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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Peyrade,« bemerkte er, »du hast uns nicht gesagt, daß noch ein anderes Heiratsprojekt dich ernsthaft beschäftigt hat.«
    »Doch, ich habe dir gesagt, daß man mir die Hand einer sehr reichen Erbin angetragen hat, daß mein Herz mich aber hierher zog und daß ich nicht die Absicht hatte, mich auf die Sache einzulassen, die deshalb auch niemals ernsthaft ins Auge gefaßt wurde.«
    »Ich glaube aber doch, daß du mit Unrecht über diesen Vorschlag so leichtfertig hinweggegangen bist.«
    »Was? du machst mir, und noch dazu in Gegenwart dieser Dame, Vorwürfe, daß ich meiner ersten Neigung und unsern alten Abmachungen treu geblieben bin?
    »Lieber Freund, die Unterhaltung eben war für mich sehr belehrend; und wenn du erst alles wissen wirst, was ich erfahren habe, und viele andere Dinge, die dich allein angehen und dir anvertraut werden sollen, dann wirst du mir zustimmen. Eins ist jedenfalls sicher, daß wir nämlich heute nicht zum Notar gehen werden; und was dich betrifft, so kannst du nichts Besseres tun, als dich unverzüglich zu Herrn du Portail begeben.«
    »Schon wieder dieser Name, der mich wie ein Gewissensbiß verfolgt!« rief la Peyrade aus.
    »Geh nur gleich hin, er erwartet dich; das ist die unerläßliche Vorbedingung, wenn wir weiterkommen wollen. Wenn du mit diesem ehrenwerten Rentier gesprochen haben wirst und du dann noch auf der Heirat mit Celeste bestehst, dann können wir auf deine Wünsche eingehen; bis dahin aber werden wir keinen Finger rühren.«
    »Aber, alter Junge,« sagte Brigitte, »du läßt dich da ja von einem Wortverdreher beschwatzen; das ist ja einer von derselben Clique wie die Godollo.«
    »Frau von Godollo,« antwortete Thuillier, »ist durchaus nicht das, was ihr denkt, und man wird in unserm Hause am besten kein Wort über sie sagen, weder im guten noch im bösen Sinne. Was aber la Peyrade anlangt, an den diese Aufforderung nicht zum erstenmal ergangen ist, so begreife ich wirklich nicht, warum er noch zögert, diesen Herrn du Portail aufzusuchen ...«
    »Nanu?« sagte Brigitte, »hat dich denn dieser kleine Alte ganz verhext?«
    »Ich sage dir, daß dieser kleine Alte alles das wirklich ist, worauf sein Äußeres schließen läßt. Er besitzt sieben Ordenskreuze, eine wundervolle Equipage und hat mir Dinge mitgeteilt, die mich in das größte Erstaunen versetzt haben.«
    »Dann ist er wohl ein Kartenleger, so wie die Frau Fontaine, bei der sich mir einmal alles herumgedreht hat, als ich mit Frau Minard bei ihr war und wir gedacht hatten, wir würden über die alte Zauberhexe uns recht auslachen können.«
    »Wenn er auch kein Zauberer ist,« erwiderte Thuillier, »so ist er doch ein Mann, der einen sehr langen Arm hat, und ich glaube, es würde Einem schlecht bekommen, wenn man seine Wünsche nicht berücksichtigte. Übrigens hat er dich, Brigitte, obwohl er dich kaum gesehen hat, gleich richtig erkannt, denn er sagte mir, du seiest eine echte Herrscherin, zum Befehlen geboren.«
    »Er macht in der Tat einen sehr vornehmen Eindruck, der kleine Alte«, entgegnete Brigitte, die sich nach diesem Kompliment die Lippen ableckte, als ob sie Sahne gegessen hätte.– »Hören Sie, mein Lieber,« wandte sie sich dann an la Peyrade, »wenn ein so großes Tier so dringend darauf besteht, dann gehen Sie doch zu du Portail; das verpflichtet Sie ja doch noch zu nichts.«
    »Aber gewiß«, sagte Colleville; »ich würde hundertmal zu allen du Portails oder allen ›Portalen‹ der Welt gehen, wenn man mir das anempfehlen würde.«
    Die Szene begann der aus dem »Barbier von Sevilla«, wo jeder zu Basilio sagt, er solle zu Bett gehen, weil er Fieber habe, so ähnlich zu werden, daß la Peyrade ärgerlich seinen Hut nahm und sich dorthin begab, wohin ihn sein Schicksal rief: Quo sua fata vocabant.
    Als la Peyrade in der Rue Honoré-Chevalier anlangte, wurde er zweifelhaft; der Anblick des verfallenen Hauses, in das er sich begeben sollte, ließ ihn annehmen, daß er die Nummer falsch verstanden habe. Es erschien ihm unwahrscheinlich, daß eine Persönlichkeit von der Bedeutung, die man bei du Portail voraussetzen mußte, hier wohnen könne. Zögernd wandte er sich daher an den Meister Perrache, den Portier. Aber sobald er das Vorzimmer der Wohnung, wohin er gewiesen wurde, betreten hatte, sah er, daß das gute Äußere des alten Kammerdieners Bruneau und das ganze äußerst vornehme Mobiliar vollkommen seinen Erwartungen entsprachen. Auf seine Anmeldung hin unverzüglich in das

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