Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan

um eine Wunschbibliothek handelte.
    »Sie müssen sich die Bücher, die Sie lesen wollen, einfach nur wünschen«, erklärte sie ihm, »dann verlassen sie ihren Platz im Regal und machen sich auf den Weg zum Lesepult.«
    »Und wie?«
    »Sie schweben durch die Luft, wie dieser Teppich«, erklärte Philippa.
    »Muss man dafür den Titel wissen?«, fragte Axel.
    »Wenn man den Titel oder den Autor kennt, ist das natürlich von Vorteil. Ansonsten geht man einfach thematisch vor. Was durchaus sehr speziell sein kann. Wenn man zum Beispiel ein Buch über Eishockey auf Hawaii sucht oder über Walfang im Kongo, dann muss man es sich genau so wünschen.«
    »Und wenn es kein Buch zu diesem Thema gibt?«
    »Es gibt immer eines«, sagte Philippa. »Egal, was einem vorschwebt, es gibt immer ein Buch darüber.«
    »Ich verstehe nicht, wozu all die Bücher gut sein sollen«, sagte John. »Die meisten dienen bloß als Staubfänger. Ich meine, manche werden nie gelesen. Was hat es für einen Sinn, ein Buch zu schreiben, das nie gelesen wird?«
    »Ich habe selbst ein paar solcher Bücher geschrieben, John«, gestand der Professor. »Manchmal hat man einfach das Gefühl, es tun zu müssen. Egal, ob es von jemandem gelesen wird oder nicht.«
    »Hört sich nach Zeitverschwendung an«, sagte John. »Die ganze Arbeit, die Schreiberei und die vielen Worte. Ich finde, man kann mit seiner Zeit etwas Besseres anfangen, als ein Buch zu schreiben, das niemand lesen wird. Das ist, als würde man ein Fußballstadion bauen, für eine Mannschaft, die es gar nicht gibt. Oder eine CD herausbringen, die sich keiner anhört. Was hat das für einen Sinn? Das würde ich wirklich gern wissen.«
    »Ich habe sieben solcher Bücher geschrieben«, gab der Professor zu.
    »Sieben?« John wirkte entsetzt. »Ich glaube nicht, dass ich sieben Bücher schreiben könnte. Und wenn ich hundert Jahre alt werde. Wie alt sind Sie eigentlich?«
    Der Professor lachte, was sich hinter der Maske und ohne jedes Lächeln im Gesicht irgendwie künstlich anhörte, wie John fand. Auf jeden Fall merkwürdig.
    Philippa schaute über den Rand des Teppichs und sah, dass sie nicht mehr über das Meer flogen.
    »Wo sind wir?« Sie hoffte, damit abermals das Thema wechseln zu können.
    »Irgendwo über Pakistan«, meinte Nimrod.
    »Das ist wieder so ein Land, das für unbekannte Flugobjekte nichts übrig hat, nicht wahr?«, sagte Axel.
    »So ist es«, erwiderte Nimrod. »Aber wir haben keine andere Wahl, als es zu überfliegen. Afghanistan ist schließlich ein Binnenstaat.«
    »Was ist ein
Binnenstaat
?«, fragte John.
    »Ein Land ohne Zugang zum Meer.« Nimrod grinste John an. »Also, falls dir jemand irgendwann eine führende Stellung in der afghanischen Marine anbietet   … «
    »   … dann weiß ich, dass sie mich auf den Arm nehmen«, sagte John.
    Philippa lächelte ihren Onkel an, doch es lag keine Freude darin; es war wie das starre Lachen des Professors. Im Grunde lächelte sie nur, weil sie Zeit brauchte, um darüber nachzudenken, was Nimrod vorhatte.
    »Also sollten wir wieder Wache halten«, sagte John. »Wir alle.«
    »Ja, allerdings«, bestätigte Nimrod.
    Philippa erkannte die Gelegenheit, außer Hörweite ihres Onkels mit ihrem Bruder zu sprechen. Daher sagte sie zu Axel: »Also gut. John und ich übernehmen die Backbordseite, und der Professor kann mit dir zur Steuerbordseite gehen.«
    »Gibt es irgendwelche Vulkane in Pakistan, Professor?«, fragte John. »Nur damit wir die Aschewolke eines Vulkans nicht mit einem Raketenstart verwechseln.«
    »Es gibt dort hauptsächlich kleine Schlammvulkane«, sagte der Professor. »Der einzig nennenswerte ist der Neza e Sultan im Nordwesten des Landes, an der Grenze zu Afghanistan.«
    »Wir müssten ihn jeden Moment überfliegen«, informierte sie Nimrod.
    »Aber er ist schon seit Jahrhunderten erloschen«, fügte der Professor hinzu.
    »Meinen Sie den spitzen Felsen da unten, der aussieht wie zwei betende Hände?«, fragte John.
    Der Professor kroch zur Backbordseite des Teppichs, wo John und Philippa inzwischen Wache hielten.
    »Erloschen sieht er nicht gerade aus«, meinte John. »Sehen Sie mal, aus der Spitze steigt ein Rauchfaden auf.«
    »Mein Gott, du hast recht«, sagte der Professor. »Das ist schlecht. Ganz schlecht. Wenn ein erloschener Vulkan wieder anfängt, Rauch auszustoßen, ist das eine ganz üble Sache.«
    Nimrod lenkte den fliegenden Teppich auf den merkwürdigen kleinen Vulkan zu, damit sie ihn sich näher