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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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alles Unsinn und darum sagte er: »Aber, Herr Hennig, auch dann sieht ein Brötchen wie das andere aus!«
     
    Der Bäcker blinzelte und zwinkerte mit beiden Augen und wiegte den Kopf hin und her: »Ja, hast du vielleicht einen besseren Vorschlag, wie man den Dieb erwischt? Denn, wenn Gustav es nicht ist, muß es doch ein anderer sein!«
     
    »Natürlich, Sie müssen einen Detektiv anstellen. Der findet den Dieb!«
     
    »Junge, Junge!« Herr Hennig sah ihn bewundernd an. »Du bist gar nicht dumm. Das mit dem Detektiv ist ein großartiger Gedanke. Aber wo nehmen wir den her?«
     
    »Da müssen Sie mal in die Zeitung sehen. Da steht ja immer so was drin«, sagte Erwin.
     
    »Ach wat, Zeitung! — Wie wär's denn«, dabei blinzelte Herr Hennig Erwin zu, »wenn du, Erwin Brackmann, bei mir Detektiv würdest? Wenn du den Dieb entdeckst — wie du das machst, ist natürlich deine Sache —, dann bekommst du eine Belohnung.«
     
    »Eine Belohnung?« Daran hatte Erwin noch gar nicht gedacht.
     
    »Jawohl, und zwar darfst du zehn Tage jeden Tag ein Stück Sahnetorte essen. Oder auch alle zehn Stücke auf einmal, ganz wie du willst.«
     
    »Zehn Stück Sahnetorte!« Erwin lief bei dem Gedanken gleich das Wasser im Munde zusammen. Das war eine großartige Sache!
     
    »Wahrscheinlich esse ich dann alle auf einmal«, sagte er.
     
    »Noch sind wir nicht beim Essen. Erst mußt du den Dieb fangen. Also strenge dich an, daß du ihn erwischst!«
     
    Erwin rannte mit seinem Brot nach Hause. Nun war er also Detektiv. Angestellter beim Bäcker Hennig. Er hätte schrecklich gern schon gewußt, wer der Dieb war. Wahrscheinlich irgend so ein Hofsänger und Leierkastenmann, die so häufig ins Haus kamen und bettelten. Im Hinterhof saß Paul vor der Tür und zeichnete vor sich hin. »Du, Paule«, rief Erwin ihm schon von weitem entgegen, »ich habe eine großartige Sache, du mußt unbedingt mitmachen!« Und er erzählte ihm die ganze Geschichte.
     
    »Es gilt also«, sagte er zum Schluß, »den Semmel- und Milchdieb ausfindig zu machen, bevor die Polizei benachrichtigt wird, und deshalb soll ich Detektiv sein!«
     
    Erwin hatte keinen Augenblick gezweifelt, daß Paul begeistert mitmachen würde. Zehn Stück Sahnetorte waren keine Kleinigkeit. Er wollte sie natürlich mit Paul teilen. Aber Paul war mit einem Male wie umgewandelt. So hatte ihn Erwin überhaupt noch nicht gesehen. Er zitterte und rückte von ihm ab, als ob er giftig geworden wäre.
     
    »Mensch, so sag doch wat!«
     
    Aber da schrie ihn Paulchen an: »Wat soll ich denn dazu sagen? Mach doch Detektiv, wenn du willst. Da hab' ich doch nichts dabei zu tun!«
     
    Erwin kniff seine Augen zusammen und betrachtete Paul. Was war in ihn gefahren?
     
    »Paule, Mensch, richtig Detektiv sein ist großartig, und so eine wirkliche Sache ist doch viel schöner, als immerzu nur dämliche Spiele von Räubern und Polizei und Indianern.«
     
    Paul zuckte die Achseln und sagte unsicher: »Na, wie willste denn das überhaupt machen, das mit dem Detektiv?«
     
    »Ganz einfach. Ich stehe jetzt morgens immer eine Stunde früher auf und mache Patrouille im Treppenhaus.«
     
    Aber da fuchtelte Paul mit einem Mal mit beiden Händen vor sich hin und her, als ob er Gespenster verjagen wollte. Dazu schüttelte er den Kopf, verzog das Gesicht, wurde richtig kratzbürstig gegen Erwin, der es doch gut meinte, und brüllte ihn an: »So patrouilliere nur auf und ab, du findest ihn ja doch nicht. Und« — er wandte sich verächtlich ab — »nur von wegen der lumpigen Sahnetorte.« Hier zögerte er einen Augenblick und schien nachzudenken.
     
    »Na ja«, fiel Erwin ein, »zehn durch zwei. Ich geb' dir fünf davon ab, wenn du mir hilfst.«
     
    »Will ich gar nicht. Mach' mir nichts aus Sahnetorte!« Damit kehrte er Erwin endgültig den Rücken und lief weg.
     
    »So ein Blödsinn! — Mach' mir nichts aus Sahnetorte!« brummte Erwin ihm nach. Also soviel wußte er: mit Paul stimmte irgend etwas nicht. Der mußte krank sein. Erwin beschloß deshalb, allein Detektiv zu spielen.
     
    Am nächsten Morgen patrouillierte er wirklich wie ein Soldat im Treppenhaus auf und ab. Sein Vater hatte ihm erlaubt, daß er eine Stunde früher aufstehen durfte, mehr nicht und zur Schule mußte pünktlich gegangen werden. In der Zwischenzeit durfte er im Treppenhaus Wache stehen. Dagegen war nichts einzuwenden.
     
    Er tat das sehr gewissenhaft. Er zählte bei jedem Gang die Beutel und Flaschen, beobachtete

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