Die Kleinbürger (German Edition)
es nicht so viel bedeutende Zeitungen gibt!«
»Das ist richtig,« entgegnete der Verleger, »aber wir müssen auch die Kläffer haben, weil die am lautesten bellen. Das Frühstück wird von sich reden machen; sie würden glauben, daß Sie eine Auslese haben machen wollen, und so viele Weggelassene, so viele Feinde würden Sie sich machen.«
»Also Sie meinen, daß es genügt, Einladungen zu versenden?«
»Jawohl; ich werde eine Liste aufsetzen, Sie werden die Briefe schreiben und mir zuschicken, ich übernehme es, sie austragen zu lassen und einige werde ich persönlich überbringen.«
»Wenn ich nur sicher wäre,« sagte Thuillier unentschieden, »daß diese Ausgabe auch den gewünschten Erfolg haben wird!«
»›Wenn ich sicher wäre‹, das ist gut!« sagte Barbet bedeutungsvoll; »aber Verehrtester, das ist ja hypothekarisch angelegtes Geld, ich garantiere Ihnen damit den Absatz von fünfzehnhundert Exemplaren. Das macht zu vierzig Sous mit dem Rabatt dreitausend Franken. Sie sehen, daß Sie damit für die laufenden und die Extrakosten gedeckt sind, und noch darüber hinaus.«
»Nun, ich werde darüber noch mit la Peyrade sprechen«, sagte Thuillier aufbrechend.
»Wie Sie wollen, Verehrtester, aber entscheiden Sie sich bald, denn nichts wird so schnell schimmelig wie ein Buch: brühwarm muß es geschrieben, gedruckt, verkauft sein, das sind die drei Tempi für Autor, Verleger und Publikum; sonst ist alles Pfuscherarbeit, und man läßt am besten seine Hände davon.«
Als la Peyrade befragt wurde, hielt er seinerseits diesen Plan für nicht sehr vielversprechend, aber er war im Innern gegen Thuillier so sehr aufgebracht, daß er dessen greifbarer Albernheit und außerordentlicher Unerfahrenheit gern die neue Steuer, von der die Rede war, auferlegen ließ.
Was Thuillier anlangt, so war er derart von der Wut, als Schriftsteller aufzutreten und bekannt zu werden, besessen, daß er, wenn er auch über den neuen Aderlaß an seinem Geldbeutel stöhnte, zu dem Opfer schon entschlossen war, bevor er noch die Ansicht des Advokaten eingeholt hatte. Die sehr begrenzt und sehr bedingungsweise erteilte Zustimmung la Peyrades war für seinen Entschluß daher mehr als genügend, und noch an demselben Abend suchte er Barbet junior auf und erbat sich die berühmte Liste der Einzuladenden.
Barbet machte schnell die Aufstellung, und kam an Stelle der zehn Gäste, von denen er gesprochen hatte, auf fünfzehn, ungerechnet ihn selbst und la Peyrade, den Thuillier als Sekundanten bei dieser Begegnung zu haben wünschte, bei der er, wie er ahnte, ein wenig angezapft werden würde.
Als Thuillier einen Blick auf die fertige Liste geworfen hatte, sagte er:
»Aber, mein Lieber, da stehen ja Namen von Zeitungen, von denen niemals jemand hat reden hören. Wer ist denn der ›Moralisateur‹, die ›Laterne des Diogenes‹, der ›Pelikan‹ und das ›Echo de la Bièvre?‹«
»Da würden Sie schön ankommen,« antwortete Barbet, »wenn Sie das ›Echo de la Bièvre‹ verachten wollten, eine Zeitung, die im zwölften Bezirk erscheint, wo Sie sich aufstellen lassen wollen, und das von den reichen Gerbern des Mouffetardviertels protegiert wird!«
»Also meinetwegen,« erwiderte Thuillier, »aber der ›Pelikan‹?«
»Der ›Pelikan‹? Das ist eine Zeitung, die in den Wartezimmern sämtlicher Zahnärzte, der größten Charlatane der Welt, ausliegt; wieviel Zähne, glauben Sie, werden täglich in Paris gezogen?«
»Lassen wir das beiseite!« sagte Thuillier, der nun eigenmächtig mehrere Namen ausstrich, so daß die Zahl der Gäste auf vierzehn verringert wurde.
»Wenn einer ausbleibt,« sagte Barbet, »dann werden wir dreizehn sein.«
»Und wenn schon!« sagte der starkgeistige Thuillier, »ich bin doch nicht abergläubisch!«
Und nachdem die Liste geschlossen und auf vierzehn reduziert war, schrieb er sofort an dem Schreibtische des Verlegers die Einladungen für den übernächsten Tag, da die Sache drängte und Barbet ihm versichert hatte, daß niemand an diesem kurzen Zwischenraum Anstoß nehmen würde.
Die Zusammenkunft sollte bei Véfour stattfinden, dem bei den Bourgeois und Provinzlern beliebtesten Restaurant. Barbet erschien selbst noch vor Thuillier, der eine Krawatte angelegt hatte, die allein genügt hätte, um in dieser mokanten Gesellschaft, vor der er sich produzieren sollte, Aufsehen zu erregen.
Der Verleger ließ eigenmächtig Verschiedenes an dem Menü ändern und ordnete vor allem an, daß statt des nach
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