilboten. Er zeigte verständlicherweise eine gewisse Verwunderung, als er mir den an mich adressierten Expreßbrief überreichte.
Lia Albo, eine Mitarbeiterin des Tierschutz-Fonds, hatte ihn mir gesandt, wie ich sah, als ich ihn aufriß. Der Text des Schreibens, sauber getippt, war kurz und lautete:
Chinesische Kräuterkur gegen Katzenallergie
1/4 Unze koreanische Ginsengwurzel
1/4 Unze weiße Morcheln
1/4 Unze wei-shan
Im Keramikgefäß mit drei bis vier Tassen Wasser kochen, bis die Flüssigkeit auf zwei bis drei Tassen eingedickt ist.
Durchseihen und trinken.
Kann heiß und kalt getrunken werden – je nach Geschmack auch mit Zucker.
Muß täglich getrunken werden.
Es klang faszinierend, kam aber leider für meine Zwecke viel zu spät, da es sich offensichtlich um eine längerfristige Kur handelte. Damit hätte ich schon Tage vorher anfangen müssen, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß meine Bostoner Freundin, auch wenn sie normalerweise für jeden Spaß zu haben war, an diesem Trank Geschmack gefunden hätte. Dennoch hätte ich gern gewußt, ob dies tatsächlich Lia Albos eigenes Rezept war. Darum rief ich sie gleich an.
»Nein«, antwortete sie auf meine Frage, »von mir ist das nicht.«
Von wem dann? wollte ich wissen, worauf zunächst einmal ein längeres Schweigen folgte. Schließlich sagte Lia: »Wenn Sie es in Ihr Buch aufnehmen
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