Die Kinder vom Teufelsmoor
Staubwolke auf und drückte Bodo mit seinem Fahrrad auf den Grasstreifen neben der Straße. Und dann klatschten einzelne schwere Tropfen auf den heißen Asphalt.
»Verdammter Mist!« schimpfte Rolf. »Ausgerechnet jetzt muß es anfangen, wo wir so schön in Fahrt sind! Und hier ist nirgends ein Haus zum Unterstellen!«
»Wir müssen in einen Busch kriechen«, schlug Ingelore vor. »Der da vorne ist gut. Los!«
Hastig schoben und zogen sie den Handwagen von der Straße und die steile Böschung hinab, um sich unterhalb der dichten Weidenbüsche einen geschützten Platz zu suchen. Plötzlich kippte der Wagen um, so daß die drei schlafenden Kinder herausrollten und jäh erwachten. Weil im selben Augenblick ein greller Blitz Himmel und Erde erhellte und ein gewaltiger Donnerschlag niederkrachte, erschraken die Kleinen so sehr, daß sie gleichzeitig zu weinen anfingen. Berti und Ingelore bemühten sich, den Handwagen wieder aufzurichten, aber Rolf hinderte sie daran.
»Laßt ihn so liegen«, sagte er. »Wir kippen ihn noch etwas weiter um, dann können wir drunterkriechen und haben ein Dach über dem Kopf.« Das war ein guter Gedanke, doch war der Handwagen nicht groß genug für acht Kinder. Die drei Kleinen fanden zwar hinreichend Schutz, für die andern aber war kein Platz mehr. »Die beiden Wolldecken her!« schrie Rolf. »Daraus bauen wir uns ein Zelt.«
Sie kuschelten sich eng aneinander und zogen sich die Decken über den Kopf. Es blitzte und krachte mittlerweile unaufhörlich, und der Regen prasselte auf die Seitenwand des Handwagens, als wollte er sie zerschlagen. »Wo ist Rena denn?« fragte Ingelore plötzlich. »Die sucht ihre doofe Katze«, antwortete Bodo ungerührt. »Als es vorhin so donnerte, ist die abgehauen.«
Die Wolldecken weichten durch und klebten ihnen patschnaß auf Schultern und Kopf. Bodo nahm eine der Plastiktüten, schüttete das Zeug aus und stülpte sie sich über.
»Du Idiot!« schrie Rolf. »Jetzt werden doch die Klamotten ganz naß!«
»Besser die Klamotten als ich«, sagte Bodo. »Meinste, ich will mir 'ne Lungenentzündung holen!«
Berti rann das Wasser übers Gesicht und in den Nacken. Er saß an der Seite und war daher dem schräg fallenden Regen mehr ausgesetzt als die andern.
»Der Regen ist ganz warm«, sagte er, »wie eine Dusche. Ich geh' mal raus und such' nach Rena.«
»Du bleibst hier!« bestimmte Rolf. »Wenn dich ein Blitz trifft, biste erledigt.«
Birgit weinte immer noch, aber ganz leise. Willy hatte sich beruhigt. Er hatte den wärmsten und trockensten Platz zwischen seinen Geschwistern, lutschte auf dem Schnuller und schlief allmählich wieder ein. Ihm kam das Unwetter wohl wie ein Traum vor, der verging, wenn er erwachte. Walter leckte das Wasser, das ihm über Stirn und Nase herunterlief, von seinen Lippen und zitterte vor Angst. »Jedes Jahr werden Menschen vom Blitz erschlagen«, sagte Bodo. »Die verbrennen und werden ganz klein, so wie Puppen. Und wenn du sie anfaßt, dann fällt der Arm ab oder der Kopf, je nachdem.« »Du spinnst mal wieder«, sagte Rolf. »Ein Blitzschlag ist wie elektrischer Strom. Davon merkste überhaupt nichts. Du kriegst einen gewischt und bist tot.«
»Na klar, was denn sonst!« sagte Bodo. »Aber dabei wirste so klein wie 'ne Puppe, und alles verkohlt. Was meinst du denn, was in so einem Blitz für 'ne Hitze ist! Tausend Grad und noch mehr! Da kannste aber 'ne prima Suppe drauf kochen, du!« Berti nieste und schüttelte sich. Er hatte keinen trockenen Faden mehr am Leibe. »Das ist aber ein großer Zufall, wenn ein Blitz dich trifft«, sagte er, »die meisten haun vorbei. Und dann tun sie dir nichts!« »Hast du 'ne Ahnung!« rief Rolf. »Wenn der Blitz zehn Meter von dir entfernt in einen Baum einschlägt, dann bist du erledigt. Durch den Strom, verstehste?«
»Warum gibt es eigentlich Gewitter?« fragte Walter ängstlich. »Das hat was mit Elektrizität zu tun«, erklärte Rolf. »Die Wolken sind wie Batterien, und wenn sie zusammenstoßen, entladen sie sich. Das ist so 'ne Art Kurzschluß, als wenn bei uns zu Hause die Sicherung durchbrennt. Dann gibt es einen großen Funken, das ist der Blitz. Der sucht sich immer den kürzesten Weg zur Erde. Darum mußt du dich flach hinlegen, wenn du auf freiem Feld bist. Am besten in einen Graben. Wenn du stehst, bist du ja näher dran an den Wolken, dann kriegste einen verpaßt.«
»Ich leg' mich doch nicht in einen Graben, der voll Wasser ist!« rief Bodo. »Da müßt ich ja
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