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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Verfechter die niederen Triebe mit einer Heiligkeit zu vergolden suchten, die sieden, von ihnen außer Dienst gestellten Idolen geraubt hatten.

    Er sah, daß die meisten von ihnen dem Trugschluß, das Leben besäße außer dem Sinn, den die Menschen hineinträumen, noch einen anderen, nicht zu entgehen vermochten; und auch den kruden Begriff einer über die Schönheit hinausgehenden Ethik und Verpflichtung nicht ablegen konnten, obwohl doch die gesamte Natur ihre Unbewußtheit und impersonelle Unsittlichkeit im Licht ihrer wissenschaftlichen Entdeckungen geradezu herauskreischte.

    Durch vorgefaßte Illusionen über Gerechtigkeit, Freiheit und Beständigkeit entartet und bigott geworden, warfen sie mit dem alten Glauben gleichfalls die alten Lehren und Gebräuche fort; ohne auch nur eine Sekunde zu bedenken, daß eben diese Lehren und Gebräuche die alleinigen Schöpfer ihrer gegenwärtigen Gedanken und Urteile waren sowie die einzigen Richtlinien und Maßstäbe in einem sinnlosen Universum ohne bestimmte Ziele oder feste Bezugspunkte. Nachdem sie dieses künstlichen Hintergrundes verlustig gegangen waren, verlief ihr Dasein orientierungslos und ohne dramatisches Interesse; und schließlich bemühten sie sich, ihren ennui in Betriebsamkeit und angeblicher Nützlichkeit, Lärm und Erregung, barbarischer Schaustellung und animalischen Empfindungen zu ertränken.

    Als diese Dinge ihren Reiz einbüßten, enttäuschten oder aus Überdruß langweilig wurden, kultivierten sie Ironie und Bitterkeit, und spürten Fehler in der sozialen Ordnung auf. Es wurde ihnen nie bewußt, daß ihre rohen Fundamente ebenso schwankend und widersprüchlich waren, wie die Götter ihrer Vorfahren, und daß die Befriedigung eines Augenblicks das Gift des nächsten ist. Ruhige, beständige Schönheit gewährt nur der Traum, und diesen Trost hatte die Welt weggeworfen, als sie in ihrer Anbetung des Realen die Geheimnisse der Kindheit und Unschuld wegwarf.

    Inmitten dieses Chaos aus Heuchelei und Unrast bemühte sich Carter, ein Leben zu führen, wie es einem Mann mit scharfem Verstand und guten Erbanlagen geziemte. Da seine Träume unter dem Spott des Zeitalters verwelkten, konnte er an nichts glauben, und nur die Liebe zur Harmonie ließ ihn die Sitten seines Geschlechts und Standes wahren. Er schritt unbewegt durch die Städte der Menschen und seufzte, weil ihm kein Anblick völlig real schien, und weil ihn jeder Sonnenstrahl, der auf hohen Dächern blitzte und jeder flüchtige Blick, den er aufgeländerumsäumte Plazas im ersten abendlichen Lampenschein warf, nur an Träume erinnerte, die er einst gekannt hatte und Heimweh nach ätherischen Ländern empfinden ließ, die er nicht länger zu finden verstand. Reisen geriet zum blanken Hohn; und sogar der Weltkrieg berührte ihn kaum, obwohl er vom ersten Tag an in der französischen Fremdenlegion diente. Eine Zeitlang bemühte er sich um Freunde, doch bald schon wurde er der Rohheit ihrer Gefühle und der Eintönigkeit und Weltlichkeit ihrer Visionen überdrüssig. Irgendwie war er froh, daß alle seine Verwandten weit fort lebten und keinerlei Verbindung zu ihm unterhielten, denn sie würden sein geistiges Leben nicht verstanden haben. Das heißt, nur sein Großvater und sein Großonkel Cristopher hätten dies gekonnt, und die waren lange tot.

    Dann begann er Bücher zu schreiben, womit er aufgehört hatte, als seine Träume zum erstenmal ausblieben. Doch auch hierin fand er weder Befriedigung noch Erfüllung; denn auf seinem Geist lag ein Hauch des Irdischen, und er vermochte nicht, an schöne Dinge zu denken, so wie er es vormals gekonnt hatte. Ironie riß alle Zwielichtminarette nieder, die er erbaute, und die irdische Furcht vor dem Unmöglichen verdorrte alle delikaten und erstaunlichen Blumen seiner Feengärten. Die Konvention, Mitleid zu heucheln, goß Empfindsamkeit über seine Figuren, während der Mythos einer wichtigen Realität und bedeutender menschlicher Ereignisse und Gefühle seine ganzen hohen Phantasien zu dürftig verschleierten Allegorien und billigen Gesellschaftssatiren erniedrigte. Seine neuen Romane hatten mehr Erfolg als seinen alten jemals beschieden war; und da er wußte, wie nichtig sie sein mußten, um einer nichtigen Masse zu gefallen, verbrannte er sie und schrieb nicht mehr. Es waren ganz reizende Romane, in denen er sich weltmännisch über die Träume amüsierte, die er mit leichter Hand skizzierte; aber er merkte, daß ihnen ihre Spitzfindigkeiten alles

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