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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Viele Dinge waren ihm in den letzten Sekunden durch den Kopf gegangen; die meisten hatten mit Kampf und Tod zu tun, aber vielleicht kam er ohne Kampf aus. Er würde den Bärtigen anhören; was mochte es schaden? Kämpfen konnte er immer noch.
    »Lass hören.« Die glühende Lava war wieder ein Stück weiter gekrochen. »Ich habe nicht viel Zeit.« Seine Stimme klang fest und entschlossen, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan, als einem halben Dutzend mittelalterlicher Krieger ins Auge zu blicken. Vielleicht stumpfte er langsam gegen Gefahr ab? Vielleicht war es wirklich die Kraft des Hammers oder des Ringes? Oder vielleicht hatte er in sich selbst einen Quell der Kraft gefunden, von dem er selber nichts ahnte … Wie dem auch sei, er hatte keine Zeit für lange Überlegungen. »Lass hören!«
    »Entweder wir kämpfen«, sagte der bärtige, hochrangige Swart-alf. »Dann wirst du sterben und nach dir der andere Midgard-Knabe.«
    »Nein!«, stöhnte Hagen hinter Siggi, aber er widerstand dem Wunsch, sich nach dem Gefesselten umzudrehen, der hilflos der Hitze ausgeliefert war.
    »Oder?«, fragte Siggi, und der Ton seiner Stimme ließ keinen Zweifel, dass er kämpfen würde, falls ihm die Alternative nicht gefiel.
    »Oder du kannst mir helfen, ein Werk zu vollbringen. Eine kleine Aufgabe für einen Recken wie dich. Nenne es eine Geste, die mich vergessen lässt, dass dieser Knabe«, bei diesen Worten deutete der Swart-alf auf Hagen, »mich auf den Tod beleidigt hat. Nur seine Jugend hat ihn davor bewahrt, in meiner Halle unter den Hieben meiner Axt zu verbluten. Allerdings«, und der Swart-alf lächelte, »ist der heiße Zorn nun verraucht, und ich bin bereit, ihm zu verzeihen. Ich will es auf das Ungestüm der Jugend schieben und diesen Neiding die Möglichkeit geben, zu gehen und nie wiederzukehren.«
    Siggi war klar, wenn er vor sich hatte: Alberich, den König der Swart-alfar, der Herrscher der dunklen Brut. Siggi zweifelte nicht einen Moment daran, dass dies Alberich aus den Sagen war und nicht irgendein Herrscher gleichen Namens. Nein, es musste jenes Wesen sein, von dem Odin, der Einäugige, ihnen erzählt hatte. Ein Geschöpf aus der Zeit der Legende, uralt und klug, sehr klug. Und wenn die Legenden wahr waren, dann war er, wie Siggi siedend heiß zu Bewusstsein kam, auch der Schöpfer des Ringes, der in seinem Beutel verborgen war.
    »Was geschieht, wenn ich dir helfe, Nibelung?«, stellte er ihn auf die Probe.
    »Du kannst deinen Freund befreien, und es steht euch frei zu gehen«, antwortete der Swartalf. Seine tiefe Stimme klang väterlich; doch so hatte auch die Stimme des Grauen geklungen, und Siggi war nicht darauf hereingefallen. »Ihr könnt gehen, wohin ihr wollt.«
    »Wer sagt mir, dass du nicht lügst?«, fragte Siggi. Es galt herauszufinden, was das Wort des Albenkönigs wert war; denn er war sich völlig bewusst, dass für den angeketteten Hagen hinter ihm die Zeit knapp wurde. Und es wurde Siggi ebenfalls klar, dass ein Kampf Hagens Ende bedeuten konnte, auch wenn er selbst vielleicht noch mal davonkommen mochte.
    Alberich ließ sich Zeit mit der Antwort, als überlege er seine Worte, um Siggi zu überzeugen. Aber Siggi war sich klar darüber, dass der Swartalf längst wusste, was er sagen wollte.
    »Wenn du dich weigerst, seid ihr beide des Todes«, sagte Alberich. »Und es ist doch wahrhaft kein zu hoher Preis, mit dem Hammer ein paar Schläge auf den Amboss zu tun, um einen einfachen Speerschaft neu zu schmieden. Und ob ich lüge oder nicht, wirst du erst dann herausfinden, wenn du meine Bitte erfüllt hast.« Alberich ließ seine Stimme fast zu einem Flüstern herabsinken, als er fortfuhr: »Ich will nicht mehr sagen, denn das Gift der bleichen Brut könnte in dir wirken. Die Lios-alfar meinen, dass das Volk der Swart-alfar und ich, ihr Herrscher, Bestien, Lügner und Verräter seien, und sie verbergen ihre Ansichten nicht hinter schönen Worten. Du bist bei ihnen gewesen und hast sie gehört. Nun ist es an dir, ob du ihnen glaubst oder ob du versuchst, dir dein eigenes Bild zu schaffen.«
    »Nun«, Siggi fand es an der Zeit, nachzugeben, um nicht noch mehr Zeit zu verschwenden, denn das zähfließende, glühende Gestein kroch immer weiter die Rinne hinunter, um Hagen den Tod zu bringen, »ich denke, ich werde versuchen, herauszufinden, was dein Wort wert ist. Ich werde dir den Dienst leisten, den du von mir verlangst – wenn du meinen Freund Hagen zuvor loskettest. Und dann werden wir

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