Die Kleinbürger (German Edition)
ich noch ein wenig Aufschub für Celeste von Ihnen verlangte und deshalb auch wünschte, daß die Hochzeit noch etwas hinausgeschoben werden soll. Ich wollte Ihnen auch die Zeit gewähren, sich bei der Kleinen etwas mehr einzuschmeicheln; aber ihr beide, Sie und Thuillier, ihr habt mir meinen ganzen Plan über den Haufen geworfen.«
»Nichts soll nach meiner Meinung ohne Ihre Zustimmung geschehen,« sagte la Peyrade, »und wenn ich während dieser vierzehn Tage Ihnen gegenüber nichts von der Sache erwähnt habe, so geschah das aus reiner Diskretion; Thuillier hatte mir gesagt, daß alles mit Ihnen abgemacht sei.«
»Thuillier weiß recht gut, daß ich im Gegenteil mich nicht in das, was ihr ausgeheckt hattet, habe mischen wollen, und wenn Sie sich in dieser letzten Zeit nicht so rar gemacht hätten, wäre ich die erste gewesen, die Ihnen gesagt hätte, daß ich nicht zustimme. Trotzdem kann ich aber sagen, daß ich nichts getan habe, um einen günstigen Ausgang zu verhindern.«
»Das war aber zu wenig,« sagte la Peyrade, »wir brauchten Ihren Beistand.«
»Möglich; aber ich kenne die Weiber besser als ihr, da ich ja auch zu ihnen gehöre, und ich konnte mir wohl denken, daß Celeste, wenn sie zwischen zwei Liebhabern wählen durfte, darin die Erlaubnis erblickte, nach Belieben an den zu denken, der ihr am besten gefiel, und ich hatte sie gerade immer inbezug auf Felix im Dunkeln gelassen und wußte wohl, wann es Zeit war, der Kleinen den Kopf zurechtzusetzen.«
»Sie lehnt also nicht ab?« sagte la Peyrade.
»O nein, viel schlimmer als das: sie nimmt Sie an und sagt, daß sie ihr Wort gegeben habe; aber es ist so klar, daß sie sich als ein Opfer betrachtet, daß ich an Ihrer Stelle durch einen solchen Erfolg mich weder geschmeichelt noch beruhigt fühlen würde.«
In einer anderen Geistesverfassung würde la Peyrade geantwortet haben, daß er das Opfer annehme und daß er schon ein Herz zu erobern wissen werde, das sich ihm vorläufig nur ungern hingebe; aber da ihm jetzt ein kleiner Aufschub besser paßte, so fragte er Brigitte:
»Und wie denken Sie darüber? Wie soll ich mich entscheiden?«
»Dahin,« sagte Brigitte, »daß Sie zunächst einmal Thuilliers Broschüre fertigmachen, denn er verliert schon den Kopf darüber, und mich dann in Ihrem Interesse handeln lassen.«
»Ist das dann aber auch in Freundeshänden? Denn ich kann mir doch nicht verhehlen, Tantchen, daß Sie seit einiger Zeit ganz anders zu mir sind!«
»Ich anders zu Ihnen? Und woran sehen Sie das, Sie Querkopf?«
»Oh, nur an Kleinigkeiten,« sagte la Peyrade; »aber es ist doch offensichtlich, daß seit dem Erscheinen dieser Gräfin Torna in ihrem Hause ...«
»Mein lieber Junge, die Ungarin hat mir Dienste erwiesen, und ich schulde ihr Dank dafür; ist das aber etwa ein Grund, daß ich es Ihnen gegenüber daran fehlen lassen sollte, der Sie uns doch viel größere Dienste geleistet haben?«
»Gestehen Sie nur,« sagte la Peyrade schlau, »daß sie Ihnen viel Schlechtes über mich gesagt hat!«
»Das ist doch sehr natürlich: solche schöne Frauen wollen von jedermann angebetet werden, und sie sieht, daß Sie sich nur um Celeste kümmern; aber alles, was sie mir gesagt hat, ist an mir so heruntergelaufen wie Wasser an einem Wachstuch.«
»Also, Tantchen,« fragte la Peyrade, »ich darf weiter auf Sie rechnen?«
»Ja, wenn Sie mich nicht drängen und mich machen lassen.«
»Aber was werden Sie denn machen?« fragte la Peyrade harmlos.
»Ich werde Felix zunächst erklären, daß er keinen Fuß mehr in unser Haus setzen möchte.«
»Ist das möglich?« sagte der Advokat, »oder ist das überhaupt schicklich?«
»Durchaus, und ich werde es ihm durch Phellion selbst sagen lassen. Da er ein Prinzipienreiter ist, wird er der erste sein, der einsieht, daß, wenn sein Sohn das nicht tun will, was nötig ist, um Celestes Hand zu erlangen, wir auch auf seine Besuche verzichten müssen.«
»Und dann?« sagte la Peyrade.
»Dann werde ich Celeste zu verstehen geben, daß man ihr die Freiheit gelassen hat, einen von beiden Männern zu wählen, und daß sie, da sie Felix nicht will, sich mit Ihnen abfinden muß, einem frommen jungen Mann, wie sie es liebt. Beruhigen Sie sich, ich werde Sie schon gehörig herausstreichen und betonen, wie anständig Sie waren, daß Sie sie nicht zur Entscheidung, zu der sie sich verpflichtet hatte, gedrängt haben; aber all das braucht Zeit; und wenn es mit dem Fertigwerden der Broschüre nur noch acht
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