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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Thuillier, der sich entschlossen hatte, dem Rat seiner Schwester zu folgen, und indem er die Tür öffnete, die aus dem Salon in den Raum führte, wo er seinen unbequemen Besucher empfangen wollte, trat er vor diesem hinein.
    Fast unmittelbar darauf guckte Brigitte durch das Schlüsselloch und sagte:
    »So, nun läßt dieser dumme Thuillier ihn sich auch noch setzen und noch dazu hinten im Zimmer, so daß man nichts hören kann von dem, was sie reden.«
    La Peyrade, der seine Erregung hinter einem unbefangenen Äußeren verbarg, ging auf und ab; er näherte sich sogar den drei Damen, die zusammen saßen, und richtete einige liebenswürdige Worte an Celeste, die sie mit dem lachenden beglückten Gesicht aufnahm, das zu ihrer Rolle gehörte. Colleville vertrieb sich die Zeit damit, daß er ein Anagramm auf die sechs Worte: »die Zeitung Echo de la Bièvre« machte, und durch Kombination der Buchstaben hatte er bald eine für die Zukunft des Unternehmens wenig beruhigende Version gefunden; aber da ihm für das letzte Wort noch ein Buchstabe fehlte, war sein »Werk« noch nicht ganz fertig geworden.
    »Wie viel er schnupft!« sagte Brigitte inzwischen, die beständig ihr Auge am Schlüsselloch hatte; »gegen seine goldene Dose ist die von Minard gar nichts, ich habe noch nie ein solches Format gesehen! Vielleicht ist sie bloß vergoldet,« fügte sie nach einigem Nachdenken hinzu. »Aber reden tut immer nur er, und Thuillier sitzt dabei und hört zu wie ein Schaf. Das ist mir übrigens egal, ich gehe jetzt hinein und werde ihnen sagen, daß man die Damen nicht so warten läßt.«
    Als sie schon die Hand auf die Türklinke gelegt hatte, hörte sie Thuilliers Besuch sehr laut sprechen, was sie veranlaßte, wieder durchs Schlüsselloch zu sehen.
    »Endlich ist er aufgestanden«, sagte sie befriedigt. Als sie aber bald darauf sah, daß sie sich getäuscht hatte, und daß der kleine Alte nur aufgestanden war, um die Unterhaltung lebhafter fortzusetzen, indem er das Zimmer der Länge und Breite nach durchmaß, sagte sie:
    »Nein, wahrhaftig, ich gehe jetzt hinein und melde Thuillier, daß wir vorausgehen; er kann nachkommen, wenn er fertig ist.«
    Und die alte Jungfer klopfte zweimal kurz und energisch an und trat entschlossen in das Arbeitszimmer ihres Bruders.
    Jetzt war la Peyrade so geschmacklos – seine Neugier war übrigens durch sein großes Interesse an der Sache verzeihlich –, seinerseits durch das Schlüsselloch zu sehen, was drin vorging. Zuerst glaubte er den kleinen Alten wiederzuerkennen, den er schon einmal, als Herr Kommandeur angeredet, bei Frau Godollo bemerkt hatte; dann nahm er wahr, wie Thuillier zu seiner Schwester mit einer Ungeduld und einer befehlenden Geste sprach, die in nichts an seine gewöhnliche Nachgiebigkeit und Unterwürfigkeit erinnerte.
    »Thuillier scheint ja ein ganz besonderes Interesse an der Unterhaltung mit diesem Menschen zu finden,« sagte Brigitte, als sie in den Salon zurückkehrte, »denn er hat mir ganz grob befohlen, sie allein zu lassen, obgleich der kleine Mann, der seinerseits sehr höflich war, mir sagte, daß sie gleich fertig seien! ›Jedenfalls soll man auf mich warten‹! hat Jérôme noch hinzugefügt. Seitdem er in der Zeitung schreibt, ist er nicht wiederzuerkennen, er benimmt sich, als ob er mit dem Stock regieren wollte ...«
    »Ich habe große Angst, daß er sich von einem Intriganten beschwatzen läßt«, sagte la Peyrade. »Ich bin sicher, daß ich den kleinen Alten bei Frau Komorn gesehen habe, an dem Tage, da ich bei ihr war, um ihr zu erklären, daß sie den Platz räumen solle; das muß jemand sein, der zu derselben Gesellschaft gehört.«
    »Das hätten Sie mir auch vorher sagen können!« entgegnete Brigitte; »dann hätte ich mich bei ihm nach der Gräfin erkundigt, damit er sieht, daß wir über seine Ungarin genau Bescheid wissen.«
    In diesem Moment hörte man, wie die Stühle gerückt wurden; Brigitte lief wieder an ihr Schlüsselloch.
    »Ja,« sagte sie, »jetzt geht er; und Jérôme begleitet ihn mit lauter Bücklingen hinaus.«
    Da es noch etwas dauerte, bis Thuillier wieder erschien, hatte Colleville Zeit, ans Fenster zu treten und, als er den kleinen Alten in das elegante Kupee, von dem schon die Rede war, einsteigen sah, auszurufen:
    »Donnerwetter! Was für eine strahlende Livree! Jedenfalls ist das ein Intrigant im großen Stil.«
    Endlich erschien Thuillier wieder. Sein Gesicht war nachdenklich und seine Worte sehr ernst.
    »Mein lieber la

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