Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
welcher Hinsicht.
»Was ist mit unserer Kleidung?«, fragte Axel. »So, wie wir aussehen, fallen wir auf wie bunte Hunde.«
»Ein guter Einwand«, sagte Nimrod. »Philippa? Vielleicht könntest du uns mit ein paar hiesigen Gewändern versorgen. Ich denke, der Professor sollte lieber einen
Tschaderi
tragen. Wegen seiner Maske. Sie könnte die Einheimischen verschrecken.«
»Was ist ein
Tschaderi
?«, frage John.
»So etwas wie eine Burka«, sagte Nimrod.
Dadurch war John auch nicht schlauer.
»Ein Kleidungsstück für Frauen, das den ganzen Körper verhüllt«, erklärte Philippa.
»Klingt wie eine gute Idee«, sagte John spitz. »Hauptsache, es verdeckt dein Gesicht, Phil.«
Philippa lächelte ihn ironisch an. »Sie ist nicht für Teenager gedacht«, sagte sie. »Nur für erwachsene Frauen.«
»Schade.«
Wenige Minuten später war die kleine Gruppe aus drei Dschinn und zwei Menschen in traditioneller afghanischer Kleidung auf dem Weg in die uralte Stadt. Unterwegs kamen sie an mindestens einhundert wilden Kamelen vorbei, die auf einem kargen Feld grasten, was ihnen in Erinnerung rief, wozu sie nach Afghanistan gekommen waren. Doch im Moment waren die Zwillinge an Kamelen nicht sonderlich interessiert.
»Du hast uns nie erzählt, dass du verheiratet bist«, sagte Philippa zu Nimrod.
»Ihr habt mich nie gefragt«, erwiderte dieser.
»Ich habe immer gedacht, du wärst, ähm … «, John zögerte, »Single. Schließlich hast du nie etwas erwähnt von … Wie heißt sie noch mal?«
»Alexandra«, sagte Nimrod.
»Ist sie ein Dschinn wie wir?«
»Oh ja. Sie ist ein Dschinn. Aber sie ist nicht wie wir. Zunächst einmal ist sie eine Eremitin.«
»Das ist dieser Dschinnkult, dessen Anhänger sich bemühen, dem Leben von Engeln und Heiligen nachzueifern, und die ohne jeden Besitz leben«, erinnerte sich Philippa.
»Vor vielen Jahren gingen sie und eure Mutter in New York gemeinsam zu den Eremiten. Eure Mutter hatte das Glück, von eurem Vater gerettet zu werden. Aber Alexandra hatte weniger Glück. Sie blieb dem Kult verhaftet und ging 1979, nach der russischen Invasion, nach Afghanistan, weil sie der Meinung war, dass die Afghanen ihre Hilfe mehr brauchten als alle anderen Irdischen. Seitdem lebt sie hier.«
»Aber das verstehe ich nicht«, sagte Philippa. »Wie kann sie verheiratet sein, wenn sie eine Eremitin ist? Eremiten glaubendoch daran, dass man nicht nur seine Besitztümer, sondern auch seine Beziehungen aufgeben soll. Auch die Ehe.«
»Wir waren verheiratet, bevor sie Eremitin wurde«, erklärte Nimrod. »Ich glaube, bis zu einem gewissen Grad habe ich sie mit meiner Vorliebe für die schönen Dinge des Lebens dazu getrieben. Das und einiges andere.«
»Werden wir sie treffen?«, fragte John.
»Das will ich wirklich nicht hoffen«, sagte Nimrod. »Sie ist halb verrückt, müsst ihr wissen. Das ist der andere Grund, weshalb sie nicht so ist wie wir. Natürlich sind viele Eremiten ein bisschen exzentrisch. Aber Alexandra ist mehr als das. Womöglich sogar gefährlich.«
»Warum?«
»Weil sie überzeugt ist, die Zukunft vorhersehen zu können«, sagte Nimrod.
»Und? Kann sie es«, fragte Philippa, »die Zukunft vorhersehen?«
»Das ist nicht ganz einfach zu beantworten«, gestand Nimrod. »Alexandra hat das, was man ›persönliche Probleme‹ nennt.«
»Was denn für Probleme?«, wollte John wissen.
»Sie neigt zu Wutanfällen«, sagte Nimrod. »Sie bringt es fertig, sich über so ziemlich alles aufzuregen. Egal, was. Und dabei geraten ihre Prophezeiungen leicht in Vergessenheit. Aber unabhängig davon, ob sie Dinge vorhersehen kann oder nicht, ist das Wissen über die Zukunft eines der gefährlichsten Dinge im Universum.«
»Mir ist nicht klar, warum«, meinte John. »Ich schätze, im Augenblick wäre es ganz nützlich zu wissen, was passieren wird.«
»Das finde ich auch«, sagte Axel. »Dann wüssten wir wenigstens, ob wir einem Phantom nachjagen oder nicht.«
Nimrod schüttelte den Kopf. »Ich versichere dir, dass alles Mögliche schiefgehen kann, wenn man versucht, sich nach Prophezeiungen zu richten. Zum Glück ist die Ausdrucksweise meiner Frau kaum verständlich. Trotzdem kommen die Leute aus der ganzen Welt hierher, um sich von ihr die Zukunft vorhersagen zu lassen. Sogar Dschinn.«
Als sie die Außenbezirke von Kandahar erreichten, stellten sie fest, dass die Stadt moderner war, als sie angenommen hatten. Außerdem waren die Straßen von ganzen Scharen britischer und
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