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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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konnte. Der Fels war glänzend schwarz und wirkte wie poliert. Das Licht spiegelte sich auf dem Stein mit dem gleichen Effekt wie bei dem Panzer einer großen Fliege: Mal schimmerte es blau, dann wieder metallisch grün.
    Der Feuerschein wurde immer deutlicher, und Siggi konnte erkennen, dass dort eine lange Rechtskurve den Endpunkt seiner Reise vor seinen Blicken verbarg.
    Inzwischen war Siggi kaum schneller als auf einer Spielplatzrutsche, und er saß wieder aufrecht, konnte es kaum noch abwarten, zu sehen, wer dort unten auf ihn lauerte. Er reckte sich, um etwas zu erkennen, aber noch hatte er den Scheitelpunkt der Kurve nicht erreicht, und so glitt er die letzten Meter ungeduldig dahin, bereit, sich in dem Kampf zu stürzen.
    Es kam völlig anders, als er sich ausgemalt hatte.
    Vor ihm öffnete sich ein riesiger Dom, ein gewaltiger Raum, dessen Decke sich in rot erfüllter Düsternis verlor. Dunstwolken trieben hindurch, erleuchtet von einem steten Flackern und Glosen, das von unten kam. Hitze strahlte von dort empor. Die Höhle musste sich tief auf den Grund der Anderswelt befinden, weit tiefer als alle Kammern und Räume, in die sich je ein Mensch vorgewagt hatte. Denn bis auf wenige Meter am Rand wurde sie durch einen gewaltigen Lavasee beherrscht, welcher den Feuerschein erzeugte.
    Um ein Haar hätte Siggi es verpasst, rechtzeitig abzubremsen, so dass er fast über den rauen Fels gerutscht wäre. Es gelang ihm gerade noch, zum Stillstand zu kommen, ehe der Lavasee begann.
    Dann stand er unter der gewaltigen Kuppel an den Ufern eines glühenden Meeres.
    »Siggi«, klang eine erleichterte Stimme an sein Ohr.
    Siggi fuhr der Schreck in die Knochen, aber er lief nicht weg, wie er noch vor wenigen Stunden getan hätte, sondern warf sich herum, den Hammer zum Schlag erhoben. Was er zu sehen bekam, ließ ihm den Atem stocken.
    Es war nicht Gunhild, auch nicht Laurion.
    Es war Hagen.
    Er war mit schweren, mattschwarzen Ketten an einen Felsen gekettet. Über ihm trat Lava aus einem Loch im Fels. Normalerweise würde die Lava in den See tropfen, aber die Swart-alfar hatten den aus der Wand tretenden Lavastrom umgeleitet.
    Auf einer Rinne aus schwarzem Metall, welches genauso aussah wie das Eisen, aus dem Hagens Ketten gefertigt waren, lief der Strom der Lava träge, aber zielsicher auf Hagen zu.
    Die Rinne wurde in einer gewaltigen Spirale nach unten geführt. Weiter oben glühte das Metall bereits weiß und rot, unten war es noch kühl und schwarz. Das kochende Gestein würde Hagen genau auf die Brust laufen und ihn auf qualvolle Weise töten …



8
Der Hammer der Welt
    Entgeistert starrte Siggi auf den Freund, der an den Felsen gekettet auf den Tod wartete. Für einen Moment war alles andere vergessen: Gunhild und Laurion, die Swart-alfar und alles, was mit ihnen zu tun hatte; und auch die Hitze, die ihm den Schweiß aus den Poren trieb, den Mund austrocknete und in den Augen brannte, spürte er für einen Moment nicht. Vielmehr glaubte er, sein Blut würde gefrieren, als er Hagen hilflos an den Felsen geschmiedet sah.
    »Hagen, was ist passiert?«, schrie Siggi.
    »Siggi, endlich bist du da …«, keuchte Hagen, dem der Schweiß am ganzen Körper herunterlief. Er musste schon länger hier der mörderischen Hitze ausgesetzt sein.
    »Diese Schweine!«, grollte Siggi, als er sich seinen Weg über die geronnene Lava am Rand des Feuersees suchte. »Was haben die mit dir gemacht?«
    »Sie … sie haben mich gefangen«, antwortete Hagen schwach. »Sie schleppten mich vor ihren finsteren König, der mich einen Eindringling nannte, der den Tod verdient. Ich wehrte mich, sagte ich wollte gar nichts von ihnen, nannte die Schwarzalben blutrünstige Bestien. Darauf verurteilte er mich zum Feuertod in den Flammen Muspelheims. Er nannte mich einen Verräter und Neiding, der es verdiene, das Schicksal Lokis zu teilen.«
    Während Hagen erzählte, sank seine Stimme zu einem Flüstern herab, das der näher kommende Siggi kaum verstehen konnte.
    »Ich krieg dich da los«, sagte Siggi fest. »Mein Hammer wird die Ketten zerschmettern.«
    Er hatte Hagen erreicht, der kraftlos in den Fesseln hing. Den Hammer in der rechten Hand, prüfte er die Ketten. Sie waren schwer und massiv.
    Ein schneller Blick nach oben sagte Siggi, dass er Zeit genug haben würde, denn die Lava schob sich langsam und träge die Rinne hinab – ein teuflisches System, das Hagen der seelischen Folter aussetzte, auf den Tod immer vor Augen zu haben, während er

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