Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
Vom Netzwerk:
halfen ihm indes weiter; und es war ermutigend für ihn, hin und wieder das Zeichen eines Lavasammlers unbeholfen in den bröckeligen Stein eingekratzt zu finden und zu wissen, daß gesunde, menschliche Wesen vor ihm hier gewesen waren. Ab einer gewissen Höhe zeugten nach Bedarf eingeschlagene Handund Fußlöcher ebenso von menschlicher Gegenwart wie kleinere Steinbrüche und Ausgrabungen dort, wo man auf eine reiche Lavaader oder gar einen Strom gestoßen war. An einer Stelle hatte man kunstvoll einen schmalen Sims ausgehauen, über den man zu einem besonders reichen Vorkommen rechts der Hauptaufstiegsroute gelangte. Einoder zweimal wagte es Carter, sich umzuschauen und wurde fast von der ausgebreiteten Landschaft überwältigt.

    Der gesamte Inselstreifen zwischen ihm und der Küste lag offen vor seinem Blick, mit Bahamas Steinterrassen und dem Rauch seiner Schornsteine mystisch im Hintergrund. Und jenseits davon das grenzenlose Süd-Meer mit all seinen wunderlichen Geheimnissen.

    Bis jetzt hatte sich der Weg dicht am Berg entlanggewunden, sodaß die abgelegene und behauene Flanke noch immer verborgen blieb. Carter entdeckte nun einen nach links aufsteigenden Sims, der in die gewünschte Richtung zu führen schien, und diesen Pfad schlug er in der Hoffnung ein, daß er sich als kontinuierlich erwies. Nach zehn Minuten erkannte er, daß er wirklich keine Sackgasse gewählt hatte, sondern daß der Weg in einem steilen Bogen weiterlief und ihn endete er nicht unvermittelt oder wechselte seinen bisherigen Verlauf nach einer Stunde Kletterei zu jenem unbekannten Südhang bringen mußte, der nur die desolaten Klippen und das verfluchte Lavatal überschaute. Als unter ihm neues Land auftauchte, sah er, daß es kahler und wilder war, als die seewärts liegenden Landstriche, die er durchquert hatte. Auch die Berghalde bot ein etwas anderes Bild; sie war hier von merkwürdigen Höhlen und Spalten durchsetzt, die auf dem direkten Weg, den er verlassen hatte, fehlten. Einige lagen über und einige unter ihm, alle öffneten sich auf schiere, lotrechte Kliffe und waren für Menschen unerreichbar. Die eiskalte Luft störte Carter nicht, denn das Klettern strengte sehr an. Nur daß sie immer dünner wurde, bereitete ihm Sorge, und er überlegte, ob hierin nicht vielleicht die Ursache für die Schwindelanfälle anderer Reisender und die daraus erwachsenden, absurden Geschichten über die Dunkel-Dürren zu sehen war, mit denen sie das Verschwinden jener Kletterer erklärten, die von diesen gefahrvollen Pfaden abstürzten. Die Erzählungen der Reisenden beeindruckten ihn nicht sonderlich, und für den Fall, daß es Schwierigkeiten geben sollte, trug er einen guten Krummsäbel bei sich. Alle nebensächlichen Gedanken verloren sich in dem Wunsch, jenes gemeißelte Gesicht zu sehen, das ihn möglicherweise auf die Spur der Götter oben auf dem unbekannten Kadath setzte.

    In der furchtbaren Kälte der oberen Bergregion schließlich fand er sich der geheimnisumwitterten Seite des Ngranek gegenüber, und sah in unendlichen Abgründen unter sich die kleinen Klippen und sterilen Lavaschlünde, die vom alten Zorn der Großen kündeten. Nach Süden zu dehnte sich eine gewaltige Landfläche; aber die Gegend war wüst und ohne freundliche Felder oder Cottagekamine, und sie schien kein Ende nehmen zu wollen. In dieser Richtung fehlte jede Spur vom Meer, denn Oriab ist eine große Insel.

    In den fast vertikalen Abstürzen gähnten weiterhin zahllose schwarze Kavernen und unheimliche Spalten, aber für einen Kletterer waren sie unerreichbar. Oben ragte jetzt ein mächtiger Felsüberhang, der den Blick versperrte, und Carter wurde einen Moment lang von der Furcht befallen, daß er unüberwindlich sei. In dieser windgepeitschten Ungewißheit, Meilen über der Erde, mit nichts als leerem Raum und Tod auf einer und glatten Felswänden auf der anderen Seite, durchlebte er für Augenblicke die Angst, die die Menschen die verborgene Seite des Ngranek meiden läßt. Umkehren konnte er nicht, denn die Sonne stand bereits tief am Horizont. Führte kein Weg hinauf, würde ihn die Nacht noch immer hier kauern finden und die Morgenfrühe gar nicht mehr.

    Aber es gab einen Weg, und er entdeckte ihn rechtzeitig. Nur ein äußerst erfahrener Träumer hätte diese unmerklichen Felsvorsprünge zu nutzen verstanden, doch für Carter reichten sie aus. Nachdem er den überhängenden Felsen bezwungen hatte, stellte er fest, daß der darüberliegende Hang wesentlich

Weitere Kostenlose Bücher