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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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paar Sekunden, bis der letzte Ton verklungen ist, und springen gleich darauf begeistert auf. »Zehn Minuten Pause«, verkündet Vic. »Ihr seid ein großartiges Publikum, aber ich muss erst wieder auftanken.« Nachdem er Milton ein Zeichen gegeben hat, dringt die Aufzeichnung einer früheren Jamsession durch die hinter der Theke verborgenen Lautsprecher. Es dauert nicht lange, bis wir unter vier Augen miteinander reden können, denn das Reinigungspersonal saugt jeden Anreiz der Außenwelt sofort auf.
    »Ist die Sache ernst?«, fragt er. »Wie weit willst du denn weg?«
    Ich wäge die Möglichkeiten ab. »Wahrscheinlich muss ich diesen Planeten verlassen.« Meine Schwestern halten sich fast alle auf der Erde auf. Gut möglich, dass ich die Einzige meiner Art auf der Venus bin. »Bin einem Aristo auf die Zehen getreten.«
    »Auf die Zehen getreten? Wie das?« Vics Körpersprache signalisiert Verblüffung: Er schlägt eine aufsteigende Folge von Akkorden an.
    »War zur falschen Zeit am falschen Ort.« Ich nehme einen großen Schluck aus meinem Krug. Das Spezial schmeckt stark nach Teeröl und hat einen Beigeschmack von Schwefel und Zuckersaft. Wie meine Zunge mir verrät, wäre mir das scharfe, zähe Gebräu bestimmt zuwider, hätte ich mein olfaktorisches System nicht auf die Normen eingestellt, die auf Venus herrschen. »Hm, das schmeckt.« Auch in den Spielsalons da oben werden Erfrischungen angeboten, raffinierte Mixturen für wohlhabende Gourmets, aber dieses Gebräu ist mir auf beruhigende Weise vertraut.
    »Klingt gar nicht gut«, bemerkt er gelassen. »Hast du das Geld für’ne Reise zu einem anderen Planeten?«
    Ich nehme noch einen großen Schluck. »Das ist ja gerade das Problem. Das Leben hier war teurer, als ich dachte. Und ich will meine Schwestern nur im äußersten Notfall anpumpen. Zwar habe ich ein bisschen was gespart, aber so lange, wie das gedauert
hat, würde ich sicher noch sechs Jahre brauchen, bis ich ein Zwischendeck zur Luna zahlen kann.« Dazu benötige ich mindestens zweihundert Real – es kostet einiges, der Gravitationssenke der Venus zu entfliehen. »Ich hatte gehofft, dass du vielleicht jemanden kennst, der mir weiterhelfen kann.«
    »Möglich.« Er schlägt wieder eine kurze Folge von Akkorden an. »Kannst du für ein paar Stunden irgendwo abtauchen?«
    Ich leere den Krug und spüre die Schwere in meinem Verdauungstrakt. »Wie lange wirst du brauchen?«
    »Sagen wir, drei Stunden. Ich muss Nachforschungen anstellen.« Er nimmt meinen leeren Krug und streckt ihn über die Theke, wo er in Miltons dritter Hand landet. »Wirst mir fehlen, Mädchen.«
    Ich zucke die Achseln. »Immer noch besser, ich bin weg von Venus als ganz weg vom Fenster.«
    »Allerdings. Vamos! «
    »Vamos.«

    Es ist nicht einfach, in einer Stadt unterzutauchen, in der man doppelt so groß ist wie fast alle anderen, aber ich habe viel Übung darin. Wenn an jedem beliebigen Ort Zwerge mit großen Köpfen und riesigen dunklen Augen auf einen deuten und Monster schreien, lernt man das schnell, besonders in den Randbezirken, in denen es keine Polizei gibt. Das hier ist keine große Stadt, doch wie alle Städte, die in der Stratosphäre der Venus treiben, verfügt sie über eine Infrastruktur mit Räumen, in denen man sich verbergen kann – etwa mit Sauerstoff ausgestattete Aufzugskabinen oder die von Stützträgern durchzogenen Geschosse unterhalb des Bodenniveaus. Und mit solchen Schlupfwinkeln kenne ich mich mittlerweile aus. Also mache ich mich von Victors Salon aus auf den Weg zur untersten Etage der sauerstoffhaltigen Zone, justiere meinen Metabolismus, durchquere eine Luftschleuse und betrete die riesigen nebligen Räume des Stützrahmens unterhalb dieser schwebenden Welt.

    In meinen Freistunden komme ich oft hierher. Meistens bringe ich mein Notebook mit, erledige meine Mails, schaue mir Filme an, surfe durch Wikis und Videoclips und versuche zu vergessen, dass ich die Einzige meiner Art auf dieser Welt bin.
    Ich mache es mir in einem meiner liebsten Schlupfwinkel gemütlich – einer Nische zwischen der Aufzugskabine Nummer vier und der transparenten Außenhülle, ausgestattet mit ausgepolsterten Ballons, auf denen man sich ausruhen kann. Von hier aus habe ich sogar Ausblick auf die Wolkenlandschaft unter mir.
    Als sich mein Notebook meldet, lehne ich mich in die Membran zurück, benutze sie als Kissen und konzentriere mich auf die Mitteilung. Sie kommt von Emma, einer meiner eher ausgeflippten Schwestern. Mir

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