Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen
Ufer des Yath-Sees zu jenem Gebiet des Landesinnern auf, in dem sich der steinige Ngranek türmt. Zu seiner Rechten wellten sich Hügel, gefällige Obstgärten und blitzblanke, kleine Steinfarmhäuser, und dieser Anblick erinnerte ihn eindringlich an die fruchtbaren Felder, die den Skai flankieren.
Gegen Abend befand er sich nahe der namenlosen, antiken Ruinen am jenseitigen Ufer des Yath-Sees, und obwohl ihn erfahrene Lavasammler davor gewarnt hatten, hier nachts zu kampieren, band er sein Zebra an einer merkwürdigen Säule vor einer zerbröckelnden Mauer an und breitete seine Decke in einem geschützten Winkel unter irgendwelchen Steingravuren aus, deren Bedeutung niemand entziffern konnte. Er wickelte sich in eine zweite Decke, denn die Nächte Oriabs sind kalt; und als er beim Aufwachen einmal glaubte, die Flügel eines Insektes zu spüren, das sein Gesicht streifte, zog er den Kopf ganz unter die Decke und schlief friedlich weiter, bis ihn die Magahvögel in den fernen Harzwäldchen weckten.
Die Sonne war eben erst über dem großen Abhang aufgegangen, von dem sich meilenweit uralte Ziegelfundamente, abgetragene Mauern und dazwischen geborstene Säulen und Piedestale desolat bis ans Ufer des Yath-Sees zogen, und Carter blickte sich nach seinem Zebra um. Groß war seine Bestürzung, als er das zahme Tier neben der merkwürdigen Säule, an der er es angeleint hatte, niedergestreckt fand, und seine Verwirrung wuchs noch, als er feststellte, daß das Reittier tot und bis auf den letzten Blutstropfen ausgesaugt war, und zwar durch eine einzige Wunde am Hals. Sein Gepäck hatte man durchwühlt und einigen glitzernden Schnickschnack mitgenommen, und ringsum auf der staubigen Erde entdeckte er die großen Abdrücke von Schwimmfüßen, für die er sich keine Erklärung wußte. Die Legenden und Warnungen der Lavasammler fielen ihm ein, und er dachte an das, was nachts sein Gesicht gestreift hatte. Dann schulterte er sein Gepäck und marschierte dem Ngranek zu, doch nicht ohne leises Schaudern, als dicht an der durch die Ruinen verlaufenden Straße tief in der Mauer eines alten Tempels ein Gewölbe gähnte, dessen Stufen weiter in die Dunkelheit hinabführten, als er spähen konnte.
Sein Weg stieg jetzt bergan durch eine wildere und teilweise waldige Landschaft, und er traf nur auf Köhlerhütten und die Lager derjenigen, die in den Hainen das Harz sammelten. Die Luft duftete balsamisch, und alle Magahvögel zwitscherten vergnügt, als sie ihr siebenfarbiges Gefieder in der Sonne strahlen ließen. Kurz vor Sonnenuntergang erreichte er ein neuerrichtetes Lager der Lavasammler, die mit prallgefüllten Säcken von den unteren Hängen des Ngranek zurückkehrten; und hier kampierte auch er, vernahm die Lieder und Geschichten der Männer und belauschte, was sie über einen Gefährten flüsterten, den sie verloren hatten. Er war hoch hinaufgeklettert, um an einen Brocken feinster Lava heranzukommen, und bei Einbruch der Nacht nicht zu seinen Kameraden zurückgekommen. Als sie ihn am nächsten Tag suchten, fanden sie nur seinen Turban, und auch unten zwischen den Klippen fehlte jedes Anzeichen dafür, daß er abgestürzt war. Sie forschten nicht weiter nach ihm, denn ein alter Mann aus ihrer Mitte meinte, es wäre zwecklos. Keiner würde je das finden, was die Dunkel-Dürren holten, obwohl diese Bestien selbst so zweifelhaft seien, daß sie fast schon fabulös wären. Carter erkundigte sich bei ihnen, ob Dunkel-Dürre Blut saugten, glitzernde Sachen liebten und Abdrücke von Schwimmfüßen hinterließen, aber alle schüttelten verneinend die Köpfe und schienen von seiner Nachforschung erschreckt. Als er merkte, wie wortkarg sie geworden waren, gab er es auf, weitere Fragen zu stellen und legte sich unter seiner Decke schlafen.
Am nächsten Tag stand er mit den Lavasammlern auf und tauschte Abschiedswünsche mit ihnen, als sie nach Westen ritten, und er, auf einem Zebra, das er ihnen abkaufte, gen Osten. Die alten Männer erteilten ihm ihren Segen und ihre Ermahnungen und rieten ihm, besser nicht zu hoch auf den Ngranek zu klimmen, aber obwohl er sich herzlich bei ihnen bedankte, wurde er in seinem Entschluß doch kein bißchen wankelmütig. Denn er fühlte noch immer, daß er die Götter auf dem unbekannten Kadath finden und ihnen einen Weg zu jener bezaubernden und wunderbaren Stadt im Sonnenuntergang abgewinnen mußte. Nach einem ausgedehnten Ritt bergan gelangte er mittags zu mehreren verlassenen Ziegeldörfem der
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