Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen
besprachen, daß Carter merkte, daß sie viele versteckte Erinnerungen an ihre Vorfahren, die Großen, bewahrten. Sie fragten ihn wohin erginge, und warnten ihn davor, nicht zu weit in den Norden vorzudringen; doch er antwortete, er sei auf der Suche nach neuen Onyxklippen und würde keine größeren Risiken eingehen als unter Prospektoren üblich wäre. Am Morgen sagte er ihnen adieu und ritt in den sich verdunkelnden Norden, wo er, wie sie ihm angekündigt hatten, den gefürchteten und gemiedenen Onyxbruch finden würde, aus dem Hände, älter als die des Menschen, ungeheure Blöcke gebrochen hatten. Aber es behagte ihm nicht, daß er, als er sich zu einem letzten Abschiedswinken umdrehte, zu sehen glaubte, wie sich dem Lager jener untersetzte und schwerzufassende Kaufmann mit den Schielaugen näherte, dessen mutmaßlicher Handel mit Leng das Gerücht im fernen Dylath-Leen war.
Nach abermals zwei Onyxbrüchen schien der bewohnte Teil Inquanoks zu enden, und die Straße verengte sich zu einem steil ansteigenden Yakpfad zwischen widerwärtig schwarzen Klippen. Immer zur Rechten türmten sich die kahlen und fernen Gipfel, und als Carter weiter und weiter in dies unbekannte Reich hinaufkletterte wurde es dunkler und kälter. Bald stellte er fest, daß der schwarze Pfad unten weder Fußnoch Hufabdrücke aufwies, und er begriff, daß er tatsächlich auf sonderbare und verlassene Wege der Vorzeit gestoßen war. Hin und wieder krächzte ein Rabe hoch in der Luft, und dann und wann ließ ihn ein Flappen hinter irgendeinem gewaltigen Felsen voll Unbehagen an den geheimnisumwitterten Shantak-Vogel denken. Doch ansonsten war er allein mit seinem zottigen Reittier, und es bedrückte ihn, daß dieser exzellente Yak immer widerstrebender vorwärts ging und auf das kleinste Geräusch längs des Weges zunehmend mit ängstlichem Schnauben reagierte. Der Steig zwängte sich jetzt zwischen schwarzen und glitzernden Wänden und gewann noch mehr an Steilheit. Er gewährte schlechten Halt, und der Yak glitt häufig auf den dickgestreuten Steinsplittem aus. Nach zwei Stunden sah er voraus einen letzten Kamm liegen, hinter dem sich nur noch ein stumpfgrauer Himmel spannte, und er pries die Aussicht auf einen flachen oder abschüssigen Weg. Diesen Kamm jedoch zu erreichen erwies sich als nicht einfach, denn der Weg stieg fast lotrecht an, und schwarze, lose Kiesel und kleine Steine machten ihn gefährlich. Schließlich rutschte Carter aus dem Sattel und führte seinen unsicheren Yak am Zügel; bockte oder strauchelte das Tier, mußte er mit aller Kraft ziehen und dabei noch achtgeben, daß er nicht selbst den Halt verlor. Plötzlich stand er dann auf dem Bergkamm und wurde dessen gewahr was dahinter lag, und dieser Anblick raubte ihm den Atem.
Der Pfad verlief wahrhaftig in einer leicht geneigten Geraden und genauso von hohen natürlichen Wänden gesäumt wie bisher; aber linker Hand öffnete sich ein monströser Raum, unzählige Morgen weit, wo eine archaische Kraft die gewachsenen Onyxklippen zu einem Riesensteinbruch aufgebrochen und gespalten hatte. Weit hinein in die soliden Klippen grub sich diese titanische Höhlung, und ganz tief im Gedärm der Erde gähnten ihre untersten Löcher. Es war kein Steinbruch der Menschen, und die konkaven Seiten trugen yardbreit quadratisch klaffende Narben, die die Größe der hier von namenlosen Händen und Meißeln einst herausgehauenen Blöcke bezeugten. Hoch über dem Rand flatterten und krächzten gewaltige Raben, und ein vages Geschwirr in den unsichtbaren Tiefen kündete von Fledermäusen oder unnennbareren Erscheinungen, die die endlose Schwärze heimsuchten. Da stand Carter auf dem engen Weg im Zwielicht, vor sich den steinigen, abfallenden Pfad; rechter Hand hohe Onyxklippen so weit sein Blick reichte, und hohe Klippen zur Linken, die unmittelbar vor ihm zu jenem furchtbaren und nicht irdischen Steinbruch aufgerissen worden waren.
Ganz plötzlich brüllte der Yak, brach aus, drängte an Carter vorbei und stürmte panisch davon, bis er auf dem schmalen Weg nach Norden zu verschwand. Von seinen trommelnden Hufen hochgewirbelte Steine kollerten über die Kante des Steinbruchs und verloren sich ohne Aufschlaggeräusch in der Schwärze; aber Carter ignorierte die Gefahren des Engpfades, als er atemlos dem fliehenden Reittier hinterhereilte. Bald erhoben sich links wieder die gewohnten Klippen und preßten den Weg erneut zu einem schmalen Steig zusammen; und noch immer eilte der Reisende dem
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