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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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vernahm Carter ihren vertrauten, freundlichen Ruf, und er dachte an die steilen Dächer, die warmen Herdstellen und die kleinen, erleuchteten Fenster zu Hause.
    Carter verstand viel von der Katzensprache, und an diesem fernen und schrecklichen Ort stieß er den entsprechenden Schrei aus. Doch das hätte er gar nicht zu tun brauchen, denn gerade als sich seine Lippen öffneten, hörte er den Chor anwachsen und näherkommen und sah flinke Schatten gegen die Sterne, als kleine anmutige Gestalten von Berg zu Berg sprangen. Der Ruf des Clans war ergangen, und ehe die widerwärtige Prozession noch Zeit zur Furcht fand, brach auch schon eine erstickende Fellwolke und eine Phalanx mörderischer Klauen wie eine Sturzflut und ein Sturm über sie herein. Die Flöten 26
    verstummten, und Schreie hallten durch die Nacht. Sterbende Fastmenschliche kreischten, und Katzen fauchten und jaulten und brüllten, nur die Krötenwesen gaben keinen Laut von sich, als ihr stinkendes, grünes Blutwasser fatal auf den porösen Boden mit den obszönen Pilzen niedertropfte.
    Solange die Fackeln brannten, bot sich ein erstaunliches Bild, und nie zuvor hatte Carter so viele Katzen gesehen. Schwarze, graue und weiße; gelbe, getigerte und bunte; gewöhnliche Hauskatzen, Perser− und Manx−, Tibet−, Angora− und Ägypterkatzen, alle waren sie da in der Raserei der Schlacht, und über ihnen schwebte ein Hauch jener profunden und unentweihten Heiligkeit, die ihre Gottheit in den Tempeln von Bubastis groß machte. Zu siebt fuhren sie einem Fastmenschlichen an die Kehle oder sprangen einem Krötenwesen ans blaßrote Tentakelmaul und zerrten es reißend zu Boden, wo eine Myriade ihrer Gefährten mit den wahnsinnigen Zähnen und Krallen einer göttlichen Schlachtenfurie darüber herfiel. Carter hatte einem niedergestreckten Sklaven die Fackel abgenommen, wurde jedoch bald von den wogenden Wellen seiner getreuen Verteidiger überwältigt. Dann lag er in völliger Finsternis und hörte den Kriegslärm und die Rufe der Sieger, und spürte die sanften Pfoten seiner Freunde, als sie im Kampfgetümmel kreuz und quer über ihn hineilten.
    Zuletzt verschlossen ihm Scheu und Erschöpfung die Augen, und als er sie wieder aufschlug, erblickte er eine wunderliche Szenerie. Der gewaltige, leuchtende Diskus der Erde, dreizehnfach größer als sich uns Menschen die Scheibe des Mondes darbietet, war mit geisterhaften Lichtfluten über der lunaren Landschaft aufgegangen; und auf den meilenweiten, öden Plateaus und zerklüfteten Bergkämmen kauerte ein endloses Meer von Katzen in wohlgeordneter Schlachtreihe. Ring schloß sich an Ring, und zwei oder drei der Heerführer leckten sein Gesicht und schnurrten ihm tröstend zu. Von den toten Sklaven und den Krötenwesen fehlte beinahe jede Spur, aber Carter glaubte ein wenig abseits, in dem freien Raum zwischen sich und den Kriegern, einen Knochen zu sehen.
    Carter redete jetzt mit den Anführern in der weichen Sprache der Katzen und erfuhr, daß seine alte Freundschaft mit der Rasse wohlbekannt war und an den Versammlungsplätzen der Katzen oft erwähnt wurde. Er war nicht unbemerkt geblieben, als er durch Ulthar ging, und die geschmeidigen alten Katzen hatten sich erinnert, wie er sie streichelte, nachdem sie sich der hungrigen Zoogs angenommen hatten, die ein kleines schwarzes Kätzchen boshaft ansahen. Und sie entsannen sich auch daran, wie er eben dies kleine Kätzchen, das ihn im Gasthof besuchen kam, aufgenommen und ihm morgens, bevor er aufbrach, ein Schälchen fetter Sahne hingestellt hatte. Der Großvater besagten ganz winzigen Kätzchens war der Anführer der jetzt versammelten Armee, denn er hatte die schlimme Prozession von einem fernen Berg aus entdeckt und in dem Gefangenen den eingeschworenen Freund seiner Rasse auf der Erde und im Land des Traums erkannt.
    Von einem entfernten Gipfel ertönte jetzt ein Geheul, und der alte Anführer hielt abrupt in seiner Rede inne. Es war einer der Vorposten der Armee, auf dem höchsten Berg stationiert, um nach dem einzigen Feind Ausschau zu halten, den die Katzen der Erde fürchten: die sehr großen und sonderbaren Katzen vom Saturn, die aus irgendeinem Grund den Zauber der Nachtseite 27
    unseres Mondes nicht vergessen haben. Sie sind durch einen Vertrag mit den bösen Krötenwesen verbündet und unseren Erdenkatzen notorisch feindlich gesinnt; sodaß zu diesem kritischen Zeitpunkt ein Treffen eine sehr ernste Angelegenheit gewesen wäre.
    Nach einer knappen Beratung

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