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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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den Schreinen einfacher Götter gesäumt sind. Und es gibt dort Fontänen, Teiche und Bassins, in denen sich die Flammenzungen aus den Dreifüßen auf dem Hochbalkon spiegeln; ganz aus Onyx sind sie und beherbergen kleine leuchtende Fische, die Taucher aus den tiefen Gründen des Ozeans mitgebracht haben. Wenn der tiefe Klang vom Glockenturm des Tempels über den Garten und die Stadt zittert und die Antwort der Hörner und Bratschen und Stimmen aus den sieben Häuschen bei den Gartentoren schallt, treten aus den sieben Toren des Tempels lange Reihen schwarzgekleideter, maskierter und kapuzenverhüllter Priester, die mit ausgestreckten Armen große goldene Becken vor sich hertragen, denen ein merkwürdiger Rauch entsteigt. Und alle sieben Reihen stolzieren in einem absonderlichen Gänsemarsch, mit gestreckten, weit nach vom geworfenen Beinen, die Wege hinunter, die zu den sieben Häuschen führen, in denen sie verschwinden und nicht wieder zum Vorschein kommen. Es heißt, daß unterirdische Gänge die Häuschen mit dem Tempel verbinden, und daß die Züge der Priester durch sie zurückkehren; man munkelt auch, daß tiefe Onyxtreppenfluchten zu nie erwähnten Mysterien hinabführen.

    Aber es sind nur wenige die andeuten, daß die Priester in den maskierten und kapuzenverhüllten Reihen keine menschlichen Wesen sind. Carter betrat den Tempel nicht, denn dies ist einzig dem Verschleierten König gestattet.

    Doch ehe er den Garten verließ, kam die Stunde der Glocke, und er hörte den zitternden Klang betäubend über sich und das Klagen der Homer und Bratschen und Stimmen aus den sieben Häuschen bei den Toren. Und die sieben breiten Wege hinunter stakten in ihrer eigentümlichen Art die langen Reihen beckentragender Priester und flößten dem Reisenden eine Furcht ein, die menschliche Priester selten vermitteln. Als der letzte von ihnen verschwunden war, verließ er den Garten und bemerkte unterwegs einen Fleck auf dem Ziegelpflaster über das die Becken getragen worden waren.

    Selbst dem Schiffskapitän gefiel dieser Fleck nicht, und er drängte Carter zu dem Hügel, auf dem sich der Palast des Verschleierten Königs vielkuppelig und wunderbar erhebt.

    Die Wege hinauf zum Onyxpalast sind steil und eng, ausgenommen der eine, breite, geschwungene über den der König und seine Gefährten auf Yaks reiten oder in yakgezogenen Triumphwagen fahren. Carter und sein Führer klommen eine Stufenallee empor, zwischen Mosaikwänden, die seltsame goldene Siglen trugen und unter Balkonen und Erkern hindurch, denen manchmal sanfte Musik oder ein Hauch exotischen Wohlgeruchs entströmte.

    Voraus ragten immer jene Titanenwälle, mächtigen Strebepfeiler und dichtgedrängten Zwiebelkuppeln für die der Palast des Verschleierten Königs berühmt ist; und schließlich schritten sie unter einem großen schwarzen Bogen weg und standen in den Lustgärten des Monarchen. Hier hielt Carter von soviel Schönheit betäubt inne; denn die Onyxterrassen und Kolonnadengänge, die geputzten Portieren und delikat blühenden, mit goldenen Spaliergittern versehenen Bäume, die ehernen Urnen und Dreifüße mit kunstvollen Basreliefs, die piedestalgetragenen, beinahe lebensechten Statuen aus geädertem schwarzen Marmor, die gekachelten, von Leuchtfischen bevölkerten Fontänen der basaltgrundigen Lagune, die winzigen Tempel irisierender Singvögel oben auf den gemeißelten Säulen, die wundervollen Schnörkelverzierungen der großen Bronzetore und das blühende Weinlaub, das sich über jeden Zoll der polierten Mauer rankte, alles verschmolz zu einem Anblick, dessen Lieblichkeit jenseits der Realität lag und der sogar im Land des Traumes halb fabulös wirkte. Dort schimmerte er wie eine Vision unter dem Dämmerhimmel mit der kuppeligen und ornamentalen Pracht des Palastes voraus und der phantastischen Silhouette der fernen, unbezwingbaren Gipfel zur Rechten.

    Und fortwährend sangen die kleinen Vögel und die Fontänen, während das Parfüm rarer Blüten sich wie ein Schleier über diesen unglaublichen Garten breitete. Andere menschliche Wesen ließen sich nicht sehen, und Carter freute sich, daß es so war. Dann kehrten sie um und stiegen die Allee aus Onyxstufen wieder hinab, denn den Palast selbst darf kein Besucher betreten; und es ist nicht gut, den großen Zentraldom zu lange und unverwandt anzuschauen, denn in ihm soll der archaische Vater aller sagenumwobenen Shantak-Vögel hausen und den Neugierigen eigentümliche Träume

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