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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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er habe genug gegessen.
    Vasselis schenkte ihnen beiden nach und gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln. Wieder einmal wurde Kessian bewusst, wie sehr dieser Mann, der im besten Alter war, ihn schätzte.
    »Bist du nicht froh, dass du es noch erlebt hast?«, fragte Vasselis.
    »So eine dumme Frage«, gab Kessian zurück. »Habe ich dich jemals gefragt, ob du dich über die Geburt deines Sohnes gefreut hast?«
    »Du weißt genau, was ich meine, Ardol. Du bist ja immer noch ganz aus dem Häuschen, während wir hier sitzen. Das gilt auch für alle anderen Mitglieder der Autorität.«
    »Ich muss auch an die Zukunft denken«, erwiderte Kessian.
    »Du machst dir Sorgen wegen der Reaktion deines Schmieds.«
    »Das hat mich sehr erschüttert«, räumte Kessian ein. Er fand Vasselis’ Verständnis tröstlich. »Deshalb sitzen wir auch hier und nicht bei allen anderen. Es ist schon seltsam: Wir haben immer gewusst, dass wir hiermit konfrontiert werden würden und sie nicht ewig würden verstecken können – ich hätte nur nicht gedacht, dass es jetzt schon beginnt. Sie sind noch so jung.« Seufzend schüttelte er den Kopf. Er hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend.
    Vasselis stellte sein Weinglas ab und richtete sich auf, beugte sich über den Tisch und fasste Kessians zitternde Hände.
    »Ardol, vor allem darfst du nicht in Panik geraten. Lass dich nicht von den vor dir liegenden Aufgaben beeindrucken und glaube nicht, sie seien unmöglich zu erfüllen. Deshalb bin ich hier.« Kessian schätzte ihn umso mehr für sein bescheidenes Lächeln. »He, ich führe dieses Land, so etwas kann ich gut.«
    Kessians Anspannung ließ ein wenig nach. Er massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Stirn.
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich bin ein dummer alter Mann.«
    »Aber nein«, widersprach Vasselis freundlich. »So wahr mir Gott helfe, du bist der Einzige in der Autorität, der das Ausmaß der kommenden Ereignisse, nachdem die Aufgestiegenen sich jetzt gezeigt haben, wirklich zu würdigen weiß. Wir können die Probleme, die auf uns zukommen werden, gar nicht unterschätzen. Das müssen wir realistisch sehen. Wir dürfen nichts übersehen, so geringfügig es auch sei, und uns keinesfalls von unseren Bemühungen abbringen lassen. Bryn hat uns diese Aufgabe nur noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt.«
    Kessian nickte, seine Erleichterung war unübersehbar, und er dankte Gott dafür, dass der Arvan Vasselis in diese Welt geschickt hatte. Nein, er dankte Gott für die letzten vier Generationen der Vasselis-Familie. Es war ein meisterlicher Schachzug gewesen, die damals noch junge Dynastie der Marschallverteidiger ins Vertrauen zu ziehen.
    Die seit Jahrhunderten in Caraduk verwurzelte Familie war für ihre Aufgeschlossenheit in religiösen Fragen bekannt, und so hatte sich die Autorität an sie gewandt, als der Orden wegen der Gerüchte aus Westfallen misstrauisch wurde. Die amtierende Marschallin hatte sich als Anhängerin des Aufstiegs im Orden der Allwissenheit offenbart, und so war die Freundschaft besiegelt worden.
    Bald darauf hatte eine von ihr ausgewählte Leserin in Westfallen ihr Amt übernommen und alle Informationen über wichtige militärische, religiöse und wirtschaftliche Entwicklungen an die Autorität weitergeleitet, die auf irgendeine Weise eine Gefahr darstellen konnten. Dadurch waren die Experimente und Forschungen in Zusammenhang mit dem Aufstieg ungestört und ohne den erstickenden Schleier der Geheimhaltung im Ort vonstatten gegangen.
    Drei Generationen später wussten alle Bürger von Westfallen, was im Gange war, und alle trugen ihren Teil dazu bei, das Geheimnis zu hüten. Bis zu diesem Tag kontrollierten caradukische Schiffe die Bucht, Soldaten waren an allen Ausfallstraßen der Stadt postiert, und Vasselis und die Autorität benutzten den Botendienst der Advokatur, um miteinander in Verbindung zu bleiben.
    Niemand, der eine Gefahr darstellen konnte, kam heraus, und einige Male hatten die Marschallverteidiger aus der Vasselis-Familie harte Entscheidungen treffen müssen. Unschuldige waren gestorben, deren einziges Verbrechen darin bestanden hatte, etwas gesehen oder gehört zu haben, das nicht für sie bestimmt gewesen war. So unerfreulich dies auch war, Kessian ließ sich nicht von Schuldgefühlen den Schlaf rauben. Sein Glaube an das große Werk, dem sie dienten, war unerschütterlich.
    Er betrachtete seinen Wohltäter, der Geld, Sicherheit und vor allem seine unerschütterliche

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