Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
Mimi dahinter kam, dass ich die Rollen gefunden hatte, änderte sich ihre Haltung zu mir um 180 Grad. Und ich bin froh, dass ich ihr – dank meiner Klugheit – eine Kopie der Schriftrollenverschaffen konnte und meine Schuld nunmehr getilgt ist.«
»Möchte wissen, warum sie die Rollen haben wollte«, sagte Nimrod wieder. »Wissen Sie es?«
»Das kann ich wirklich nicht sagen«, antwortete Macreeby. »Da fragen Sie sie am besten selber. So, Nimrod, das ist mein Preis. Drei Wünsche. Nehmen Sie an oder lassen Sie’s bleiben, wie Sie wollen.«
Nimrod musterte den englischen Magier nach wie vor argwöhnisch. »Sie sind ein heimtückischer, gefährlicher Mann, Virgil Macreeby. Nicht auszudenken, was für einen verheerenden Schaden Sie anrichten könnten, wenn Sie von einem mächtigen Dschinn wie mir so einfach drei Wünsche geschenkt bekommen.«
»Gefährlich? Was ist gefährlich daran, wenn ich mir ein neues Dach für diese Burg wünsche? Es ist teuer, Nimrod, ein solches Haus zu erhalten. Ein neues Dach ist gewiss nicht zu viel verlangt; ich sehe mich einfach nicht in der Lage, monatelang die Bauarbeiter hier zu haben. Und dann natürlich ein bisschen Geld. Was bedeutet Geld für jemanden wie Sie? Und vielleicht den neuen Rolls-Royce, von dem ich gelesen habe. Ich glaube, die Warteliste ist ziemlich lang. Gefährlich? Ich denke nicht.«
»Nicht mal, wenn ich Sie diese drei Wünsche mit Ihrem eigenen Blut niederschreiben ließe, würde ich Ihnen trauen, dass Sie sich darauf beschränken, Macreeby«, sagte Nimrod. »Wir wissen beide, dass Sie ein großer Meister sind, wenn es darum geht, das eine zu sagen und etwas anderes zu denken. Und selbst wenn wir uns auf diese drei Wünsche einigen sollten,könnten Sie noch im letztmöglichen Augenblick etwas ganz anderes wünschen.«
»Eine solche Situation ist in den Regeln von Bagdad berücksichtigt«, sagte Macreeby. »Es gibt eine Richtlinie für den Fall, dass sich ein Dschinn und ein Mensch im Voraus auf drei Wünsche einigen. Das weiß ich.«
»Dann wissen Sie auch, dass sich diese Einigung auf einen Eid stützt«, sagte Mr Rakshasas. »Bei allem, woran man glaubt und was einem heilig ist. Was in Ihrem Fall purer Unsinn wäre, da allgemein bekannt ist, dass Sie an nichts glauben und dass Sie nicht einen Funken frommer Gesinnung in sich haben.«
»Wie wahr, wie wahr. Ich kann mit Stolz sagen, dass das allerdings zutrifft.« Macreeby lächelte kalt. »Nun, es sieht so aus, als haben wir hier eine ausweglose Situation, meine Herren«, sagte er. »Sie möchten die Schriftrollen. Und ich möchte einen fairen Preis dafür.«
»Drei Wünsche erfülle ich Ihnen nicht, Macreeby«, sagte Nimrod. »Da könnte alles Mögliche passieren. Und dass Mr Rakshasas nicht mehr in der Lage ist, Wünsche zu erfüllen, wissen wir beide.«
Macreeby nickte. Er spürte, dass Nimrod ein Gegenangebot auf Lager hatte. »Weiter. Ich höre.«
»Ich denke, ich weiß eine Lösung«, kündigte Nimrod an. »Mein Neffe John wird Ihnen drei Wünsche erfüllen. Wie Sie zweifellos wissen, sind seine Dschinnkräfte noch nicht voll entwickelt, deshalb gibt es möglicherweise Wünsche, mit deren Umsetzung er überfordert ist. Mit anderen Worten, es liegt in Ihrem eigenen Interesse, Ihre Wünsche auf das zu beschränken, was Sie vorhin angedeutet haben.«
Macreeby überlegte einen Augenblick. »Der Junge kann das? Er kann mir drei Wünsche erfüllen? Ihr Wort, Nimrod?«
»Ja. Vorausgesetzt, Sie sind nicht zu habgierig.«
»Was meinst du dazu, Junge?«, fragte Macreeby John.
»Wie mein Onkel sagt«, willigte John ein. »Vorausgesetzt, Sie sind nicht zu habgierig.«
»Schön. So kommen wir ins Geschäft.«
»Lassen Sie uns erst die Schriftrollen sehen«, sagte Nimrod. »Und Ihre Übersetzung. Dann die drei Wünsche.«
Macreeby klatschte in seine pummeligen Hände wie ein aufgeregtes Kind. Seine kalten Augen funkelten. Aber seine Stimme klang nach wie vor satt und zufrieden wie das Schnurren einer Katze. »Also gut. Ich hole sie. Und auch die Kopie, die Sie mitnehmen können. Ich kann Ihnen versichern, es ist alles ganz wissenschaftlich. Sie beide kennen mein Ansehen und mein Niveau.«
Geschickt wie ein Affe sprang er auf eine hohe Bibliotheksleiter und holte ein in hellblaues Leder gebundenes Buch und den Behälter mit den Schriftrollen. Beides brachte er zum Tisch.
»Schriftrollen sind ein bisschen wie gute Zigarren«, sagte er. »Man muss sie feucht halten.« Fast ehrfürchtig
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