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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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möglichen Handelswaren der dort ankernden Galeeren; während an einem Ende große Halden bearbeiteten und unbearbeiteten Onyx darauf warteten, nach den fernen Häfen von Rinar, Ograthan und Celephais verschilft zu werden. Noch ehe der Abend richtig anbrach, warf das dunkle Schiff neben einem ausladenden Steinkai Anker, und alle Matrosen und Händler marschierten an Land und unter dem Bogentor hindurch in die Stadt. Die Straßen dieser Stadt waren mit Onyx gepflastert und manche breit und gerade, andere hingegen eng und krumm.

    Die Häuser dicht am Wasser waren niedriger als die übrigen und wiesen über ihren kurios gewölbten Torwegen gewisse goldene Zeichen auf, wie es hieß zu Ehren der jeweiligen kleinen Götter, die jeder für sich favorisierte.

    Der Kapitän des Schiffes brachte Carter in eine alte Hafentaverne, wo die Seefahrer wunderlicher Länder beisammenhockten, und versprach ihm am nächsten Tag die Wunder der Zwielichtstadt zu zeigen und ihn in die Tavernen der Onyxbergleute an der Nordmauer zu führen. Und der Abend senkte sich herab, und kleine Bronzelampen wurden entzündet, und die Seeleute in jener Taverne sangen Lieder von entfernten Stätten. Doch als die große Glocke von ihrem hohen Turm über die Stadt zitterte, und der Schall der Homer und Bratschen und Stimmen ihr Antwort gab, unterbrachen alle ihre Lieder oder Geschichten und verneigten sich schweigend, bis das letzte Echo erstarb. Denn über der Dämmerstadt von Inquanok liegt ein Wunder und eine Sonderbarkeit, und die Menschen hüten sich, in ihren Riten nachlässig zu sein, aus Furcht vor einem Verhängnis und einer Strafe, die unvermutet nahe lauem könnten.

    Tief in den Schatten dieser Taverne sah Carter eine untersetzte Gestalt, die ihm mißfiel, denn es war unverwechselbar die des alten, schieläugigen Kaufmannes, dem er vor so langer Zeit in den Tavernen von Dylath-Leen begegnet war, und der in dem Ruf stand, mit den schrecklichen Steindörfem von Leng Handel zu treiben, welche kein getroster Mensch besucht; ja, er sollte sogar mit jenem unsäglichen Hohenpriester Geschäfte gemacht haben, der eine gelbe Seidenmaske vor dem Gesicht trägt und ganz allein in einem prähistorischen Steinkloster lebt. Dieser Mann schien ein merkwürdig wissendes Gesicht gemacht zu haben, als Carter die Händler von Dylath-Leen nach der kalten Öde und dem Kadath fragte; und irgendwie wirkte seine Gegenwart im dunklen und verhexten Inquanok, so nahe der Wunder des Nordens, nicht eben beruhigend. Bevor Carter mit ihm sprechen konnte, war er völlig verschwunden, und die Seeleute erzählten später, er wäre aus einer nur ungenau bezeichneten Gegend mit einer Yak-Karawane gekommen, die als Fracht die kolossalen und besonders wohlschmeckenden Eier des sagenhaften Shantak-Vogels mitführte, um sie gegen die kunstvollen Jadepokale zu tauschen, die Händler aus Ilarnek brachten.

    Am folgenden Morgen führte der Schiffskapitän.Carter durch die Onyxstraßen von Inquanok, die schwarz unter dem zwielichtigen Himmel lagen. Die getäfelten Türen und figurengeschmückten Häuserfronten, die gemeißelten Balkone und kristallverglasten Erker, alles schimmerte mit einer düsteren und polierten Lieblichkeit; und dann und wann tat sich eine Plaza auf mit schwarzen Säulen, Kolonnaden und den Statuen wunderlicher, menschlicher wie fabulöser Wesen. Manche der Ausblicke auf lange und schnurgerade Straßen, in Nebengäßchen oder über Zwiebelkuppeln, Spitztürme und arabeskenverzierte Dächer waren über alle Beschreibung unirdisch und schön; und nichts war herrlicher als die eindrucksvolle Höhe des großen Zentraltempels der Älteren, mit den sechzehn behauenen Seiten, dem abgeflachten Dom und seinem zinnengeschmückten Glockenturm, alles andere überragend und bei jedem Vordergrund majestätisch anzuschauen.

    Und im Osten, weit jenseits der Stadtmauern und den Meilen Weidelandes ragten immer die hageren, grauen Flanken jener unermeßlich hohen und ungangbaren Gipfel, hinter denen das gräßliche Leng liegen sollte. Der Kapitän brachte Carter zu dem mächtigen Tempel, der mit seinem umwallten Garten auf einem weiten Rundplatz liegt, von dem die Straßen wie Speichen von einer Radnabe ausgehen. Die sieben Bogentore dieses Gartens, jedes trägt ein ebensolches gemeißeltes Gesicht wie die einzelnen Stadttore, stehen fortwährend offen, und die Leute durchstreifen ehrfürchtig nach Belieben die geziegelten Pfade und kleinen Sträßchen, die von grotesken Tennen und

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