Die Kleinbürger (German Edition)
Unzahl von Exemplaren war an die Zeitungen versandt worden, und nach drei Tagen waren sieben Stück verkauft und noch dazu drei davon auf Kredit.
Man hätte annehmen können, daß der junge Verleger, als er dieses jammervolle Resultat Thuillier mitteilte, ein wenig von seiner Selbstsicherheit verloren haben müßte. Aber im Gegenteil erklärte dieser Guzmann des Buchhandels: »Ich bin entzückt über dieses Resultat. Hätten wir hundert Exemplare verkauft, so würde mich das bezüglich der fünfzehnhundert Stück der Auflage beunruhigt haben; ich würde das ein Braten bei langsamem Feuer nennen, während mir dieser ganz unerhebliche Absatz beweist, daß die ganze Auflage dann auf einen Schlag abgehen wird.«
»Aber wann denn?« fragte Thuillier, dem dieser Gesichtspunkt ein wenig paradox vorkam.
»Nun,« antwortete Barbet, »sobald wir in allen Zeitungen Besprechungen darüber haben werden. Die Annoncen dienen nur dazu, die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen; es sagt sich: ›Das muß eine interessante Publikation sein. Über Steuern und Amortisation, ein hübscher Titel!‹ Aber je anreizender der Titel ist, um so mißtrauischer ist man; man ist zu oft reingefallen! Man wartet also die Besprechungen ab; während bei einem Buch, das nur auf einen mäßigen Absatz rechnen kann, wohl gleich etwa hundert Käufer da sind, dann aber Schluß! Weiter setzt man nichts ab.«
»Sie haben also noch etwas Hoffnung,« sagte Thuillier, »daß es gekauft werden wird?«
»Im Gegenteil, ich halte die Aussichten für ausgezeichnet. Sobald erst das ›Journal des Débats‹, der ›Constitutionnel‹, das ›Siècle‹ und die ›Presse‹ sich darüber geäußert haben, und vor allem, wenn Sie von dem ›Journal des Débats‹, das ministeriell gesinnt ist, ›heruntergerissen‹ sein werden, ist in knapp vier Tagen alles verkauft.«
»Sie sprechen das so leichthin,« erwiderte Thuillier, »aber wie soll man an all diese Koryphäen der Presse herankommen?«
»Oh, das überlassen Sie mir,« sagte Barbet, »ich stehe mit den Chefredakteuren ausgezeichnet; sie sagen von mir, daß ich den Teufel im Leibe habe und sie an Ladvocat in seiner besten Zeit erinnere.«
»Aber dann hätten Sie sie schon aufsuchen müssen, mein Lieber.«
»Oh, erlauben Sie, Papa Thuillier, es gibt nur eine Art, an die Journalisten heranzukommen, und da Sie schon entsetzt über die Summe von fünfzehnhundert Franken für Annoncen waren, habe ich nicht gewagt, Ihnen zu sagen, daß Sie mir noch einen andern Extrakredit eröffnen möchten.«
»Aber weshalb denn das?« fragte Thuillier unruhig.
»Als Sie zum Mitglied des Generalrats des Seinebezirks gewählt wurden, wo wurden da die Pläne für Ihre Wahl geschmiedet?«
»Nun, in meinem Hause«, antwortete Thuillier.
»Bei Ihnen, gewiß, aber bei einem Diner mit nachfolgendem Ball, an den sich dann auch noch ein Souper schloß. Nun, mein Verehrtester, es gibt nur eine Möglichkeit, Geschäfte zu machen; Boileau hat gesagt:
›Daß alles jetzt bei Tisch gemacht wird, weiß der Kenner,
Und nur durch ein Diner beherrscht man heut die Männer.‹«
»Sie meinen also, daß ich den Journalisten ein Diner geben soll?«
»Ja, aber nicht in Ihrem Hause, weil die Journalisten, wissen Sie, sich langweilen, wenn Damen dabei sind, da müssen sie Haltung bewahren! Und dann ist nicht ein Diner, sondern ein Frühstück das Geeignete. Abends, da haben die Herren Erstaufführungen, die Zeitung muß fertiggemacht werden, ganz abgesehen von ihren kleinen Seitensprüngen, während sie vormittags einen freien Kopf haben; ich habe immer Frühstücke gegeben.«
»Aber ein solches Essen ist teuer! Die Herren Journalisten sind Feinschmecker!«
»Ach, zwanzig Franken pro Kopf, ohne Wein. Wenn Sie mit einem Dutzend Gäste rechnen, kann die Sache für hundert Taler sehr anständig sein. Auch aus Ersparnisgründen ist ein Frühstück vorzuziehen; ein Diner würde Sie wenigstens fünfhundert Franken kosten.«
»Sie gehen nicht schlecht darauf los, junger Mann!«
»Ach, jeder weiß doch, daß eine Deputiertenwahl viel Geld kostet, und Sie bereiten damit doch Ihre Kandidatur vor.«
»Aber wie soll ich die Herren dazu bekommen? Muß ich sie persönlich einladen?«
»Durchaus nicht; Sie haben ihnen Ihre Broschüre geschickt, Sie geben ihnen ein Rendezvous bei Philippe oder bei Véfour; das verstehen sie ausgezeichnet.«
»Zehn Gäste,« sagte Thuillier jetzt, der anfing, auf die Sache einzugehen, »ich meine aber doch, daß
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