Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
Vom Netzwerk:
genau, welche von den Besitzern bereits hereingenommen wurden und welche es noch zu hüten galt. Außerdem beobachtete er unablässig die verschiedenen Ausgänge a, b, c, d, e, f, g.
     
    Aber es kam kein Dieb. Nach fünf Tagen kam immer noch keiner. Ein bißchen bekümmerte das Erwin. Er hätte sich sehr gefreut, wenn er den Dieb gefangen hätte. Und nicht nur wegen der Sahnetorte, sondern er dachte daran, was die Leute im Hause sagen würden, wenn er sie von der Diebesplage befreite. Und die Polizei, dachte er, wird mich gewiß loben. Jeden Morgen, sobald Paul aus der Tür trat und an ihm vorüberging, wußte er, nun ist es Zeit zur Schule, nun muß ich aufhören. Dann schloß er sich Paul an und ging neben ihm her.
     
    »Na, haste deinen Dieb?« fragte Paul täglich, und wenn Erwin eingestand: »Is heute wieder nich gekommen!«, dann kam es ihm vor, als lachte Paulchen ihn aus. »Das glaube ich«, sagte er. Aber mehr sprachen sie nicht darüber. Nach acht Tagen rief Erwin plötzlich mitten auf seiner Patrouille ganz laut: »Ach, ich Esel, ich Esel, ich Schaf, ich Döskopf, aber natürlich!« Und niemand hätte begriffen, warum er sich so beschimpfte und warum er immerzu auf seine Stirn schlug und den Kopf schüttelte. Aber ihm war unerwartet etwas Wichtiges eingefallen, ach: warum hatte er nicht eher daran gedacht. Natürlich kam der Dieb nicht, wenn er immer wie ein Soldat auf und ab marschierte. Nein, dachte er, ich bin überhaupt kein richtiger Detektiv. Detektive machen alles geheimnisvoll. Die schleichen und verstecken sich. Sie bleiben unerkannt und beobachten nur.
     
    Von jetzt ab wollte er alles anders machen. Aber davon brauchte sogar Paulchen nichts zu wissen. Der lachte ihn ohnehin nur aus.
     
    Noch am selben Tag lief Erwin im ganzen Haus umher und suchte sich ein Versteck, schließlich fand er unter der Kellertreppe, dort wo sie zum ersten Aufgang abbog, einen Hohlraum innerhalb der Biegung. Wenn er sich ganz flach dazwischen auf den Bauch legte, oder noch besser auf den Rücken, konnte er das ganze Haus übersehen. Er sah alle Treppenabsätze mit den Wohnungstüren bis zum Boden. Er konnte sogar durch ein schmales Kellerloch auf den Hof sehen. Das war ein großartiges Versteck. Er ärgerte sich, daß ihm das nicht früher eingefallen war. Er lag sehr schlecht. Seinem Anzug tat die Lage nicht gut. Aber nun hatte er es übernommen und wollte seine Aufgabe zu Ende führen.
     
    An einem Dienstag legte er sich zum erstenmal auf seinen neuen Platz. »Bis zum Sonntag werde ich noch aushalten, das sind fünf Tage. Kommt der Dieb bis dahin nicht, dann gebe ich es auf, weil er wahrscheinlich verzogen ist oder Angst hat!«
     
    Als Paulchen am Dienstag aus seiner Wohnungstür trat, sah er sich suchend um. »Erwin«, rief er, »Erwin!« Keine Antwort. Er beugte sich über das Treppengeländer. »Erwin?« Erwin konnte ihn deutlich sehen, aber er antwortete nicht. Er ließ ihn vorüber, ohne sich bemerkbar zu machen. Da ging Paul allein zur Schule. Er dachte, Erwin ist vorausgegangen.
     
    Erwin aber lag noch still, bis Paul verschwunden war, dann ging er hinter ihm her. Es war wieder keiner gekommen, auf den sein Verdacht hätte fallen können, und die Beutel waren unberührt geblieben. Am zweiten und dritten Tag, also am Mittwoch und Donnerstag, machte er alles genau so. Als er aber am Donnerstag ins Klassenzimmer trat, fragte Paulchen: »Du machst ja gar nicht mehr Detektiv? Ich sehe dich gar nicht mehr Patrouille laufen?«
     
    Erwin ärgerte sich. Paul hatte es gerade noch nötig, sich über ihn lustig zu machen und ihn aufzuziehen, weil er den Dieb nicht bekam. »Nein, ich mache nicht mehr Detektiv«, sagte er. »Denn der Dieb ist schon gefangen.« Er wußte nicht recht, warum er das sagte. Er wollte wohl nur Ruhe haben und nicht von Paul ausgelacht werden.
     
    Aber jetzt interessierte sich Paul sehr für den gefangenen Dieb.
     
    »Wer denn?« fragte er. »Sie haben einen gefangen? Wer denn?«
     
    »Na, die Polizei, wer denn sonst?«
     
    »Ja, aber« — er stockte erstaunt — »woher wußten sie denn, daß er der richtige war?«
     
    »Das haben sie leicht feststellen können.«
     
    »Das haben sie leicht feststellen können? Aber —« Paul gab keine Ruhe. »Wie denn?«
     
    »Sie haben ihm den Magen durchleuchtet.«
     
    Paul blieb vor Schreck der Mund offenstehen. »Den Magen durchleuchtet? Warum denn?«
     
    »Na, von wegen der Brötchen«, sagte Erwin.
     
    Das war zuviel für Paulchen. Der

Weitere Kostenlose Bücher