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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Ingelore sah ihm hilflos nach.
    Aber nun kam der Herr aus dem Holzhäuschen zu Ingelore heraus. Er hatte mit angehört, was Ingelore gefragt und was der Dicke geantwortet hatte. Und da er erstens Mitglied im Gemeinderat Worpswedes war und sich darum im Ort und unter seinen Bewohnern genau auskannte und zweitens ein Herz für Kinder besaß, bot er seine Hilfe an.
    »Wie heißt denn dein Onkel?« fragte er.
    »Schlettmann«, antwortete Ingelore. »Er ist Kunstmaler und soll da am Weyerberg irgendwo wohnen. Kennen Sie ihn?« Sie sah den Herrn erwartungsvoll an.
    »O ja«, sagte der, »den kenne ich recht gut. Er ist ein bekannter Mann hier im Ort. Wenn ich nicht irre, hat er neulich wieder einen Preis gekriegt. Er wohnt in der Straße ›Hinterm Berg‹. Paßt auf, ihr geht hier ein Stück auf der Hauptstraße zurück und biegt da vorne in den Feldweg ein. Der stößt genau auf die Straße ›Hinterm Berg‹. Oskar Schlettman wohnt auf der linken Seite in einem Haus, das aussieht wie ein Hexenhaus. Sein Dach reicht bis fast auf die Erde, und an der Vorderseite steht eine Vase aus Ton. Die ist so groß, daß du darin wohnen könntest.«
    Ingelore bedankte sich für die Auskunft und ging wieder zu ihren Geschwistern zurück.
    »Kommt«, sagte sie, »ich kenne jetzt den Weg!« Nach wenig mehr als einer halben Stunde hatten sie das Haus gefunden. Es lag so traulich und verwunschen hinter der Hecke und den hohen Kiefern, daß sie gar nicht laut zu sprechen wagten. Bodo als einziger war nicht beeindruckt.
    »Was hat der Knabe gesagt«, rief er, »in der Vase kann man wohnen? Der ist ja nicht ganz echt! Wie willste denn da ein Bett reinkriegen? Darin kannste doch höchstens im Stehen schlafen!« Und schon stiefelte er auf die Haustür zu.
    »Nun kommt schon!« rief er zurück. »Ich will endlich was zu essen haben!«
    Da gab Rolf sich einen Ruck und folgte seinem Bruder. Berti und Ingelore zogen ächzend den Wagen hinterher. Bodo ergriff den Türklopfer und klopfte mehrmals laut an. »Sind wir schon da?« fragte Walter, der gerade aufwachte und sich gähnend umschaute.
    »Ja«, flüsterte Rena, »Bodo hat gerade bei Onkel Otto an die Tür geklopft.«
    »Der heißt Oskar, du Schaf!« verbesserte Bodo laut. Da öffnete sich die Tür. Musik drang zu ihnen heraus. »Wer ist ein Schaf?« fragte eine Frau, die mit einer übergroßen Brille ohne Gläser auf der Nase, einem steifen roten Zylinder auf dem Kopf und in einem himmelblauen Frack steckend, geradewegs aus dem Märchenland zu kommen schien.
    »Meine Schwester«, antwortete Bodo unerschrocken, »die sagt nämlich Otto zu unserm Onkel Oskar.«
    »Na so was!« rief die Frau. »Das darf sie natürlich nicht. Oskar bleibt Oskar, er wurde nun mal so getauft. Ich glaube auch nicht, daß er den Namen ablegen möchte. Ein Name ist schließlich kein Hemd, das man jede Woche wechselt, nicht?« Sie schwankte ein wenig, stützte sich am Türrahmen und blickte lächelnd auf die Besucher. »Soll ich eurem Onkel Oskar was bestellen?«
    »Ja«, antwortete Ingelore schnell, »sagen Sie ihm, daß wir ihn besuchen wollen.«
    Die Brillendame neigte sich vor und tastete haltsuchend nach der andern Seite der Tür. »Wir?« fragte sie. »Wer ist das?«
    Die Kinder sahen sich verblüfft an und wußten nicht, was sie darauf antworten sollten. Nur Walter, der während der letzten Kilometer recht gut auf dem Handwagen geschlafen hatte und darum frischer war als seine müden Geschwister, sagte: »Wir sind wir, das kannst du doch wohl sehen, oder bist du dumm?«
    Die himmelblaue Dame sah den kleinen Wicht, der ihr da so keck geantwortet hatte, belustigt an. »Na so was!« rief sie. »Darauf wäre ich gar nicht gekommen! Natürlich, ihr seid ihr! Dann will ich mal schnell hingehen und Onkel Oskar die frohe Botschaft überbringen, daß ihr da seid.« Sie winkte den Kindern zu, wandte sich um und verschwand in das Innere des Hauses.
    »Die ist ja besoffen!« sagte Bodo. »Wetten, daß sie besoffen ist?« »Mensch, halt die Klappe!« zischte Rolf. »Wenn die das da drin hören, lassen sie uns gar nicht erst reinkommen!« »Ob das seine Frau ist?« fragte Ingelore.
    »Ja«, sagte Rena sehr bestimmt. »Sie ist ja sooo schön! Die braucht Onkel Oskar zum Malen.«
    Sie schwiegen wieder und lauschten ins Haus hinein. Dort verstummte soeben die Musik. Lautes Lachen wurde hörbar. Plötzlich öffnete sich die Tür am Ende des Flurs, und sieben, acht, neun Männer und Frauen stolperten heraus. Sie waren alle so

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