Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
Füßen von der Wand gegenüber des Fensters ab, schlug ein Rad und landete in der Hocke. »Alles in Ordnung?«, fragte sie und entfernte die ungefährlichen Krümel von ihren Schultern.
Die Yadi nickte hastig, als sie aus ihren Versteck kroch. »Mir ist nur ein bisschen schlecht.«
»Kotz ruhig in den Rucksack.«
»Ist schon passiert ...«
Endriel ignorierte den letzten Kommentar. Sie erhob sich, drehte sich um. Der Wind pfiff an dem zerstörten Fenster vorbei. Sie starrte in die vier Antriebsflammen der Kolibri , die unbekümmert weiterzog.
Endriel konnte ihre Begeisterung kaum zügeln. Es war perfekt gelaufen! Der Drachenflieger war jeden einzelnen der siebentausend Gonn wert gewesen.
Ob man an Bord schon gemerkt hatte, dass zwei Passagiere das Schiff auf eher unkonventielle Art verlassen hatten? Selbst wenn ... Endriel und Nelen waren unter falschem Namen gereist. Falls man sie jemals ausfindig machen sollte, konnten sie immer noch behaupten, das Fenster wäre von allein kaputt gegangen und Dakom-Re für diesen Sicherheitsmangel verklagen, der sie beinahe das Leben gekostet hätte, wenn sie nicht zufällig einen Drachenflieger ... egal!
Endriel erfasste die Umgebung: Sie stand in einem geräumigen, mit dunklem Holz verkleideten Korridor. Glas verteilte sich auf den Bodendielen wie zerstoßenes Eis. Den Korridor hinab gab es eine große Schiebetür. Darauf stand: »Zugang zum Frachtraum«.
Sie konnte ihr Glück kaum fassen und dankte dem Saphirstern von Herzen, bis ihr im nächsten Augenblick einfiel, dass sie gar nicht abergläubisch war. »Das war ja einfach!«
Nelen zeigte sich nicht ganz so zuversichtlich. »Das hast du beim letzten Mal auch gesagt! Und dann sind auf einmal die Weißmäntel aufgetaucht und ...!«
Schritte donnerten über den Dielenboden. Endriel hatte gerade ihre Hand an den Türknauf gelegt, als eine Stimme dröhnte:
»Umdrehen! Sofort!«
Sie tat wie ihr geheißen, während Nelen sich schnell wieder im Rucksack verkroch.
Zwei Wächter bauten sich vor ihr auf und starrten sie finster an: eine hagere Menschenfrau mit streng zurückgekämmtem Haar und ein kräftiger Draxyll, dessen Schwanz bedrohlich hin- und herschwang. Beide waren mit Schwertern bewaffnet. Glas knirschte unter ihren Stiefeln.
»Los!«, herrschte die Frau sie an. »Maske runter und dann schön langsam die Hände hoch!«
Ihr Zorn prallte an Endriel ab. Der Adrenalinrausch hielt noch immer an, und sie wusste ganz genau: Heute war ihr Tag! Niemand konnte sie aufhalten, schon gar keine unterbezahlten Nachtwächter!
»Mach schon! Wird’s bald?«
Endriel kam der Aufforderung nach und hob wortlos die Hände, bis sie auf Höhe der Kehlen der Wächter waren. Reflexartig bog sie die Handflächen nach unten. Kleine Schnüre, die mit ihren Zeigefingern verbunden waren, aktivierten einen Mechanismus in den Armschienen. Zwei winzige Pfeile zuckten durch die Luft. Im gleichen Augenblick fassten sich die Wächter an die Hälse und brachen zusammen. Das Betäubungsmittel wirkte sofort.
Endriel lächelte hinter dem Mundschutz. Die beiden würden frühestens in einer Stunde wieder aufwachen und von ekligsten Kopfschmerzen geplagt werden. »Anfänger« sagte sie, als sie über den süß schlummernden Wächtern stand.
»Haben wir gewonnen?«, ertönte Nelens vorsichtige Stimme aus dem Rucksack.
»Nein.« Endriel zog die Schutzbrille von den Augen. »Wir wurden gerade in tausend Stücke geschnitten.«
»Glaub ja nicht, dass ich darauf etwas antworte!«
Sie hatten keine Zeit zu verlieren: Das kosmische Gesetz schrieb vor, dass früher oder später neue Wächter auftauchen würden, dann allerdings mit mehr Verstand und mehr Waffen ausgerüstet.
Das Museumspersonal machte es Endriel nicht allzu leicht. Der Frachtraum war doppelt gesichert. Das Türschloss stellte keine Schwierigkeit für ihre mannigfaltige Auswahl an Dietrichen dar. Anders jedoch das Kraftfeld dahinter: Die Barriere aus purpurnem Licht war für alles undurchdringlich, das dicker war als Schall. Am Türrahmen summte ein kleiner Metallkasten vor sich hin: die Schalttafel.
Natürlich hatte Endriel mit so etwas gerechnet. In Windeseile flog ihr Finger über die Tasten mit Komdra-Zahlensymbolen: 3, 2, 9, 5, 3, 5 ...
Sie kannte die Öffnungskombination mittlerweile auswendig, hatte sogar von ihr geträumt. In wenigen Sekunden würde sich zeigen, ob ihr Auftraggeber das hohe Bestechungsgeld gut angelegt hatte.
Das hatte er.
Die Lichtbarriere erlosch.
»Besten
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