Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
schlechter zu fliegen, was wir hoffentlich nicht erleben werden. Es ist alles in allem ein viel unruhigerer Flug als mit einem Wirbelsturm. Und warum auch nicht?« Nimrod klopfte mit der flachen Hand auf den Teppich. »Er ist schließlich fest, während ein Wirbelsturm nur aus einem Luftkissen besteht.« Er seufzte. »Fliegende Teppiche sind wesentlich primitiver als Wirbelstürme. Als müsste man auf eine Propellermaschine zurückwechseln, nachdem man sich daran gewöhnt hat, mit einem Überschallflugzeug zu fliegen.« Er überlegte einen Moment. »Es ist ein bisschen so, als würde man Steine über die Wasseroberfläche eines Sees springen lassen. Stellt euch vor, dass der Teppich von einem Luftpolster zum nächsten hüpft. Was auch die leichten Auf-und-ab-Bewegungen erklärt. Spürt ihr sie?«
»Ich schon«, gestand der Professor. »Und mir ist ständig ein bisschen übel davon.«
»Man gewöhnt sich daran.« Nimrod grinste John an. »Also los, John«, sagte er. »Zeig mal, wie du dich anstellst. Wenn du so weit bist, sagst du einfach
Bereit,
und dann überlasse ich dir die Kontrolle, in Ordnung?«
John verzog das Gesicht. »Ich weiß noch, wie ich das erste Mal einen Wirbelsturm entfacht habe«, sagte er. »In Kathmandu. Dabei habe ich dafür gesorgt, dass sich ein Auto überschlägt. Und jemandem die Satellitenschüssel abgerissen. Und dann hat Dybbuk irgendwelchen Touristen auf den Kopf gekotzt.«
»Bitte rede nicht davon«, sagte der Professor. »Das ist wirklichnicht einfach, wenn man eine Maske vor dem Gesicht hat. Das könnt ihr mir glauben.«
»Ich weiß es auch noch.« Philippa lachte. »Die Hippies in Kathmandu haben geglaubt, jemand hätte es tatsächlich geschafft, die Kunst des yogischen Fliegens zu meistern.«
John erwiderte das Grinsen seiner Schwester. »Wir haben schon lustige Dinge erlebt, was?«
»Ja«, stimmte ihm Philippa zu.
»Jetzt mach schon«, sagte Nimrod ein wenig ungeduldig. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
»Ach ja, richtig.« John sammelte sich einen Moment und sagte dann: »Bereit.«
»Du hast die Kontrolle«, sagte Nimrod.
Aber das hatte er nicht. Nicht mal im Traum.
John spürte augenblicklich die ganze Last und Größe des Teppichs. Es war, als hätte ihm jemand in einem Fitnessraum eine schwere Langhantel in die Hand gedrückt. Einen Moment lang hielt er den Teppich in der Schwebe, dann wurde er von seiner schieren Masse überwältigt, und der Teppich sackte weg, mit allen, die darauf waren – Nimrod, Philippa, dem Professor und Axel.
Alle schrien auf, als der Teppich wie ein kaputter Fahrstuhlkorb zur Erde stürzte oder vielleicht wie eine furchterregende Achterbahn. Alle, außer Nimrod.
»Ist schon gut«, sagte er. »Das passiert jedem beim ersten Versuch. Hier. Ich richte ihn wieder für dich aus.«
John spürte, wie Nimrod die Kontrolle übernahm, und Sekunden später schwebten sie wieder ruhig und schnurgerade dahin.
»Bereit für einen neuen Versuch?«, fragte Nimrod seinen Neffen.
»Ich weiß nicht, wie es John geht, aber ich bin nicht bereit«, sagte der Professor. »Ich glaube nicht, dass meine Nerven noch einen Absturz aushalten.«
»Ja, er kam ziemlich plötzlich, nicht wahr?«, gab Nimrod zu. »Als würde man in einem Fass die Niagarafälle hinabstürzen.« Er kicherte. »Und ich muss es wissen. Ich habe es schon getan.«
»Sie sind ein vielseitiger Mann, Nimrod«, sagte der Professor. »Aber was mich angeht, ziehe ich es vor, nur diese eine Seite zu besitzen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Durchaus«, sagte Nimrod. »Nun, vielleicht haben Sie recht, Snorri, mein alter Freund. Kinder? Wir verschieben die Flugstunde auf ein andermal. Aus Höflichkeit gegenüber den anderen Passagieren.«
Der Professor stieß einen lauten Seufzer der Erleichterung aus. »Vielen Dank, Nimrod.«
Kurz darauf ließ sich ein Vogel auf dem Rand des Teppichs nieder. Eine Wild- oder Stockente, wie Axel erklärte.
»Ja, das ist ein weiteres Problem von fliegenden Teppichen«, sagte Nimrod. »Sie werden mitunter als billige Mitfluggelegenheit genutzt.«
»Trotzdem ist es eine ziemlich nette Wildente«, fand Philippa.
Mit ein paar Kekskrümeln, die sie in ihrer Tasche entdeckte, kroch sie auf die Ente zu. »Ich war schon immer der Meinung, dass Enten freundliche Tiere sind«, erklärte sie. »Weil ihre Schnäbel aussehen, als würden sie ständig lächeln.«
Der Vogel quakte fröhlich, als Philippa ihm die Krümel hinwarf, fraß sie auf und ließ sich
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